IStGH: Israel und die USA machen weiter Druck

Seite 2: Fünf Monate Verzögerung und neue Richter

Und auch die Auswahl der neuen Richter scheint keineswegs zufällig. Zum Beispiel veröffentlichte Hohler 2015 einen Artikel, in dem sie vorschlug, dass Israel nicht durch den IStGH geprüft werden müsse, da das Land "im Allgemeinen ein gut funktionierendes Rechtssystem hat, an dessen Spitze ein angesehenes oberstes Gericht steht."

Und der neue Vorsitzende Richter Guillou kam mit einem ausgeprägten "Anti-Terror"-Profil nach Den Haag. Er diente zuvor als Verbindungsmann zum US-Justizministerium, wo er mit den USA an unter anderem Terrorismusverfolgungen auf dem Höhepunkt des sogenannten US-Kriegs "gegen den Terror" arbeitete.

Nichts davon beweise Unregelmäßigkeiten oder deute auf ein unethisches Verhalten der Richter hin, betont Mohikber. Aber die Meinungen, Erfahrungen und auch Voreingenommenheiten von Richtern hätten Gewicht. Jeder, der ein Gericht beeinflussen wolle, wisse das.

Dramatische Ungleichgewichte in der Strafverfolgung des IStGH

Überdies ist der Ruf des IStGH wegen eines seit seiner Gründung bestehenden, dramatischen Ungleichgewichts in der Strafverfolgung zweifelhaft. Das Gericht hat sich bisher fast ausschließlich auf Verbrechen von Afrikanern konzentriert und auf vermeintliche oder tatsächliche Gegner des Westens.

Doch es geht hier nicht nur um Reputation. Einmischungen wie die Israels und der USA in die Arbeit des IStGH sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern können selbst auch einen Bruch des internationalen Rechts darstellen. Artikel 70 des Römischen Statuts lautet "Straftaten gegen die Rechtspflege" und definiert Verbrechen gegen den IStGH. Dieser kann auch solche Verbrechen verfolgen.

Zu solchen Verbrechen gehören "Behinderung oder Einschüchterung eines Bediensteten des Gerichtshofs oder Beeinflussung desselben durch Vorteilsgewährung mit dem Ziel, ihn zu zwingen oder zu veranlassen, seine Pflichten gar nicht oder nicht ordnungsgemäß wahrzunehmen; sowie "Vergeltungsmaßnahmen gegen einen Bediensteten des Gerichtshofs wegen von ihm oder einem anderen Bediensteten wahrgenommener Pflichten".

Straftaten gegen den IStGH sind justiziabel

Wer solcher Straftaten für schuldig befunden wird, muss mit Haftstrafen von bis zu fünf Jahren rechnen

Umgekehrt ist jeder Vertragsstaat des Römischen Statuts rechtlich verpflichtet, solche Straftaten zu verfolgen, wenn sie von seinen Staatsangehörigen oder auf seinem Territorium begangen werden. Zwar sind die USA und Israel keine Parteien des IStGH, die meisten seiner engsten westlichen Verbündeten allerdings schon.

Zusätzlich sind die Niederlande gemäß einer Gastlandvereinbarung mit dem IStGH verpflichtet, die Sicherheit und den Schutz des Gerichtspersonals zu gewährleisten und das Gericht in Den Haag vor Einmischung zu schützen.

Niederländische Staatsanwälte erwägen bereits rechtliche Schritte gegen hochrangige israelische Geheimdienstbeamte wegen ihres Drucks und ihrer Drohungen gegen IStGH-Beamte in den Palästina-Fällen.

Niederländische Staatsanwälte erwägen bereits rechtliche Schritte

Die Risiken für den IStGH und seine Beschäftigten sind real. Sowohl Israel als auch die USA haben gezeigt, dass sie keinen Respekt vor dem Völkerrecht haben und keine Bedenken haben, das Gericht zu bedrohen oder anderweitig zu korrumpieren.

Und der IStGH selbst hat noch einen langen Weg vor sich, um der Welt zu beweisen, dass er sich seiner mandatierten Rolle der universellen Gerechtigkeit verpflichtet fühlt, statt dem Westen als weiterer verlängerter Arm zu dienen.