Es wird heißer und heißer

Spanien wird von den Klimaveränderungen besonders hart getroffen, aber auch in Deutschland wird die Durchschnittstemperatur deutlich steigen

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Nun hat offenbar auch der dänische Statistikprofessor Bjørn Lomborg eingesehen, dass der Klimawandel da ist. Sein neuestes Buch, das nun erscheinen wird, wiegelt nicht mehr ab (siehe Scientific Dishonesty!) und Lomborg fordert plötzlich Aufmerksamkeit, Anstrengungen und viel Geld für den Klimaschutz. Wetterkapriolen, Hitzewellen in Russland, Japan und Spanien, dramatische Überschwemmungen in Pakistan, China und Osteuropa (siehe Zeiten der Extreme), Flut und Dürren in der Sahelzone (siehe Ist das schon der Klimawandel?) sind zwar zunächst scheinbar nur Wetterkapriolen, doch die Vielzahl der Extreme weisen deutlich auf die Veränderungen hin, meint auch der Deutsche Wetterdienst und das Umweltbundesamt. Sie gehen davon aus, dass die Durchschnittstemperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts in Deutschland nochmals um 2 bis 4 °C ansteigen wird. Spanien, so zeigt eine neue Untersuchung, wird es in Europa am härtesten Treffen. Dieser extrem heiße Sommer derzeit ist demnach nur ein Vorbote.

Diese Woche wurde auf der 2. Anpassungskonferenz des Umweltbundesamtes Dessau auf die Notwendigkeit zur frühzeitigen Anpassung an extreme Wetterereignisse hingewiesen, die aufgrund des Klimawandels immer verstärkter auftreten werden. Überschwemmungen auf der einen und lang anhaltenden Hitzewellen und Dürren auf der anderen Seite (Mehr Trockenheit und Überschwemmungen in Europa) seien genau die Phänomene, welche "die Klimaforschung über die Zunahme von Extremwetterereignissen" vorhergesagt hätten, führte Jochen Flasbarth auf dem Treffen aus.

Doppelt so viele heiße Sommertage seit 1950

Der Präsident des Umweltbundesamtes machte zwar deutlich, dass extreme Wettereignisse für sich noch keinen globalen Klimawandel ausmachen. "Es ist wichtig zu verdeutlichen, dass nicht jedes einzelne Wetterereignis ein Zeichen des Klimawandels ist." Doch die "Summe, die Vielzahl der Ereignisse, die größere Dichte" sei das wichtige Zeichen.

So machte der Präsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Dessau darauf aufmerksam, dass "in Deutschland die Jahresdurchschnittstemperatur von 1881 bis 2009 bereits um 1,1 Grad gestiegen ist". Doch dabei wird es längst nicht bleiben, denn besondere Sorgen macht Prof. Dr. Gerhard Adrian, dass die Temperatur vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen ist. Mit den Daten aus 130 Jahren geht der Wetterdienst davon aus, dass "Ende dieses Jahrhunderts die Jahresdurchschnittstemperatur nochmals um 2 bis 4 Grad höher" liegen wird als heute.

Seit 1950 hat sich die Anzahl von Sommertagen mit Temperaturen von mindestens 25° C und heißen Tagen mit mindestens 30° C mehr als verdoppelt. Die Anzahl der Frosttage hat entsprechend abgenommen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts rechnet der DWD zum Beispiel mit einer Zunahme von etwa 15 bis 27 zusätzlichen Sommertagen pro Jahr für die Regionen Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Mit der Erwärmung geht eine Vermehrung von Extremwettererscheinungen einher: "Das reicht von mehr und noch heißeren Hitzewellen über heftigere Niederschläge bis hin zu lang anhaltender Trockenheit", erklärte Adrian.

Auch für mit Sommergewittern verbundene Erscheinungen wie Hagel, Sturm oder gar Tornados hält er eine Zunahme für wahrscheinlich. Was heute als ein Extrem wahrgenommen wird, wird in einigen Jahrzehnten normal sein, weil noch ganz andere Extremsituationen anstehen, auf die man sich auch entsprechen vorbereiten müsse. Adrian wies darauf hin, dass schon jetzt in Deutschland "rund 80 Prozent aller Katastrophen" durch Unwetter, "also Wetterextreme, ausgelöst werden".

Tschüss, kühle spanische Nächte

So lautete der Titel über diversen Artikeln, die sich mit einer Studie beschäftigten, die gerade in der Zeitschrift "Climatic Change" veröffentlich wurde. "Trends in warm days and cold nights over the Iberian Peninsula: relationships to large-scale variables", ist ihr Titel.

Die Untersuchung stützt sich auch auf Daten, welche die Forscher schon im vergangenen November veröffentlicht haben. Die Studie zeigt in einem Zeitraum von 1950 bis 2006 die Entwicklung dessen auf, was Spanien in diesem Sommer erneut und besonders dramatisch erleidet. Nun wurden zum Beispiel Ende August in Katalonien Werte gemessen, wie sie niemals verzeichnet wurden. In Barcelona stieg vergangene Woche das Quecksilber auf 39,3° C. In Zonen, die weiter entfernt vom Meer liegen, stiegen die Temperaturen über die Marke von 40° C Grad. In Valencia und Murcia wurden die bisherigen Spitzenwerte mit 43 ° C und 42,5 ° C geknackt.

Die Studie, die unter Leitung von Concepción Rodríguez Puebla erstellt wurde, lässt diese Werte allerdings aus; sie stellt für den Studienzeitraum zwischen 1950 und 2006 fest, dass im "südwestlichen Mittelmeerraum" insgesamt seit 1950 "die größten Temperaturveränderungen Europas" verzeichnet werden, "was jeweils die Tages- und Nachttemperatur betrifft". Anders als bisherige Studien zum Klimawandel, hatte Rodríguez Puebla, Ascensión H. Encinas, Luis Alberto García-Casado und Susana Nieto weniger die Durchschnittstemperaturen im Fokus, sondern sie haben sich ganz besonders auf die Minimal- und Maximalwerte der jeweiligen Temperatur in der Nacht und am Tag konzentriert. Die Klimatologen der Universität Salamanca haben ermittelt, dass pro Jahrzehnt durchschnittlich drei heiße Tage mehr im Jahr verzeichnet werden. Auch hier stellten die Forscher eine steigende Tendenz fest. Im Südwesten und im Nordosten der iberischen Halbinsel sei dieser Trend besonders stark zu beobachten.

Das Resultat ist eine "steigende Tendenz in der Häufigkeit von heißen Tagen und eine Verringerung der Zahl der kalten Nächte". Während der Rückgang der kalten Nächte im Einklang mit den Aussagen steht, die im vierten Bericht des Weltklimarats 2007 gemacht wurden, liege die Zunahme der heißen Tage deutlich "über den Werten, die weltweit ermittelt wurden", erklärte Rodríguez-Puebla. Daraus leiten die Klimatologen ab, dass die weltweit feststellbare Erwärmung auf der iberischen Halbinsel deutlich stärker ausfällt.

So wurde in Bezug auf die Durchschnittstemperatur ermittelt, dass die in Spanien seit 1970 in jedem Jahrzehnt schon um 0,5 ° C angestiegen ist, also deutlich stärker als zum Beispiel in Deutschland. Geht es mit dieser Geschwindigkeit weiter oder nimmt die Dynamik der Erwärmung sogar noch zu, wie die Studie nahe legt, dann werden die bisherigen negativsten Vorhersagen noch übertroffen. Bisher wurde davon ausgegangen, dass auf der iberischen Halbinsel bis zum Ende des Jahrhunderts die Temperaturen im Jahresdurchschnitt um drei bis fünf Grad steigen werden (siehe Ein Drittel Spaniens droht zur Wüste zu werden).

Da die Situation in Spanien mit den Veränderungen im Mittelmeerraum in Beziehung steht, zeigen die Forscher das Wechselspiel zwischen der Atmosphäre und dem Meer auf. Die Zunahme der warmen Tage wird damit erklärt, dass heiße Luftmassen aus Afrika über Gibraltar auf die Iberische Halbinsel gelangen. Für die Nachtabkühlung ist aber die Oberflächentemperatur im Nordatlantik verantwortlich.

Und dass die nächtliche Abkühlung immer seltener wird , wird mit dem Anstieg der Wassertemperatur begründet. Dass die Oberflächentemperatur der Weltmeere steigt, was immer wieder in Zweifel gezogen wurde, ist inzwischen mit neuen Studien bestätigt worden, bei denen bisherige Messfehler beseitigt wurden. Concepción Rodríguez Puebla vermutet aber auch, dass eine Veränderung der Winde, die von der Ozeanzirkulation abhängig seien, eine Rolle spielen. "Inwiefern diese sich verändert haben, haben wir bisher noch nicht berücksichtigt", erklärte sie. Die Studie sagt einen "signifikanten" weiteren Anstieg der heißen Tage und Nächte in Spanien in den kommenden Jahren voraus.

Klimawandelproblem bis zum Ende dieses Jahrhunderts "im Wesentlichen" mit 100 Milliarden Dollar zu lösen

Dass sich die massive vom Menschen verursachte Klimaveränderungen gibt, gesteht nun auch offen einer der bisherigen Skeptiker ein. Bjørn Lomborg überrascht deshalb mit seinem Buch, dessen Titel schon die Kehrtwende zeigt: "Smart Solutions to Climate Change: Comparing Costs and Benefits". Plötzlich bezeichnet Lomborg den Klimawandel als eine der größten Sorgen der Welt. Bisher hatte er den Klimawandel in einer Kosten-Nutzen-Rechnung über die akutesten Probleme der Welt als unwichtiges Problem abgetan. Das hört sich nun ganz anders an, wenn er gegenüber der britischen Tageszeitung "Guardian" von "einer der größten Herausforderung für die Menschheit" spricht.

Als Konsequenz meint er, wenn wir die Umwelt schützen und für die Zukunft bestmöglich erhalten wollten, "haben wir nur eine Möglichkeit: Wir alle müssen ernstlich und sofort beginnen, mit den effizientesten Möglichkeiten die globale Erwärmung in Ordnung zu bringen". Von einer simplifizierenden Sichtweise hat er allerdings noch keinen Abstand genommen. Er glaubt, wenn die Kassen geöffnet würden, könne das "Klimawandelproblem bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Wesentlichen" mit 100 Milliarden Dollar gelöst werden. Das zeigt nur, dass der dänische Statistiker wohl zum Kern des Problems noch immer nicht vorgestoßen ist und weiterhin offenbar nicht viel zu einer ernsthaften Debatte beizutragen hat.