E pluribus unum

Seite 3: Von der Big-Tent-Party zur Tea Party

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Insbesondere die Republikanische Partei, ehemals eine "big tent"-party, in der verschiedenste Wählergruppen vertreten waren, wird, in einem in der jüngeren politischen Geschichte der USA ungekannten Ausmaß, von einer einzelnen ideologischen Gruppe dominiert. Die in weiten Teilen erzkonservative "Grand Old Party" verliert zunehmend moderates - als zentristisch geltende Wähler - an die Demokraten oder an das Lager der Nichtwähler. Zudem hat sie große Probleme, bei der Wählergruppe der Frauen und bei ethnischen Minderheiten wie Latinos, Afroamerikanern und Asiaten zu punkten

Dabei zeigt sich am Beispiel der "Tea Party"-Bewegung, dass Wähler politisch umso aktiver sind, je parteiischer sie eingestellt sind. Entsprechend viel Druck üben sie über tatsächliche oder vermeintliche "grassroots"-Initiativen aus, die den Politikern die Ansichten der Wählerbasis vermitteln. Andere Teile der Bevölkerung hingegen haben längst aufgehört, sich für Politik zu interessieren, geschweige denn politisch aktiv zu werden. So sind es häufig extreme Ansichten, die den politischen Diskurs beeinflussen. Kein Wunder also, dass etwa die Kompromissbereitschaft im US-Kongress in den letzten Jahren einen Tiefpunkt erreicht hat.

Tea-Party-Protestmarsch in Washington, D.C., 12. September 2009. Bild: dbking. Lizenz: CC-BY-2.0

Mit der Präsidentschaft Barack Obamas haben sich all diese Besorgnis erregenden Entwicklungen offenbar weiter zugespitzt. Zum einen ist da die schwere Hypothek, die er von der vorherigen Administration übernommen hat. Ein gigantisch aufgeblähter Militärhaushalt und mehrere aufreibende Kriege, während zuhause die Arbeitsplätze fehlen und das Elend wächst. Während das Imperium langsam zu wanken beginnt, erweist sich der American Dream für mehr und mehr Amerikaner als Illusion. Akute Existenzängste betreffen schon lange auch weite Teile der Mittelschicht, von der etwa ein Drittel höchstens ein Monatsgehalt von der Armut entfernt ist.

Das alte Problem der Hautfarbe

Neben diesen Faktoren sollte nicht unterschätzt werden, welche Wirkung die Wahl des dunkelhäutigen Sohnes einer Amerikanerin und eines Kenianers, der zeitweilig im islamisch geprägten Indonesien aufgewachsen ist, auf die Amerikaner ausübt. Was für viele der Beweis für die Weiterentwicklung der US-Gesellschaft ist, sehen einige im klassischen "paranoid style" als Beleg für eine irgendwie islamistisch-kommunistisch geartete Unterwanderung der USA. Eine Sichtweise, die in manchen Regionen, vor allem im Süden und im Mittleren Westen, durchaus verbreitet ist. Diese Gemengelage sorgt für weiter steigenden Hass, wie etwa eine Studie des Umfrageinstituts Rasmussen Reports zu belegen scheint. Während 55% der 1.000 Umfrageteilnehmer der Ansicht sind, dass der Hass im Land steigt, sind lediglich 23% der Befragten nicht mit dieser Einschätzung einverstanden.

Im Zuge der 57. US-Präsidentschaftswahl wird der Wahlspruch der Vereinigten Staaten von Amerika also erneut auf eine harte Probe gestellt werden. Die Vorwahlen der Republikaner und Demokraten sind Ende August beziehungsweise Anfang September zum Abschluss gekommen. Anschließend tritt der Wahlkampf in die heiße Phase ein, die mit den im Fernsehen übertragenen Präsidentschaftsdebatten im Oktober einen Höhepunkt erreichen wird. Auch ein erneuter Rekord an Wahlkampfausgaben ist zu erwarten. Beide Kandidaten der großen Parteien haben bereits jetzt mehr als eine Milliarde US$ an Spenden gesammelt und über 800 Millionen davon bereits ausgegeben. Dabei erhält Obama wesentlich mehr Kleinspenden, während die Republikaner und ihr Kandidat Mitt Romney insgesamt momentan mehr Finanzen zur Verfügung haben.

Barack Obama. Bild: Pete Souza, The Obama-Biden Transition Project. Lizenz: CC-BY-3.0

Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass die Wahl im November eine Richtungsentscheidung wird. Der Trend zum "negative campaigning", also zur Diskreditierung des politischen Gegners, wird sich aller Voraussicht nach weiter fortsetzen; beispielhaft dafür steht nicht zuletzt auch das neueste filmische Machwerk der Obama-Kritiker - 2016: Obama’s America. Der Gewinner des Wahlabends wird anschließend viel zu tun haben, wenn er der gesellschaftlichen Polarisierung und politischen Segregation als Präsident entgegentreten und das Land wieder versöhnen will.

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