Bürgerkrieg in Äthiopien: Anfang vom Ende?
Seite 3: Welche Perspektiven für die Lage am Horn von Afrika?
- Bürgerkrieg in Äthiopien: Anfang vom Ende?
- Akteure und Interessen im Krieg um Tigray: eine Übersicht
- Welche Perspektiven für die Lage am Horn von Afrika?
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Der Waffenstillstand ist einseitig, labil, zeitlich befristet und unter vier beteiligten Kriegsparteien lediglich von der äthiopischen Regierung verkündet. Es ist kein echter Waffenstillstand, sondern nur eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Die weitere Entwicklung ist ungewiss und kann sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln.
Es ist gut vorstellbar, dass Abiy Ahmed Ali den Waffenstillstand lediglich dazu nutzen möchte, seine Kräfte in Abstimmung mit den Verbündeten neu zu sammeln und zu reorganisieren, um dann in einer erneuten Offensive in Tigray vorzugehen. In der Folge würde sich – ähnlich wie in den vergangenen Monaten – ein Guerillakrieg fortsetzen. Die Folge wäre ein Dauerkonflikt am Horn von Afrika.
Sollte die TDF weiterhin militärisch erfolgreich sein und insbesondere den Süden und Westen Tigrays von fremden Truppen befreien, könnte sich eine fragile Pattsituation entwickeln. Von einem wirklichen Frieden wäre man allerdings noch weit entfernt.
Eine echte Friedensperspektive könnte sich nur dann entwickeln, wenn sich die äthiopische Armee, die amharischen Milizen und die Eritreer vollständig aus Tigray zurückziehen. Auf dieser Basis könnten Friedensgespräche zwischen den beteiligten Parteien beginnen, in denen unter anderem Schadenersatz für die Zerstörungen und Plünderungen in Tigray und Verantwortlichkeiten für Kriegsverbrechen verhandelt werden könnten.
Die Erbarmungslosigkeit mit der Eritrea, äthiopische Regierung und Amharen gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen sind, erschwert ein zukünftiges nachbarschaftliches Verhältnis.
Für die Bevölkerung Tigrays sind die geschlagenen Wunden zu tief, als dass sie sich ein Verbleiben Äthiopien vorstellen können. Eine Unabhängigkeit wird sicherlich zum Gegenstand von Verhandlungen. Offen ist, inwieweit eine solche Entwicklung Unabhängigkeitsbestrebungen etwa in Oromia oder Benishangul Gumuz befördern könnte. Ein Auseinanderbrechen Äthiopiens ist nicht ausgeschlossen.
In Friedensverhandlungen ginge es auch um das zukünftige Verhältnis zwischen Eritrea, Tigray und Äthiopien. Eingeklemmt zwischen feindlichen Staaten gäbe es für Tigray keine echte Entwicklungsperspektive, und die gesamte Region bliebe ein Pulverfass. Im Interesse der Bevölkerung am Horn von Afrika wäre dies sicher nicht. Allerdings ist fraglich, ob eine echte Friedensperspektive ohne einen Machtwechsel in Addis Abeba und Asmara realistisch ist.