China setzt auf künstlichen Sand: Ist das die Lösung für die globale Ressourcenkrise?

Shanghai

Shanghai. Bild: zhu difeng /Shutterstock.com

Chinas Bauindustrie deckt über 80 Prozent ihres Sandbedarfs aus künstlicher Produktion. Innovation könnte globale Ressourcenkrise mildern. Warum das wichtig ist.

Mehr als 80 Prozent des in der chinesischen Bauindustrie verwendeten Sandes wird künstlich hergestellt, wie die Fachzeitschrift Nature Geoscience kürzlich berichtete. Die Methoden zur Herstellung von künstlichem Sand könnten eine Antwort auf die globale Ressourcenkrise sein, heißt es in der Studie.

Weltweit würden Küsten immer dichter besiedelt und bebaut, berichtete auch Telepolis im Juni über die knapper werdende Ressource: Das erschwere die natürliche Sandproduktion. Gleichzeitig steige der Meeresspiegel und Stürme spülten den Sand und schließlich ganze Küstenabschnitte weg. Telepolis-Autorin Susanne Aigner schreibt weiter:

Am Miami Beach im US-Bundesstaat Florida etwa investiert die Regierung Millionen in Drainagepumpen und Abwasserrohre, um ein vollständig auf Sand gebautes Stadtviertel vor den Angriffen des Wassers zu schützen.

Die Ressourcen werden knapper – bei wachsendem Bedarf: Für den Bau von Häusern und Straßen braucht es Beton, der zu etwa 40 Prozent aus Sand besteht. Aber auch in Glas, Asphalt, Plastik, Mikroprozessoren, Shampoo und anderen Alltagsgegenständen steckt Sand. Inzwischen sind die reichhaltigen Vorkommen längst ausgebeutet.

Die China-Studie, an der ein internationales Forscherteam beteiligt war, zeigt nun, wie sich die Sandversorgung in China zwischen 1995 und 2020 grundlegend verändert hat.

Der unstillbare Hunger nach Sand

Sand ist nach Wasser die am zweithäufigsten genutzte Ressource der Erde und wird seit mindestens 60.000 Jahren zum Bauen verwendet. Das rasante Bevölkerungswachstum und die Urbanisierung der letzten Jahrzehnte haben jedoch zu einer beschleunigten Erschöpfung der natürlichen Sandvorkommen geführt.

Die UN-Umweltbehörde Unep schätzt, dass jährlich 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies für Bauzwecke abgebaut werden – genug, um eine Mauer von 27 Metern breite und hohe Mauer rund um den Globus zu bauen.

Vor allem China, dessen Urbanisierungsrate in vier Jahrzehnten von 17 auf 58 Prozent gestiegen ist, hat einen enormen Bedarf an Sand. Unep warnt, dass die weltweiten Sandvorkommen wegen der enormen Nachfrage aus China und anderen schnell wachsenden Ländern bald erschöpft sein könnten.

Not zwingt zu Innovation

Steigende Sandpreise und die Erschöpfung natürlicher Vorkommen haben die Bauindustrie in China veranlasst, nach Alternativen zu suchen: künstlich hergestellter Sand, der durch mechanisches Zerkleinern und Sieben von Gestein oder Bergbauabfällen gewonnen wird.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass das Angebot an natürlichem Sand seit dem Jahr 2000 zunächst stark anstieg, 2010 seinen Höhepunkt erreichte und seitdem rückläufig ist.

Im Jahr 2020 wird der Anteil von Natursand an der Gesamtsandversorgung nur noch etwa 21 Prozent betragen – ein deutlicher Rückgang gegenüber etwa 80 Prozent im Jahr 1995.

Neues Verfahren setzt sich massiv durch

Laut Song Shaomin, Professor an der Pekinger Universität für Bauingenieurwesen und Architektur, der nicht an der Studie beteiligt war, könnte der Anteil des produzierten Sandes am chinesischen Markt inzwischen bei fast 90 Prozent liegen.

Ein Grund: Die Regulierung des Sandabbaus in Flüssen wurde in China 2016 verschärft, illegale Sandminen wurden im selben Jahr ins Visier genommen.

In der Folge entstanden mittelgroße und große Produktionslinien für Bauzuschlagstoffe, die den Marktbedarf umweltfreundlicher und kostengünstiger decken.

Heute verfügen zwei oder drei Anbieter entlang des Jangtsekiang über eine jährliche Produktionskapazität von 70 Millionen Tonnen oder mehr und gehören damit zu den fünf größten der Welt.

Ein internationales Vorbild?

Die nachhaltige Nutzung von Sand ist in den letzten Jahren weltweit in den Fokus gerückt, da unregulierter Sandabbau nicht nur ein Ressourcenproblem darstellt, sondern auch Umweltbedrohungen wie Ufererosion, Verlust der Artenvielfalt und Verschlechterung der Wasserqualität mit sich bringt.

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Die chinesische Praxis, so die Autoren der Studie, bietet ein Referenzmodell für den Übergang zu alternativen Sandressourcen weltweit. Es zeige auch, dass natürliche Rohstoffe trotz Verstädterung und Industrialisierung erhalten werden können.