Kommt der demografische Winter?
- Kommt der demografische Winter?
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Angesichts schrumpfender Bevölkerungen versuchen viele Länder, höhere Geburtenraten zu erreichen. Doch kann das wirtschaftliche und ökologische Probleme lösen?
Eines ist gewiss. Der demografische Winter mit sinkenden Bevölkerungszahlen kommt: Im Jahr 2019 gab es bereits in 55 Ländern Maßnahmen, die ausdrücklich zur Erhöhung der nationalen Geburtenraten eingeführt wurden.
Zum Beispiel Südkorea, Japan und Italien haben pronatalistische Maßnahmen ergriffen, weil sie hoffen, dass der demografische Winter dadurch aufgehalten werden kann. Solche Maßnahmen reichen von Steuererleichterungen und Wohngeld für Paare mit Kindern, bis hin zu Zuschüssen für Fruchtbarkeitsbehandlungen.
Und wie schon bei der sogenannten Bevölkerungsexplosion werden auch niedrige Geburtenraten als Ursache ganz anderer Probleme wahrgenommen: Sie werden vor allem für verlangsamtes Wirtschaftswachstum und eine Problemen in den Rentenkassen verantwortlich gemacht.
Geburtenraten sind nicht das Problem
Hohe Geburtenraten dagegen müssen traditionell für Ressourcenverknappung und Umweltzerstörung herhalten.
Die Beeinflussung der Geburtenrate ist jedoch ein ineffizientes Mittel zur Lösung sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Probleme, die besser ganz direkt durch Regulierung und vor allem Umverteilung gelöst werden.
Überdies sind Geburtenraten bekanntermaßen nur sehr schwer zu ändern. Bemühungen, sie zu beeinflussen, degenerieren oft zu Zwangsmaßnahmen ‒, auch wenn sie nicht auf diese Weise begonnen haben.
Bevölkerungswachstum bis 2084
Nach dem wahrscheinlichsten Szenario wird die Weltbevölkerung Anfang 2084 mit etwa 10,3 Milliarden Menschen ihren Höhepunkt erreichen. Das sind etwa zwei Milliarden mehr als heute. Danach wird Menschheit voraussichtlich nicht mehr weiterwachsen und bis zum Jahr 2100 auf knapp unter 10,2 Milliarden schrumpfen.
Doch viele Länder sind dieser Entwicklung bereits voraus, und ihnen wird schon für das nächste Jahrzehnt ein Bevölkerungsrückgang vorausgesagt. Dies hat bei vielen Wirtschaftswissenschaftlern Besorgnis über das Wirtschaftswachstum und die Altersversorgung ausgelöst.
Doch diese Pronatalismus-Bewegung ist unserer Meinung nach von Grund auf fehlgeleitet. Sie geht von der Überzeugung aus, dass eine immer größere Bevölkerung erforderlich ist, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, das allein den Einzelnen und die Gemeinschaften aus der Armut herausführen wird.
Pronatalsimus als Schneeballsystem
Ohne direkte staatliche Eingriffe kommt dieser zusätzliche Wohlstand jedoch in der Regel denjenigen zugute, die bereits über ein höheres Einkommen verfügen, was häufig zu Lasten der Arbeitnehmer und Verbraucher geht.
So gesehen ist der Pronatalismus ein Schneeballsystem, dass darauf beruht, dass neue Marktteilnehmer Renditen für vorher eingestiegene Investoren erwirtschaften. Dabei liegt die Hauptlast auf den Frauen, die für den Großteil der Geburten und der Kindererziehung verantwortlich sind, oft ohne angemessene medizinische Versorgung oder bezahlbare Kinderbetreuung.
Bisher wurden ironischerweise hohe Geburtenraten als Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen, während mittlerweile niedrige Geburtenraten dafür herhalten müssen.
Staatliche Eingriffe in die Fortpflanzung
Befürworter der Bemühungen um eine Senkung der Geburtenrate haben auf die positiven Auswirkungen von Familienplanungsdiensten hingewiesen. Kritiker warnen jedoch seit Langem davor, die reproduktive Gesundheitsfürsorge zu instrumentalisieren.
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Denn wenn sie zwecks Verlangsamung des Bevölkerungswachstums angeboten wird und nicht, um die Menschenrechte von Frauen zu wahren, kann sie auch leicht wieder abgeschafft werden, weil das Bevölkerungswachstum als zu langsam erachtet wird. Die Folgen für die betroffenen Frauen sind schwerwiegend.
Da die Menschen jedoch das Recht haben, über ihr reproduktives Leben ‒ also vor allem die Zahl ihrer Kinder und den Abstand zwischen den Geburten ‒ selbst zu bestimmen, müssen Regierungen dieses Recht sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Geburtenraten schützen. Das bedeutet auch, andere Maßnahmen zu ergreifen, um wirtschaftliche und soziale Ziele zu erreichen.
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