Die Globalisierung der immateriellen Produktion und ihre lokalen Konsequenzen

Seite 4: Die modernen Städte werden zu 'Dual Cities'

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Was sich auf der Ebene der individuellen Arbeitskräfte abspielt, wiederholt sich simultan auf der Ebene der sozialen Aggregate. Die immer höhere Kapitalintensität als 'Eintrittspreis' in die vernetzte und vergesellschaftete Weltwirtschaft ist von immer weniger Teilnehmern bezahlbar - was die ökonomische Ausgrenzung nicht nur der 'Dritten Welt', sondern zunehmender Teile der zweiten und sogar der ersten mit allen ihren verheerenden Konsequenzen nach sich zieht. Die "Seucheninseln der Geldsubjekte ohne Geld" (Robert Kurz) tauchen mitten in den ehemals homogenen Nationalökonomien auf und erfahren eine systematische Mißachtung von Seiten politischer Institutionen, die ihre gesamte Aufmerksamkeit der nationalen Konkurrenzfähigkeit widmen.

Die Hoffnung, durch 'Wiedererlangung' oder 'Ausbau' derselben wieder zum Status quo ante zurückzukehren, ist freilich trügerisch, da diese Methode ja von allen Seiten angewandt wird (und nach der immanenten Notwendigkeit der Sache auch werden muß). So driftet die moderne Gesellschaft nach der homogenen fordistischen Ära des Massenkonsums ('welfare economy') in die neomerkantilistisch und exportorientierte Weltmarktgesellschaft ('warfare economy') mit ihrer allgegenwärtigen Scheidung von Gewinnern und Verlierern in einer weitgehend urbanisierten Gesellschaft.

Es ist klar, daß diese Prozesse auf die Entwicklung gerade der städtischen Metropolen entscheidenden Einfluß haben. Schattenökonomie in den verschiedensten Nuancen der Illegalität und wachsende Verelendung der aus der Konkurrenzökonomie Herausgefallenen machen sich auch und gerade in den Zentren des Reichtums bemerkbar. Die Kontraktion der produktiven Basis der Weltökonomie betrifft zwar hauptsächlich die peripheren Regionen, gerade dadurch werden aber immer neue Migrationsströme in die Zentren ausgelöst, nicht zuletzt auch deswegen, weil der Kontraktionsprozeß an der Peripherie katastrophische Verlaufsformen wie etwa die Kriege im ehemaligen Ostblock annehmen kann. Die modernen Städte werden so zu 'Dual Cities', mit einer polarisierten und segmentierten sozialen und räumlichen Struktur und mit sozialen Spannungen von einer neuen Qualität massiver Entsolidarisierung.