Brinkmanship in der Ukraine

Seite 6: Abschließende Gedanken

Die Welt ist durch den seit 2014 bestehenden Bürgerkrieg im Donbass5 und den seit dem 24.2.2022 geführten Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, bei dem es sich in Wirklichkeit um einen Stellvertreter-Krieg zwischen den USA und Russland handelt6, an einem höchst gefährlichen Punkt angekommen.

Der vorliegende Text von Mearsheimer ist eine überzeugende und illusionslose Darstellung der möglichen Folgen des schrecklichen Krieges in der Ukraine.

Durch die militärische Unterstützung der USA und des Westens scheint eine Pattsituation in der Ukraine zu bestehen, so dass der Krieg noch längere Zeit – zu befürchten ist, bis zum letzten Ukrainer – weitergehen könnte.

Mearsheimer zeigt anhand einer Reihe von Szenarien, dass, je länger der Krieg dauert, desto eher die Möglichkeit der Eskalation bis zu einem großen Krieg in Europa besteht, bei dem auch Atomwaffen zum Einsatz kommen könnten.

Wie wahrscheinlich eine derartige Möglichkeit tatsächlich ist, kann niemand mit Sicherheit sagen. Aber die Möglichkeit ist wieder real, und das sollte uns allen einen Schauer über den Rücken jagen.

Mearsheimer weist darauf hin, dass eine große Kluft zwischen der realen Gefahr eines neuen großen Krieges bzw. eines Atomkrieges und der Tatsache besteht, dass diese Gefahr von der Bevölkerung noch nicht wahrgenommen wird.

Zum heutigen Wissensstand gehört, dass wir im ersten Kalten Krieg nicht nur einmal, sondern viele Male nur um Haaresbreite und mit viel Glück einem nuklearen Inferno entkommen sind, und für die junge Generation ist es kaum vorstellbar, dass erneut das Szenario eines Armageddons entstanden ist, vor dem sich ihre Großeltern schon fürchten mussten.7

Auch wissen wir heute, dass wir beim Einsatz von Atomwaffen nicht nur deren unvorstellbar zerstörerische direkte Wirkungen (Hitze- und Druckwelle und die radiaktive Verstrahlung) zu erleiden hätten, sondern auch mittel- und langfristige desaströse ökologische Folgewirkungen.8

So könnte selbst ein "begrenzter" Atomkrieg zu einer globalen Abkühlung führen und mittelfristig eine langfristige weltweite Hungerkatastrophe mit vielen Millionen Toten verursachen.9

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin – Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de