Eklat um Wolfsgruß im Stadion: So lange wird das Verbot schon geprüft
Türkische Nationalisten bedrohen in Deutschland seit Jahren politische Gegner. Verboten sind die "Grauen Wölfe" nicht. Aus aktuellem Anlass wird gefragt, warum.
Wieder einmal ist es zwischen den Nato-Partnern Deutschland und Türkei zu einem Eklat gekommen. Nachdem die türkische Region in Ankara am Mittwoch den deutschen Botschafter einbestellt hat und das Auswärtige Amt in Berlin umgekehrt den türkischen Botschafter, will sogar der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in die deutsche Hauptstadt kommen, um ein Zeichen zu setzen.
Statt wie geplant nach Aserbaidschan zu reisen, will Erdogan am Samstag das Viertelfinalspiel der türkischen Mannschaft gegen die Niederlande bei der Fußball-Europameisterschaft live im Stadion verfolgen.
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Die Kritik deutscher Politiker am "Wolfsgruß" des türkischen Torschützen Merih Demiral ist natürlich aus seiner Sicht genauso ungerechtfertigt wie die Untersuchung der UEFA gegen den Nationalspieler, denn Erdogans islamo-nationalistische AKP befindet sich selbst in einer Koalition mit der Partei der "Grauen Wölfe", der ultranationalistischen MHP.
Faeser soll Verbot seit Amtsantritt prüfen
Derweil wächst in Deutschland die Kritik am Umgang der Behörden mit den türkischen Ultranationalisten. Seit dem 18. November 2020 liegt dem Bundesinnenministerium ein Prüfauftrag des Deutschen Bundestags für ein Verbot von Organisationen der "Grauen Wölfe" vor.
Dies war sowohl von den damaligen Regierungsparteien Union und SPD, als auch von FDP und Grünen beantragt worden. Überschrift: "Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten – Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen", denn die "Grauen Wölfe" nennen sich auch "ülkücü" – idealistisch.
Damals leitete noch Horst Seehofer (CSU) das Ministerium, seit bald drei Jahren ist Nancy Faeser (SPD) verantwortlich. Ihr wirft die Oppositionspolitikerin Sevim Dagdelen (BSW. zuvor Die Linke) Verschleppung vor.
Drohungen und Hass gegen Andersdenkende
Dagdelen wird seit Jahren immer wieder von Anhängern der "Grauen Wölfe" bedroht, aber auch gegen den türkischstämmigen Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sowie weitere Politiker, Medienschaffende und Aktivistinnen gibt es regelmäßig Hassbotschaften, zum Teil mit Gewaltandrohungen bis hin zu Mord aus diesem Spektrum.
Vor allem Andersdenkende mit familiärem Hintergrund in der Türkei sind den Ultranationalisten ein Dorn im Auge und werden von ihnen als Landesverräter betrachtet, selbst wenn sie schon immer in Deutschland gelebt haben.
Laut Dagdelen wurde am Mittwoch ein Antrag der BSW-Gruppe im Bundestag eingereicht, um Faesers Ministerium bei der Verbotsprüfung "auf Trab" zu bringen.
Klare rechtsextreme Symbolik
Özdemir wandte sich am Mittwoch gegen Relativierungen faschistischer Symbolik: Die Botschaft des Wolfsgrußes sei rechtsextrem, sie stehe für Terror und Faschismus, schrieb Özdemir auf der Plattform X. "Darüber zu diskutieren, ist ermüdend."
Demiral hatte das Handzeichen, bei dem der kleine Finger und der Ringfinger wie Ohren aufgestellt und die verbleibenden Finger auf den Daumen gepresst werden, mit seiner "türkischen Identität" begründet und erklärt, es gebe "keine versteckte Botschaft".