Deutschland weiter auf dem Weg in Richtung Rezession
Das Bruttoinlandsprodukt ist erneut um 0,1% gesunken und Deutschland ist nun Schlusslicht in der Eurozone
Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ist im zweiten Quartal 2019 gesunken. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im "2. Quartal 2019 saison- und kalenderbereinigt um 0,1 % niedriger als im 1. Quartal 2019" ausgefallen. Das Statistische Bundesamt (Destatis) teilt weiterhin mit, dass es im 1. Quartal 2019 noch einen Anstieg von 0,4 % im Vergleich zum 4. Quartal 2018 gegeben habe.
Die Binnennachfrage hat verhindert, dass es noch schlimmer kam. "Positive Impulse kamen im Vorquartalsvergleich(real, saison- und kalenderbereinigt) nach vorläufigen Berechnungen aus dem Inland: Die privaten Konsumausgaben waren höher als im 1. Quartal, und auch der Staat steigerte seine Konsumausgaben." Zudem sei mehr investiert worden als im 1. Quartal, wobei die Bauinvestitionen rückläufig waren. Vor allem die außenwirtschaftliche Entwicklung der Exportnation habe das Wirtschaftswachstum gebremst, "da die Exporte im Vergleich zum Vorquartal stärker zurückgingen als die Importe".
Jetzt kommen die Experten, die nun wie in der FAZ auch davon sprechen, dass die Gefahr einer Rezession im dritten Quartal auf 43% gestiegen sei. Mit dieser Zahl beziffert das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) die Lage. "Deutschlands Konjunktur steht auf der Kippe", sagte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Im Juli hatte man dort das Risiko noch bei 36,6% eingeschätzt. Deutschland könnte erstmals seit 2013 in eine Rezession rutschen, schreibt die Zeitung.
Die ebenfalls konservative Welt meint: "Deutschland ist wieder auf dem Weg, zum kranken Mann Europas zu werden." Die Zeitung merkt sogar an, anders als FAZ, dass sich "das kleine Wachstum vom Jahresbeginn als Scheinblüte" herausgestellt habe. Mit Blick auf die Daten von Eurostat wird erklärt, dass Deutschland das "ökonomische Schlusslicht" in der Euro-Zone ist. Allerdings fehlen noch Daten aus Griechenland, Irland und aus anderen Ländern. In der Währungsgemeinschaft insgesamt soll das BIP im zweiten Quartal noch leicht mit 0,2% gewachsen sein, so die bisherige Schätzung.
Selbst Italiens Wirtschaft stagniert nur
Selbst Italien konnte zwischen April und Juni eine Stagnation und noch keine schrumpfende Wirtschaft vermelden. Frankreich wächst noch leicht mit 0,2%. Spitzenreiter ist aber Ungarn mit einem Wachstum von 1,1%. Das ehemalige Krisenland Portugal, das den Austeritätskurs erfolgreich aufgekündigt hatte, liegt wegen der gestiegenen Binnennachfrage weiter bei einem stabilen Wachstum von 0,5% wie im Vorquartal. Gegenüber dem dritten und vierten Quartal 2018 konnte in Portugal das Wachstum dort sogar gesteigert werden.
Der spanische Nachbar verzeichnet auch noch 0,5% Wachstum, doch der Trend ist hier umgekehrt. Gegenüber den Vorquartalen sinkt es. Dazu trägt die immer größer werdende politische Unsicherheit bei. Das Land bekommt die Krise in Katalonien nicht in den Griff und verweigert jeden Dialog. Deshalb stürzte die spanische Regierung im Frühjahr und die Sozialdemokraten schaffen es mit ihrer erratischen Strategie nicht, eine Regierung zu bilden. Deshalb strebt das Land auf die vierten Neuwahlen in vier Jahren zu. Italienische Verhältnisse!
Erstaunlich ist, dass man in einigen Medien erst jetzt die Rezessionsgefahr in Deutschland und der Eurozone sieht. Dabei war Deutschland praktisch im Frühjahr schon in der Rezession, wie Telepolis schon festgestellt hatte. Nur die statistischen Tricks aus den Krisenjahren haben verhindert, dass man das auch zugeben musste. Nach Vorkrisen-Kriterien wäre das längst der Fall gewesen. Ohne die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die unter anderem den Eurokurs künstlich drückt und darüber Exporte sowie über die Null- und Negativzinsen auch Investitionen fördert, wäre längst eine klare Rezession zu konstatieren.
Das bedeutet aber, dass die EZB schon vor der Krise im Krisenmodus fährt und ihr Werkzeugkasten leer ist. Es ist klar, dass Deutschland und damit die Eurozone auf eine Rezession zustreben, die dann auch nicht mehr mit viel Make-Up verdeckt werden kann. Der Handelskrieg, den der US-Präsident Trump inzwischen zum Währungskrieg eskaliert, ist für die Rezession einer Exportwirtschaft der beste Katalysator. Der letzte Schub könnte vom Brexit kommen. Aber, anders in Horrorszenarien immer wieder fabuliert, lässt sich wenigstens bisher kein Zusammenhang zwischen Wirtschaftsentwicklung und Brexit aufzeigen. Das Königreich liegt weiter im Trend. Zuletzt ist die Wirtschaft um 0,2% geschrumpft, die noch im Vorquartal um 0,5% gewachsen war. Als sie in Deutschland im dritten Quartal 2018 schrumpfte, verzeichnete UK ein Wachstum von 0,7%. Als Deutschland im vierten Quartal offiziell stagnierte, legte das BIP im Königreich um 0,2% zu.
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