Deutschland plant CO2-Speicherung im Meeresboden der Nordsee

Kohlenstoffabscheidung und -speicherung unter der Nordsee mit Darstellung potenzieller CO2-Leckagen

Konzeptionelle Darstellung der CCS-Technologie unter der Nordsee, einschließlich der Herausforderungen durch alte Bohrlöcher und deren Auswirkungen auf die Meeresumwelt.

(Bild: KI-generiert)

Energiewende stockt, deshalb will Bundesregierung CO2 im Meeresboden speichern. Verpressen des Klimagases könnte erhebliche Probleme verursachen. Das sind die Gründe.

Bis 2050 will Deutschland klimaneutral werden. Das bedeutet nicht Nullemissionen, sondern eine ausgeglichene Bilanz. Man kann so viel CO2 emittieren, wie man der Atmosphäre durch sogenannte Senken wieder entzieht. Dieser Vorgang wird auch als negative Emission bezeichnet.

Die Herausforderungen der CO2-Speicherung in Wäldern und Mooren

Der Versuch, große Mengen in Wäldern zu speichern, scheitert inzwischen aber daran, dass der Klimawandel schneller voranschreitet und die Wälder schneller sterben als erhofft.

Die CO2-Speicherung durch Wiedervernässung trockengelegter Moore stößt auf den Widerstand der Landwirte, die heute auf den trockengelegten Mooren Ackerbau betreiben. Und gegen die traktorgestützten Argumente der Landwirte wagt die Politik keinen Schritt mehr.

Technische Lösungen zur CO2-Reduzierung: Hoffnung oder Illusion?

Die Rettung erhofft man sich von der Technik, die helfen soll, CO2 aus der Luft zu bannen.

Die Verpressung von CO2 in den Untergrund, auch bekannt als Carbon Capture and Storage, kurz CCS, hatte in den vergangenen Jahren mit Ängsten der Anwohner solcher Standorte zu kämpfen. Deren Befürchtungen, das Gas könne unkontrolliert an die bewohnte Oberfläche gelangen, konnten nicht erfolgreich ausgeräumt werden. Beispiele wie die undichte Salzkaverne in Gronau-Epe oder die Kohlendioxidwolke, die 1986 aus dem Lake Nyos aufstieg und 1.700 Menschen das Leben kostete, schufen wenig Vertrauen.

Hinzu kommt, dass Gas im Untergrund auf unbekannten Wegen an die Oberfläche gelangen kann, wie immer wieder Gasexplosionen in Häusern ohne Gasanschluss zeigen, wie erst im Januar dieses Jahres in Stuttgart-Vaihingen.

Der Nordseeuntergrund als CO2-Speicher

Schon die alte Bundesregierung hat nach alternativen Mechanismen gesucht, um das unerwünschte CO2, das bei der weiteren Verbrennung fossiler Energieträger nicht vermieden werden kann, mithilfe der Technik loszuwerden. Schließlich ist Deutschland seit vielen Jahren ein technikaffines Land der Ingenieure.

Bei der geografischen Suche nach einem Endlager für CO2 ist seit geraumer Zeit die Verpressung von CO2 unter der Nordsee in der Diskussion.

Großbritanniens Vorsprung in der CO2-Verpressung unter der Nordsee

In der Hoffnung, dass eine Verpressung in den Untergrund der Nordsee keine Gefahr für die Menschen an Land darstellt, ist Großbritannien im vergangenen Jahr mit dieser Lösung vorgeprescht. Britische Ölkonzerne haben mehr als 20 Lizenzen für Projekte erhalten, in denen sie CO2 abscheiden und tief unter der Nordsee lagern dürfen. Die öffentliche Hand auf der Insel fördert dies mit vielen Milliarden.

Zuletzt waren die Briten unter Zugzwang geraten, weil sich ihre Hoffnung auf CO2-Vermeidung durch verstärkte Nutzung der Kernenergie trotz hohen Mitteleinsatzes nicht erfüllen wollte.

Forschung zur maritimen CO2-Speicherung: Was wir bisher nicht wissen

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (Geomar) haben die Möglichkeiten einer maritimen CO2-Speicherung untersucht und darauf hingewiesen, dass noch viele Fragen zu beantworten sind.

In Europa bestünde das größte Speicherpotenzial für CO2 vermutlich in tiefen salinen Aquiferen vor der gesamten Nordseeküste sowie in geologischen Formationen weit unter dem Meeresboden.

Die Risiken der CO2-Verpressung im durchlöcherten Untergrund der Nordsee

Ein nicht zu unterschätzendes Problem dabei ist, dass in der Region auch über 10.000 Bohrungen nach Gas und Öl niedergebracht wurden, der Untergrund also durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse.

Aus vielen dieser alten Bohrlöcher strömt bereits Methan aus, weil die umgebenden Sedimente gestört sind. Deshalb könnte auch das CO2, das dort eigentlich dauerhaft gespeichert werden soll, früher oder später wieder entweichen.

Das Sicherheitsproblem wird noch dadurch verschärft, dass viele Bohrungen nicht nur senkrecht, sondern auch verzweigt durchgeführt wurden. So konnte mit einer Bohrinsel ein größeres Gebiet angebohrt werden. Was bei der Exploration Kosten gespart hat, bringt nun erhöhte Risiken mit sich.

Wenn das CO2 aus dem Speicher entweicht, löst es sich in der Umgebung des Lecks und führt zur Versauerung des Wassers. Welche Auswirkungen das auf Pflanzen und Tiere hat, wird noch erforscht.

Deutschland kommt unter Druck bei der CO2-Verpressung

Bislang war die CCS-Technologie in Deutschland verboten. Die Bundesregierung hat jetzt jedoch den Weg für eine Speicherung des klimaschädlichen Kohlendioxids im Meeresboden geebnet.

Das Bundesumweltministerium will in der Nordsee ein Endlager für bestimmte Kohlendioxid-Emissionen einrichten. Die Kohlendioxid-Strategie der Bundesregierung bereitet inzwischen den rechtlichen Rahmen für die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid im Meeresboden vor und soll die Grundlage für den Aufbau einer Kohlendioxid-Infrastruktur werden. Was dabei gerne übersehen wird: Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur erfordert Investitionen in Milliardenhöhe.

Wer die Mittel dafür aufbringen soll, ist noch offen. Prädestiniert für solche CSS-Investitionen wären wohl die Betreiber fossiler Großkraftwerke, die durch die hier mögliche CO2-Abscheidung vergleichsweise niedrige Kosten erzielen könnten. Unbeantwortet bleibt in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, ob es sinnvoll ist, CO2, das bei einer erfolgreichen Energiewende gar nicht angefallen wäre, mit großem Aufwand abzutrennen und in einem löchrigen Untergrund zu lagern.

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