Frankreich: Was macht überhaupt… die Linke?

Seite 3: Die Grenzziehung zwischen Links und Rechts

Eingegrenzt wurden diese Tendenzen dadurch, dass sie die strategische Frage aufwarfen, ob man, verwarf man die Grenzziehung zwischen Links und Rechts als zentrale Kategorie, sich nicht auch mit nationalistischen Rechten gegen die Etablierten verbünden könnte. Mélenchon entschied sich letztlich dafür, diesen Weg nicht zu gehen und eine antifaschistische und antirassistische Komponente beizubehalten, zeitweilig auch zu betonen.

Jene, die innerparteilich einen gegenteiligen Kurs steuerten, wurden 2017/18 zum Teil hinausgedrängt wie George Kuzmanovic und Andrea Kotarac. Kuzmanovic strebt derzeit danach, selbst zur Präsidentschaftswahl anzutreten, dürfte jedoch Mühe haben, die für eine Kandidatur erforderlichen 500 Unterstützungsunterschriften von Mandatsträgern aufzutreiben; er tritt auch als Autor des durch die extreme Rechte beeinflussten Vierteljahresmagazins von Michel Onfray, Front populaire, in Erscheinung.

Andrea Kotarac aber trat 2019 dem rechtsextremen Rassemblement National bei, war einer von dessen Spitzenkandidaten bei der Europaparlamentswahl jenes Jahres und versucht dort auch weiterhin, dem Slogan "Wir sind weder links noch rechts, sondern national" vordergründige Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

Mélenchon bleibt derzeit argumentativ auf halbem Wege zwischen einer Vereinigung der Linken – unter seiner Hegemonie – einerseits, einer Sammlung "des Volkes gegen das Establishment" andererseits. Was die seit einigen Wochen währenden Debatten zwischen anderen etablierten Linksparteien um Versuche zu einer gemeinsamen Kandidatur betrifft, erklärt er sinngemäß, diese beträfen ihn nicht, er lasse sich nicht in einen solchen Sumpf politischer Kalküle hineinziehen.

Am Herumtaktieren zeigte sich diesbezüglich in den letzten Wochen vor allem Anne Hidalgo. Die Kandidatin des PS wurde zunächst durch eine Urabstimmung von Mitgliedern ihrer Partei bestimmt (…während dem amtierenden PS-Chef Olivier Faure zuvor Ambitionen nachgesagt wurde, auf eine Eigenkandidatur der Partei zur Präsidentschaftswahl gänzlich zu verzichten und eine solche der Grünen zu unterstützen). Das war im Oktober 21.

Im Januar dieses Jahres dann richtete Hidalgo überraschend an die französischen Grünen sowie an die frühere Justizministerin unter François Hollande, die Karibikfranzösin Christiane Taubira, das Angebot, sich gemeinsam einer parteiübergreifenden neuen Urwahl zu stellen und nur den Gewinner oder die Gewinnerin ins Rennen gehen zu lassen.

Hintergrund dafür waren die immensen Schwierigkeiten ihres Wahlkampfs, welcher nun wirklich keine Fahrt aufnehmen mochte. Fernsehbildern von leeren Stühlen bei Veranstaltungen und tiefe, tief Umfragewerte wirkten verheerend. Doch die Umweltpartei wie auch Taubira schlugen aus.