Biohacker zwischen Gemeinwohl und Profit

Seite 2: Personal genomics: Stammbaum-Fieber und erbgutbasierte Shopping-Apps

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Das Biohack-Biotop ist vernetzt und bietet Bedingungen für die Entwicklung und Verflechtung von Start-up-Unternehmen über Grenzen hinweg. Da sind die Gendesigner von Genome Compiler aus Tel Aviv, mit deren Software Gene angepasst werden können. Die am Bildschirm gerenderten DNA-Werkstücke werden dann von Spezialfirmen hergestellt. Wie von Twist Bioscience, einem anderen Start-up, das auf schnelle, qualitativ hochwertige DNA-Synthese spezialisiert ist. Twist Bioscience hat Genome Compiler 2016 übernommen.

Twist Bioscience stammt aus Mission Bay, San Franciscos "Biotech-Epizentrum". Der University of California San Francisco Mission Bay-Campus liegt am Gene Friend Way - nicht nach einem Genfreund, sondern nach einem Geschäftsmann und Philanthropen aus der Stadt so benannt. Das erste Forschungsgebäude wurde 2003 eröffnet, Mission Bay gilt heute als ein lebendiges Biotech-Zentrum.

Hier gibt es auch eine Niederlassung von Illumina, ein Biotech-Schwergewicht und Marktführer bei DNA-Sequenzierern. Während die erste Sequenzierung eines menschlichen Genoms noch mehr als zehn Jahre dauerte und drei Milliarden US-Dollar verschlang, gelingt das heute in wenigen Tagen, zu einem Preis von wenigen tausend US-Dollar. Das Unternehmen macht jährlich rund zweieinhalb Milliarden US-Dollar Umsatz, schätzungsweise 90% aller bisher verarbeiteten DNA-Daten wurden mit Illumina-Maschinen sequenziert.

Mit der Ausgliederung von Helix, der "personal genomics company", will das Unternehmen bei Kunden das Interesse am eigenen Erbgut wecken und in klingende Münze verwandeln. Zum Beispiel mit Geno 2.0 Next Generation, dem Update des Abstammungsprojekts von National Geographic, dass Ende 2016 über Helix lanciert wurde und seiner Kundschaft Stammbäume für die letzten 200.000 Jahre in Aussicht stellt.

Das Unternehmen will auf der Grundlage genetischer Informationen gemeinsam mit Labors, Kliniken und Handelsmarken neuartige Produkte kreieren, auf einem Markt, der in naher Zukunft zwei bis sieben Milliarden US-Dollar wert sein soll.

Bei Helix ist eine App-Store-ähnliche Plattform geplant, die die Verbraucher auf ihre genetischen Daten zugreifen lässt und zu entsprechend passenden Anwendungen lotst. Die DNA muss dafür nur einmal sequenziert werden, dann weisen die Apps den Weg durch das Konsumgestrüpp. Zum Beispiel zu trinkbarem Wein: der Weinempfehler Vinome verknüpft die genetische Information mit einem Geschmacksprofil und bietet dann die vermeintlich passenden Karaffen feil: DNA-Test und drei Flaschen Wein sind ab 149 US-Dollar zu haben.