Kosmogramm für ferne Intelligenzen
Seite 3: Sekt und Champagner
Nachdem der erste Entwurf der Nachricht ausgearbeitet war, sandte Drake diesen an seinen Freund und Kollegen Carl Sagan, der zu diesem Zeitpunkt in Cornell als Direktor des Universitätslaboratoriums für planetarische Studien weilte. Sagan hatte mit dem Dechiffrieren der Botschaft weniger Probleme als der deutsche Radioastronom Sebastian von Hoerner (1919-2003). "Ich hab es auch mal probiert, doch bald wieder aufgeben müssen", so von Hoerner.
Als das Piktogramm ausgefeilt, die Nachricht sendebereit war und die letzten Arbeiten an der renovierten und modernisierten Reflektorschüssel beendet waren, startete am 16. November 1974 die Party. Während sich die Mittagssonne ihrem höchsten Stand am Taghimmel näherte und die tropische Hitze von Puerto Rico allseits zu spüren war, hieß man die 250 geladenen Gäste mit Sekt und Champagner willkommen, um sogleich zum Showdown überzugehen. Denn unmittelbar nach dem Begrüßungszeremoniell folgte der Höhepunkt der Gala. Doch nicht jeder (verspätete) Besucher kam in den Genuss, die Sendung des Kosmogramms live zu erleben, weil Drake sein Vorhaben im Vorfeld top secret gehandhabt und den Zeitpunkt der Sendung auf die für Partys untypische Zeit von 13.00 Uhr mittags (Ortszeit) terminiert hatte.
10 Bits pro Sekunde
Der frühe Zeitpunkt der Veranstaltung war gezielt gewählt, befand sich doch um 13.00 Uhr der 25.000 Lichtjahre entfernte und aus 300.000 Sternen bestehende Kugelsternhaufen M13 (Sternbild Herkules), den Drake als Zielregion gewählt hatte, genau über Arecibo. Als eine laute Sirene den Anfang der Transmission ankündigte, bewegte sich - für alle Gäste gut sicht- und hörbar - der gewaltige Hängearm der Arecibo-Schüssel und wurde in seine Observationsposition arretiert. Der neue Aluminium-Reflektor ging nach seiner Überholung das erste Mal in Betrieb. Die Übertragung startete. Die 305-Meter-Antenne verrichtete ihr Werk. Die 169 Sekunden lange Nachricht wurde mit einer Sendegeschwindigkeit von 10 Bits pro Sekunde ins All gepulst.
Mit einer Sendeleistung von einer halben Million Watt, die sich in einem Strahl mit einer effektiven Leistung von zirka 20 Trillionen Watt konzentrierte, verabschiedete sich das Bildtelegramm vom Arecibo-Reflektor. Auf einer Grundfrequenz von 2,388 Gigahertz (GHz) respektive einer Wellenlänge von 12,6 Zentimetern entfernte sich das kompakte Radiosignal mit Lichtgeschwindigkeit.
Stark gebündelter Puls
Um die Zuschauer und Zuhörer näher an das Geschehen zu führen, wurde das bei der Sendung aufkommende Übertragungsgeräusch simultan über die Lautsprecher übertragen. "Dann erfüllten die zweistimmigen Töne der Botschaft die Luft wie das Klimpern einer seltsamen Musicalmelodie auf einem gigantischen Synthesizer", beschreibt Drake die Szenerie etwas theatralisch. "Dieses Lied, das so einzigartig und voller Sehnsucht war, bewegte uns tief."
Immerhin gelang es ihm und seinen Team, den energiereichen Strahl dergestalt kompakt zu bündeln, dass sein Durchmesser auf nur zwei Bogenminuten schrumpfte. Hätte jemand den Puls beispielsweise zum Mond gelenkt, hätte dieser nur die Fläche einer der größeren Krater beleuchtet. Und würde die Flaschenpost dereinst den kugelförmigen Sternhaufen M13 und eine dort lebende Zivilisation erreichen, wäre die Radiostrahlung des Signals 10 Millionen Mal stärker als jene, die sie von unserer Sonne empfangen würden.
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