Ein Essensbericht aus den USA

Seite 4: Verpackungen und Supersizing

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Die US-Amerikaner zählen weltweit zu den Spitzenreitern bei der Produktion von Hausmüll. Im Jahr 2014 waren es 738 Kilo pro Kopf und Jahr an Hausmüll. In Deutschland waren es immerhin 627 Kilo, also auch nicht deutlich besser.

Beim genaueren Hinsehen fällt auf, dass etwa in den Fastfoodketten des Landes nach wie vor die meisten Getränke und Burger in Styropor serviert werden, nachdem das umweltschädliche Material in Deutschland bereits seit Jahrzehnten aus der Gastronomie verbannt worden ist.

Insofern ist die internationale Statistik über den Hausmüll etwas undifferenziert, denn es kommt nicht nur darauf an, wie viel Kilo Durchschnittsmenschen pro Jahr produzieren, sondern auch wie sich die verschiedenen Müllarten- und Materialien zusammensetzen. Und Styropor ist besonders umweltschädlich.

Man liebt in den USA auch Aluminiumdosen bei Getränken, die im Gegensatz zu einem großen Teil der Getränkedosen in Deutschland nicht aus einer Mischung aus Weißblech und Aluminium, sondern zu 100% aus Aluminium bestehen. Die Dose ist übrigens so beliebt im Land, dass es in einigen Läden Alu-Varianten in Flaschenform gibt. Auf der Verpackung der Dosen steht dann meist gut gelogen so etwas wie "100% recyclable Aluminium".

Ja, das Metall ist in der Tat auch in den USA zu kostbar, um es zu deponieren. Dass das Auflösen des Metalls in Elektrolysebecken überaus energieintensiv ist und die Blechdose in Bezug auf ihre Energiebilanz niemals mit Pfandflaschen mithalten kann, sollte berücksichtigt werden. Pfandflaschen gibt es in den USA überhaupt nicht. Wenn Glasflaschen verkauf werden, sind es Einwegflaschen zum Wegwerfen; deutlich beliebter sind aber Dosen.

Alles, was groß ist

Neben der Art der Verpackungen ist besonders auffällig, dass fast alle US-Artikel in irrsinnigen Verpackungsgrößen daherkommen. Dies wird weniger der durchschnittlich höheren Kinderzahl pro Familie geschuldet sein, sondern mehr der generellen Mentalität. Die US-Amerikaner lieben offenbar alles, was groß ist. Vielleicht spielen dabei Statuserwägungen eine Rolle.

Nicht nur die Verpackungs-, sondern auch die Portionsgrößen in Restaurants sind deutlich größer als in Mitteleuropa. Und so kann es sich schon mal als Herausforderung für durchschnittlich hungrige Europäer herausstellen, zu zweit den kleinsten Milkshake einer Fastfoodkette zu leeren. Ganz zu schweigen von den Getränkebechern der Kategorie "big", die über einen Liter Inhalt fassen. Auch bei System-Cafés wie Starbucks, in denen es solche Riesenbecher für Kaffee gibt. Wer schafft es, so etwas zu trinken?!

Explizit kritisiert hatte den Größenkult bereits 2004 der Dokumentarfilm "Supersize Me".

Zu allem Überfluss sind die Angaben auf den Lebensmittelverpackungen zur Kalorienzahl und den Inhaltsstoffen in den Vereinigten Staaten besonders irreführend. Da werden vom Hersteller sogenannte "Portionsgrößen" definiert wie z.B. "eine Hand voll Chips" und dazu wird eine Kalorienzahl angegeben.

Da in den USA neben der Portionsgröße nicht wie in Deutschland die Kalorienzahl pro 100 Gramm angegeben ist, kann man die verschiedenen Lebensmittel nicht vergleichen und die Angaben sind damit weitestgehend sinnlos.

Es ist also kein Wunder, dass heute ein Drittel der US-Bevölkerung (33%) stark übergewichtig ist. Und zwar so übergewichtig, dass dies krankhafte Auswirkungen auf die Gesundheit hat (in Deutschland sind es im Übrigen immerhin 20 Prozent).

Wenig verwunderlich ist damit auch, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in den Vereinigten Staaten geringer ist, als man vielleicht meinen würde. Das Land kommt mit 78,9 Jahren nur an 35. Stelle der Weltrangliste.

Das ist immerhin rund ein halbes Jahr weniger als im benachbarten kommunistischen und armen Kuba und 1,6 Jahre weniger als in Deutschland. Natürlich gibt es neben dem Essen aber auch andere Einflussfaktoren wie soziale Ungerechtigkeit, ein schlechteres Gesundheitssystem und der ausufernde Waffenbesitz im Land.

Und was hat das mit mir zu tun?

Viel. Denn die meisten in diesem Artikel beschriebenen Trends und Kulturlosigkeiten finden sich in abgeschwächter Form auch auf deutschen Tellern, in europäischen Küchen und Restaurants. Die zu einem großen Teil globalisierte Ernährungsindustrie versteht sich darin, auf nationale Märkte einzugehen, weniger oder mehr süße oder gefärbte Produkte anzubieten.

Auch grüne Gentechnik ist, wie vielen Deutschen unbekannt sein dürfte, in unserer Ernährung zumindest indirekt weit verbreitet. Und zwar, weil in der Fleischindustrie insbesondere für Schweine billiges Weltmarkt-Soja verfüttert wird. Und dieses stammt etwa aus Brasilien und wird in vielen Fällen auf den Flächen ehemaliger Tropenwälder unter Einsatz von reichlich Glyphosat angebaut.

Insgesamt ist das Bewusstsein für Lebensmittel und gesunde Ernährung in Deutschland höher als in den USA, was sicherlich auch mit einem besseren Bildungsstand der Bevölkerung, grüner Politik und einer fähigen Öko-NGO-Szene zusammenhängt.

Daneben aber auch mit der Tatsache, dass die Medien weniger durch transnationale Konzerne dominiert werden, es zum Teil gute öffentlich-rechtliche Informationsquellen gibt und insgesamt etwas differenzierter, vielfältiger und internationaler berichtet wird, als in den Vereinigten Staaten der Fall.

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