Neue Gentechnik im Essen: Haben Verbraucher bald keine Wahl mehr?

Seite 2: Gentechnik spart keine Pestizide

In Ländern mit hohem Anteil an gentechnisch veränderten Sorten wurde seit deren Einführung vor rund 20 Jahren keinerlei Pestizidreduktion erzielt. So förderten Gentech-Pflanzen den Einsatz von Pestiziden eher, anstatt ihn zu vermindern. So geschehen in Südamerika: Nachdem hier herbizidresistente Genpflanzen ausgesät wurden, vervielfachte sich die Menge an ausgebrachten Pestiziden. Das förderte das Wachstum herbizidresistenter Unkräuter, die schließlich nur durch einen umfangreichen Chemie-Cocktail in Schach gehalten werden konnten.

So hat sich der Pestizidabsatz in Brasilien in den letzten 20 Jahren mehr als vervierfacht. Großkonzerne werden die NGT nutzen, um Saatgut über Patente zu kontrollieren und die landwirtschaftlichen Betriebe von sich abhängig zu machen, befürchtet die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch e. V..

Dies würde zu einer höheren genetischen Uniformität und somit zu höherem Pestizidverbrauch führen. Aber auch bei Genpflanzen gegen Pilze und Krankheiten passen sich die Erreger schnell an Resistenzen an, die auf einem einzigen Gen beruhen, wobei sie diese überwinden.

Genpflanzen sind weder dürretolerant noch lösen sie das Hungerproblem

Auch das Versprechen, dass Genpflanzen besser mit Trockenheit oder versalzenen Böden zurecht kommen, erfüllte sich nicht. Bei näherer Betrachtung angeblicher Vorteile der NGT-Produkte, kam eine Studie der EU von 2021 zu dem Ergebnis, dass in den nächsten fünf Jahren keine NGT-Pflanzen mit Trockentoleranz marktreif sein werden.

Das verwundert nicht. Denn es gibt kein einzelnes Dürre-Gen, das sich an- oder abschalten lässt. Pflanzen haben unterschiedliche Strategien, um mit Trockenheit umzugehen. Wer an einem Gen etwas verändert, bringt ein komplexes System durcheinander und erzielt unerwünschte Effekte, wie zum Beispiel einen geringen Ertrag.

Hartnäckig hält sich auch die Erzählung, Gentechnik helfe, den Hunger zu bekämpfen. Dabei wird mit Hilfe von Genpflanzen derzeit größtenteils Tierfutter, Baumwolle und Energie vom Acker produziert. Diese Produkte wiederum konkurrieren mit der Produktion von Lebensmitteln für lokale Märkte. Zudem ist das Gen-Saatgut für Kleinbauern wegen der zu zahlenden Lizenzen sehr teuer.

Bleibt die versprochene Ernte aus, treibt es die Bauern nicht selten in den kompletten Ruin - so wie in Indien vor knapp zehn Jahren: Hier nahmen sich tausende Bauern das Leben, nachdem sie nur geringe Ernten eingefahren hatten. Etliche Studien machten das teure gentechnisch veränderte Bt-Saatgut dafür verantwortlich.

Es braucht eine deutliche Kennzeichnung

Der derzeitige Vorschlag der EU-Kommission ermögliche, dass große Mengen gentechnisch veränderter Pflanzen ohne vorherige Risikoprüfung auf die Äcker und ohne Kennzeichnung für Verbraucher in die Supermärkte gebracht werden, kritisiert Umweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/DieGrünen).

Vor diesem Hintergrund unterstützten mehr als 60.000 Menschen eine foodwatch-Petition für ein klares "Nein" zu Gentechnik ohne Kennzeichnung. In der Petition, die Ende Juni ans Bundesumweltministerium übergeben wurde, fordert foodwatch die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für Wahlfreiheit beim Thema Gentechnik einzusetzen.

Bei einer aktuellen, von foodwatch initiierten Umfrage sprachen sich 92 Prozent der Befragten dafür aus, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden – unabhängig davon, ob neue Verfahren oder alte Gentechnik angewendet wurde. 96 Prozent sprachen sich für eine Sicherheitsüberprüfung von Pflanzen aus, die mit neuen Verfahren gentechnisch verändert wurden. Ein klares Signal an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), sich in Brüssel für eine lückenlose Gentechnik-Kennzeichnung einzusetzen.