Die Trilaterale Kommission: Ein Instrument zur Sicherung der westlichen Wirtschaftsherrschaft?

Homepage der Trilateralen Kommission durch eine Lupe

Einblick in die Homepage der Trilateralen Kommission durch eine Lupe - Symbol für die detaillierte Untersuchung ihrer globalen Einflussnahme.

(Bild: Gil C / Shutterstock.com)

Nationale Souveränität gerät in den Hintergrund politischen Denkens, wie der WHO-Pandemievertrag zeigt. Das hat eine Vorgeschichte. (Teil 3 und Ende)

Die Trilaterale Kommission wurde 1973 auf Initiative des einflussreichen Unternehmers David Rockefeller und der US-Außenpolitik-Ikone Zbigniew Brzezinski in Ergänzung zu den nicht weniger berüchtigten Bilderberg-Konferenzen gegründet.

Die Neuordnung der Welt nach der Nation

Wie der britische Politologe Stephen Gill in seinem Standardwerk "American Hegemony and the Trilateral Commission" (1990) festhält, bezieht sich der Begriff des trilateralen (dreiseitigen) auf die Zusammenarbeit zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten zum einen, Japan zum zweiten und den Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme Griechenlands zum Dritten.

Das Kernziel der Kommission besteht laut Gill darin, "die Ausrichtung der Außen- und Innenpolitik der Großmächte so zu verändern, dass sie mit einer integrierten Wirtschaftsstruktur vereinbar wird".

In ihrer ersten öffentlichen Erklärung habe die Kommission ihren Zusammenschluss damit begründet, "ökonomischem und politischem Nationalismus entgegenzuwirken". Mit Brzezinski schreibt Gill der Kommission dabei auch das Ziel einer "Herausbildung neuer politischer Strukturen" zu.

Getrieben sind diese Ambitionen für eine Neuordnung der Welt letztlich von einer allzu menschlichen Empfindung, schreibt Gill, nämlich von Angst:

In den Kreisen des Establishments in der gesamten trilateralen Welt entwickelte sich eine weit verbreitete Sorge, weil der Eindruck entstand, dass Amerikas Hegemonialmacht in eine Phase des "substanziellen relativen Niedergangs" eintritt.

Auf einer tieferen Ebene waren die Eliten besorgt, dass es einen wachsenden Mangel an Kongruenz zwischen dem gab, was [der australische Politologe] J.D.B. Miller als "wirtschaftliche und politische Welt" bezeichnete, wobei erstere durch eine zunehmende globale Integration gekennzeichnet ist, während letztere weiterhin fragmentiert ist und politische Entscheidungen weitgehend auf nationalstaatlicher Ebene getroffen werden.

Stephen Gill: American Hegemony and the Trilateral Commission

Dazu gesellt sich der Eindruck, so Gill, dass die nationalistischen Kräfte, insbesondere in den Entwicklungsländern, besser organisiert und somit bedrohlicher für den Westen und Japan scheinen als jemals zuvor seit 1945.

Vor diesem Hintergrund formuliert die Trilaterale Kommission ihre Ideologie, die Gill als die einer "komplexen Interdependenz" bezeichnet. So wie sie auch Horst Köhler in seinen Reden beschreibt. Gill:

Gesellschaften, die durch die Bedingung komplexer Interdependenz gebunden sind (die für trilaterale Nationen am weitesten fortgeschritten ist), müssen daher Methoden des kollektiven Managements wie "internationale Regime" (in den Bereichen Handel, Geld, Rüstungskontrolle usw.) beibehalten und entwickeln, die dazu beitragen, die Beziehungen zwischen Staaten und auch nichtstaatlichen Akteuren zu vermitteln.

Hinter diesem Standpunkt steht die Auffassung, dass die quantitativen und qualitativen Veränderungen der wirtschaftlichen und technologischen Formen der gegenseitigen Abhängigkeit neue politische Probleme für die fortgeschrittenen kapitalistischen Staaten schaffen, Probleme, die es erforderlich machen, dass ihre Politiken in einem immer breiteren und komplexeren Spektrum von Themenbereichen deckungsgleich sind (z. B. politische und wirtschaftliche Aspekte des Raums und der Ozeane)

Stephen Gill: American Hegemony and the Trilateral Commission

Was Gill beschreibt, lässt sich in einfacher Sprache so formulieren: Um die hegemoniale Stellung des "westlichen" Wirtschaftsmodells zu sichern, muss das globale Schachbrett so gestaltet werden, dass alle sich an seine Regeln halten.

Zur Durchsetzung dieser – man könnte sagen: regelbasierten – Ordnung, stehen internationale Organisationen wie der IWF als die Verkörperung des "idealen kollektiven (transnationalen) Kapitalisten" bereit, schreibt Gill.

Der entscheidende Punkt: Wer die Hegemonie des westlichen Wirtschaftsmodells sichert, zementiert gleichzeitig auch die Hegemonie seiner erfolgreichsten Player. Oder noch mal in ausgefeilter, akademischer Sprache:

Dies würde bedeuten, dass nationalistisch-merkantilistische institutionelle Strukturen (insbesondere solche, die gegen ausländisches Kapital gerichtet sind) und Ideen auf einer umfassenderen Basis unterminiert werden müssten. (…)

Diese Prozesse beziehen sich auf die Bedingungen für eine entstehende Hegemonie des international mobilen Großkapitals.

Stephen Gill: American Hegemony and the Trilateral Commission

Ist der Multilateralismus, der sich, wie Gill ebenfalls schreibt, gegen eine "supranationale Konvergenz der Probleme" richtet, also nur ein Vehikel des Großkapitals, um sich die eigene Vormachtstellung zu sichern?

Oder anders gefragt: Schafft das Kapital sich eine Bedrohung, nur, um sich anschließend gegen sie zu behaupten? Kritischere und kommentierende Analysen weisen in diese Richtung. Eine davon findet sich bei der US-Polit-Journalistin Holly Sklar.

Post-nationaler Totalitarismus

In "Trilateralism – The Trilateral Commission and Elite Planning for World Management" (1980) liest sich schon die Definition des Trilateralismus bedeutend anders als bei Gill, der mit mehr als 100 Primärquellen und einem nüchternen Blick den Anspruch auf eine wissenschaftliche Studie ohne Polemisierung und Wertungen erhebt.

Der Trilateralismus ist das Glaubensbekenntnis einer internationalen herrschenden Klasse, deren Machtzentrum das globale Unternehmen ist. Die Eigentümer und Manager globaler Konzerne betrachten die ganze Welt als ihre Fabrik, ihren Bauernhof, ihren Supermarkt und ihren Spielplatz.

Die Trilaterale Kommission ist bestrebt, die Weltwirtschaft in ihrem Interesse zu stärken und zu rationalisieren.

Holly Sklar: Trilateralism

Der Journalistin zufolge gründet die Ideologie der Trilateralismus letztlich auf einem technologischen Fetischbegriff des Kapitals als der effizientesten Form von Ressourcenverwertung. Einer Form des Determinismus nach dem Muster des berüchtigten Thatcher-Diktums "there is no alternative".

Den Horizont dieser Ideologie macht Sklar in einer globalen Angleichung der Lebenswelt aus, die post-national (Zbigniew Brzezinski), das heißt: ihrer nationalen Eigenheiten entledigt, ist:

Die Trilateralisten freuen sich auf ein pseudo-postnationales Zeitalter, in dem soziale, wirtschaftliche und politische Werte, die ihren Ursprung in den trilateralen Regionen haben, in universelle Werte umgewandelt werden. Expandierende Netzwerke von gleichgesinnten Regierungsbeamten, Geschäftsleuten und Technokraten – Eliteprodukte westlicher Bildung – sollen die nationale und internationale Politikgestaltung übernehmen.

Holly Sklar: Trilateralism

Sklar sieht hinter dem Gedankengebäude der Interdependenz, also einer eigentlich wechselseitigen Abhängigkeit, letztlich eine totale oder eher totalitaristische Architektur, die lediglich eine Abhängigkeit der Vielen von den Entscheidungen der Wenigen schafft.

Zbigniew Brzezinski zufolge setze diese sich aus "internationalen Geschäftsleuten, Wissenschaftlern, Fachleuten und Beamten zusammen".

Außenpolitisch zeigt sich Sklar diese neue Form des Totalitarismus in einer nur vorgeblichen Bemühung um Gemeinwohl-Interessen wie Menschenrechte und Entwicklungshilfe. Diese sorgten aber letztlich nur in neokolonialem Stil dafür, dass Entwicklungen unterbleiben, die den Interessen des transnationalen Kapitals zuwiderlaufen.

Auch hier zieht Sklar Brzezinski als Zeugen heran, für den "die neuen Bestrebungen der Dritten und Vierten Welt, die sich zusammenschließen, eine sehr große Bedrohung für das Wesen des internationalen Systems darstellen".

Eine weitere Beobachtung Sklars, die sich mit einer Artikel-Serie von Telepolis zum "grün" eingefärbten Neokolonialismus deckt:

"Die Schuldenabhängigkeit ist eine der neokolonialen Stricke, die einem Land der Dritten Welt um den Hals gelegt werden."

Die Hoheit über den Umgang mit jenen Schulden obliegt bekanntlich jenen Entwicklungsbanken der UN, für die auch Horst Köhler einst tätig gewesen ist.

Innenpolitisch zeigt sich die totalitäre Umformung für Sklar durch eine Beschränkung demokratischer Einflussnahme ("effective capitalist democracy is limited democracy") bei gleichzeitigem Aufbau eines weltumspannenden Kommunikationsnetzes ("world information grid"), das erlaubt, "die Symbiose zwischen Medien und Politik zu stärken" und so auch die "zweite Natur" des Menschen (im Sinne Georg Lukács’) nach dem Vorbild des internationalen Kapitals zu gestalten.

War der Entwurf, den die Journalistin vor zugegebenermaßen mehr als 40 Jahren zu Papier gebracht hat, zu düster?

Oder vielmehr hellsichtig?

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