Deutsche Bahn: Wie das marode Schienennetz den Neustart verhindert

Schiene, alt. Bild: furbymama, pixabay.com

Infrastruktur der Deutschen Bahn ist sei Jahren defizitär. Netzsanierung verursacht großräumige Ausfälle. Ob das Budget ausreicht, ist fraglich.

Das Schienennetz aller Eisenbahnen in Deutschland hat aktuell eine Streckenlänge von rund 38.400 km. Im Jahr der Bahnreform 1994 waren es noch 44.600 km. Größter Netzbetreiber ist aktuell die Deutsche Bahn-Tochter DB Netz AG mit etwa 33.400 km. Die Folgen des Gleisrückbaus zeigen sich jetzt im Betrieb jeden Tag.

Im Laufe der Jahre wurden viele Ausweichgleise abgebaut, so dass heute eine verspätete Regionalbahn auch die folgenden ICE-Verbindungen in die Verspätung drückt. Bahnreisende hören dafür vielmals die Begründung: ″Verspätung eines vorausfahrenden Zuges″. Dann zuckelt der ICE über dutzende von Kilometern hinter einer Regionalbahn her, die dann auch noch an jeder sprichwörtlichen Milchkanne hält.

Dazu kommen immer mehr Langsamfahrstellen, die jünger sind als der Fahrplan. Der aus Kostengründen eingesparte Rückschnitt des Baumbestandes entlang vieler Strecken rächt sich spätestens beim nächsten Sturm. Gerade bei elektrifizierten Strecken trifft ein Baum zuerst die Oberleitung. Bis diese wieder aufgebaut ist, können Stunden vergehen.

Der für die Zeit der Oberleitungsreparatur notwendige Schienenersatzverkehr mit Bussen überfordert regelmäßig die Bustöchter der Bahn, denn bei der Bahn sind nicht nur die Lokführer knapp, sondern auch die Busfahrer.

Warum der Mischbetrieb den Personenfernverkehr behindert

Im Gegensatz zu den Hochgeschwindigkeitssystemen in Frankreich, Japan und China fahren die deutschen Hochgeschwindigkeitszüge oft auf denselben Strecken wie der Nah- und Güterverkehr, dessen lokbespannte Züge deutlich langsamer beschleunigen und damit den ICE-Verkehr ausbremsen.

Die zum Teil noch aus der Anfangszeit der Bahn stammende Trassierung sorgt zudem dafür, dass sich selbst die schnellsten Züge an vielen Stellen nur mit Tempo 70 durch die viel zu engen Radien quälen. Der Jahrzehnte alte Plan der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) wurde in der Schweiz mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels fristgerecht umgesetzt. In Deutschland streitet man sich noch um Teile der Streckenführung im sogenannten Vorlauf zu den Alpentunneln.

Auf der Oberrheinstrecke stockt die Trennung von Güter- und Personenverkehr seit Jahren. Hier sind bislang nur 60 von 182 Kilometern viergleisig ausgebaut, davon 44 Kilometer zwischen Baden-Baden und Offenburg und knapp 18 Kilometer nördlich von Basel.

Haupthindernis sind Einsprüche von Anwohnern, die sich oft mit dem Argument gegen begradigte Trassen wehren, dass die Züge früher auch langsamer fahren konnten. Die Idee des vernetzten Deutschlandtaktes ist in der Fläche noch nicht angekommen, seine Verschiebung auf 2070 erscheint vor diesem Hintergrund optimistisch.

Das Nadelöhr Südbaden bremst den Verkehr so sehr, dass in der Schweiz überlegt wird, eine Neubaustrecke durch das Elsass zu finanzieren. Das gleiche Problem stellt sich beim Brenner-Vorlauf, wo die Trassenplanung kaum vorankommt.

In sechs Jahren sollen die Trassen modernisiert sein

43 Hauptstrecken will DB Netz in jeweils fünf Monaten von Grund auf erneuern. Die bisher bekannte Planung sorgt bei den Betroffenen für Alpträume.

Von den Streckensperrungen sind nicht nur Züge der DB betroffen, sondern auch die vor allem im Güterverkehr vorherrschenden DB-unabhängigen Operateure, die die Probleme von Trassenunterbrechungen noch vom Problem in Rastatt kennen.

Viele der geplanten Umleitungsstrecken sind in einem so schlechten Zustand, dass sie den zusätzlichen Verkehr kaum aufnehmen können. Gerade für Pendlerinnen und Pendler bringt dies große Probleme mit sich, da sie dann auf den ungeliebten Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen umsteigen müssen und die Fahrpläne nur noch eine Empfehlung darstellen, aber nicht mehr eingehalten werden können.

Besonders betroffen von diesen Unzulänglichkeiten sind Pendler, die Züge in der Nähe der Endhaltestelle nutzen wollen. Ein ehemaliger Verkehrsminister und späteres DB-Vorstandsmitglied hat sich deshalb die nach ihm benannte "Pofalla-Wende" ausgedacht: Ein verspäteter Zug, der am Endbahnhof wieder zurückfahren würde, wendet schon vorher und ist plötzlich wieder pünktlich. Fahrgästen, die zum Endbahnhof wollen, bleibt nur die Hoffnung, dass ein späterer Zug pünktlich ist. Das gleiche Problem besteht in der Gegenrichtung, wo die geplanten Züge dann einfach ausfallen.

Auch bei der Sanierung des Schienennetzes wird auf Kante genäht

Auch bei der Sanierung des Schienennetzes denkt die Bahn sprichwörtlich in großen Zügen und sperrt jeweils große Strecken, statt kleinteilig zu sanieren. Insgesamt hat die Bundesregierung der Bahn bis 2030 rund 90 Milliarden Euro für die Sanierung der Schienenwege zugesagt. Woher das Personal für die Sanierung der Strecken kommen soll, ist noch nicht geklärt. Auch finanzielle Reserven zum Inflationsausgleich scheinen zu fehlen.

Die Hoffnung, dass mit der Sanierung des Netzes die Bahn endlich in einen Zustand versetzt wird, in dem sie ihre Aufgaben erfüllen kann, ist zudem mit einem Fragezeichen zu versehen, wie die Grundsanierung der Schwarzwaldbahn zeigt, wo die sanierte Trasse die Räder von Wagen und Lokomotiven so stark beschädigen, dass der Fahrplan immer häufiger ausgedünnt werden muss und der Bahn die Ersatzräder ausgehen.

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