Exklusiv: SPD sieht "Verschiebungen im Verhältnis" zu USA, Russland und Europa

Seite 4: VI. Beziehungen zu China und der Indo-Pazifik-Region

Der Aufstieg der Volksrepublik China ist eine der größten globalen Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Die wachsende Bedeutung Chinas birgt eine Vielzahl an Herausforderungen, aber auch einige Chancen für Deutschland und die Europäische Union. Deutschland wird sich mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten China-Strategie in die europäische Debatte einbringen.

Diese Positionsbestimmung sollte sowohl die Veränderungen in China als auch die Verschiebungen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, Russland und anderen europäischen Nachbarn berücksichtigen. Ziel sollte eine Reduzierung starker Abhängigkeiten sein und damit die Stärkung unserer Souveränität.

Darüber hinaus sollen Position hinarbeiten, die fest in der Wertegemeinschaft des Westens verortet ist und die Sicherheitsinteressen unserer demokratischen Partner im indopazifischen Raum berücksichtigt, die die europäische Souveränität in einer regelbasierten multilateralen Ordnung stärkt und konstruktive, offene und transparente Beziehungen zu den zentralen Akteuren von morgen vertieft.

Für uns Sozialdemokratinnen ist die Politik gegenüber China weiterhin durch einen kontinuierlichen politischen Dialog geprägt. Es gilt der Grundsatz, nicht nur über, sondern auch mit China zu reden und dabei konstruktiv-kritische Fragen der Kooperation, des Wettbewerbs und der Menschenrechte zu behandeln. Ohne den Dialog mit China ist die Gestaltung der ökonomischen, ökologischen, sozialen und politischen Herausforderungen unserer Zeit kaum vorstellbar.

Die Beziehungen mit China müssen entlang der auch auf europäischer Ebene definierten drei Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestaltet werden. Gemeinsame Interessen wie beispielsweise bei einer regelbasierten internationalen Ordnung, beim Klimaschutz oder bei Abrüstung und Rüstungskontrolle gilt es weiter auszuloten.

Gleichzeitig sehen wir, dass Aspekte des Wettbewerbs und der systemischen Rivalität zunehmen. Damit einher geht die Notwendigkeit, Abhängigkeiten bei Schlüsseltechnologien und Wertschöpfungsketten sowie bei Rohstoffen und Energieträgern zu reduzieren.

Wir konstatieren: China ist nicht nur ein Kooperationspartner, sondern zugleich ein wirtschaftlicher Konkurrent und ein systemischer Rivale. Dies wird auch in Chinas ambivalenter Haltung zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine deutlich.

Wir müssen feststellen, dass China unter Präsident Xi immer selbstbewusster und teilweise aggressiver nach außen auftritt. Diese Entwicklung geht einher mit einer Verschlechterung der Menschenrechtslage, insbesondere in der Provinz Xinjiang, und der Einschränkung politischer Freiheiten, wie zum Beispiel in Hongkong.

Es stehen zwei verschiedene Modelle im Wettbewerb: das Modell eines demokratischen Rechtsstaats, der die universellen Menschenrechte schützt in einer freien und sozialen Marktwirtschaft und das chinesische Modell eines autoritären Staatskapitalismus, der die universellen Menschenrechte relativiert. Auch wenn unsere Beziehung zu China durch alle drei genannten Dimensionen bestimmt wird, können diese nicht einfach unreflektiert nebeneinanderstehen.

Die Systemkonkurrenz ist maßgeblich dafür, wie die Partnerschaft mit China konkret ausgestaltet werden kann und beeinflusst auch die Art und Weise des wirtschaftlichen Wettbewerbs mit China. Teil der Antwort auf die Systemkonkurrenz muss sein, dass wir den von China umworbenen Ländern und Regionen alternative und attraktivere Kooperationsangebote machen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Global Gateway Initiative der EU.

Im Rahmen der Systemkonkurrenz gilt es, weiterhin die Zusammenarbeit in Gebieten mit beiderseitigem Interesse zu suchen. Die Kooperation mit China bei Fragen einer regelbasierten internationalen Ordnung, Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie bei der Klimapolitik und der nachhaltigen Energiegewinnung ist hier von großer Bedeutung.

Unser Blick auf den Indopazifischen Raum beschränkt sich nicht auf China. Im Indopazifik werden die Regeln der internationalen Ordnung durch einzelne Akteure zunehmend herausgefordert. Die Aufrüstung in der Region hat sich beschleunigt, geopolitische Spannungen verschärfen territoriale Konflikte, die Gefahr einer Eskalation nimmt zu.

Wir werden auch künftig gemeinsam mit unseren Partnern daran arbeiten, die regelbasierte internationale Ordnung zu bewahren, das Völkerrecht und multilaterale Strukturen zu stärken und Konflikten vorzubeugen. Dabei treten wir einer Blockbildung im Indopazifik klar entgegen. Wir sind bereit, mit allen Partnern der Region zu kooperieren, die sich zu den Prinzipien der regelbasierten Ordnung bekennen.

Der Indopazifik ist für Deutschland und die Europäische Union von herausgehobener Bedeutung. Gleichzeitig bestehen starke wirtschaftliche Abhängigkeiten von einzelnen Märkten.

Wir treten dafür ein, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass in Schlüsselbereichen Lieferketten diversifiziert und die Chancen der Indopazifik-Region besser und breiter genutzt werden. Bestehende Partnerschaften, insbesondere zu Indien, Japan und der Republik Korea, aber auch den Asean-Mitgliedstaaten werden wir weiter intensivieren und ausbauen.

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