Peinliche IT-Panne: BKA-Technik versagt komplett
Wegen IT-Ausfall beim BKA musste die Bundespolizei Passkontrollen stundenlang manuell durchführen. Die Frage bleibt: War es wirklich nur ein technischer Defekt?
Dass Deutschland und die Digitalisierung keine besonders guten Freunde sind, ist schon länger bekannt. Noch immer scheint es sich da für einige Entscheidungsträger um Neuland zu handeln.
Eine zentralisierte Datenverwaltung ohne dezidierte Fall-Back-Lösung scheint am 3. Januar ab 14.00 die Passkontrollen für Einreisen von Passagieren aus Nicht-Schengen-Staaten aus dem Konzept gebracht zu haben, wie zahlreiche Medien meldeten. Hintergrund waren technische Störungen an Informationssystemen, die das Bundeskriminalamt (BKA) für den polizeilichen Informationsverbund betreibt.
Teilweise wurde auch gemeldet, dass ein Technikausfall bei den Grenzkontrollen an großen deutschen Flughäfen zu massiven Problemen bei der Einreise aus Nicht-Schengen-Staaten geführt habe, was jedoch offensichtlich die Problemlage nicht korrekt beschrieben hatte. Schließlich gibt es an den großen Flughäfen zwar getrennte Schalter für Passagiere mit Pässen der Schengen-Staaten, jedoch keine Unterscheidung nach aktuellem Herkunftsland.
Von der Störung betroffen waren sowohl die Einreisekontrollen durch die Bundespolizei, da diese die vom BKA bereitgestellten Datenbanken wie die Fahndungssysteme nutzt, als auch die Ausreisen in Länder außerhalb des Schengenraums. Diese sind notwendig, da man sicherstellen muss, dass die ausreisenden Passagiere auch ins Zielland einreisen dürfen.
Seit 14 Uhr war es wegen der fehlenden Verfügbarkeit der BKA-Datenbanken zu Beeinträchtigungen gekommen. Daher mussten die Polizeikräfte für die Kontrollen verstärkt werden, da die Bundespolizei Kontrollen händisch durchführen musste. An den Landgrenzen gab es offensichtlich keine Beeinträchtigungen. Zumindest waren der Bundespolizei keine derartigen Störungen bekannt.
Betroffen waren offensichtlich in erster Linie die großen Flughäfen. Dafür gibt es auch eine einleuchtende Erklärung. Die überwiegende Zahl der Passagiere, die bei den kleineren Flugplätzen eintreffen, dürfte aus dem Schengenraum stammen, für diese wurde daher keine erneute Passkontrolle benötigt. Das erklärt auch, dass etwa die Flughäfen Köln/Bonn, Hamburg sowie Leipzig/Halle und Dresden kaum Probleme hatten.
IT-System des Bundeskriminalamtes war ausgefallen
Zu den Problemen bei der Einreise aus und wohl auch bei der Ausreise in die Nicht-Schengen-Welt kam es, weil das für die automatisierte Einreisekontrolle zuständige IT-System nicht funktionierte, wie ein Sprecher der Bundespolizei St. Augustin bestätigte.
Nach BKA-Angaben waren am Freitag technische Störungen an Informationssystemen aufgetreten, die das Bundeskriminalamt für den polizeilichen Informationsverbund betreibt. Andere Quellen bezogen sich auf Aussagen des Bundesinnenministeriums und der Bundespolizei. Mit den jetzt betroffenen Informationssystemen, die das BKA für den polizeilichen Informationsverbund Inpol bereithält, können verschiedene deutsche Polizeibehörden Daten zu Kriminalfällen austauschen.
Konkret scheinen die Probleme beim sogenannten Vorgangsbearbeitungssystem aufgetreten sein, über das beispielsweise laufende Ermittlungsverfahren eingesehen werden könnten. Betroffen war wohl auch das Schengen-System, über das sich Polizeibehörden im Schengenraum untereinander austauschen, sowie ein System zum Verschicken von Briefen zwischen Polizeistellen in Deutschland, unter anderem im Rahmen von Terrorismusbekämpfung. Die Probleme bei der Einreisekontrolle der Bundespolizei wurden der Öffentlichkeit bekannt, weil sich Schlangen bei der Passagierabfertigung bildeten.
Wie das ZDF inzwischen meldete, sei die Störung im Bereich der IT-Netzwerkhardware lokalisiert worden, und die endgültige Beseitigung werde voraussichtlich noch einige Tage in Anspruch nehmen. Auffällig war die Bestimmtheit der zuständigen Behörden, dass es sich nicht um einen der zuletzt häufig zur Begründung von IT-Ausfällen bemühten Hackerangriffe handelte. Es soll sich auch nicht um einen anderen sicherheitsrelevanten Vorfall gehandelt haben.
Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im DBB (DPolG) Heiko Teggatz nutzte die Gelegenheit gegen Innenministerin Nancy Faeser zu schießen und rund 150 Millionen Euro zu reklamieren, die benötigt würden, um die IT-Infrastruktur zu modernisieren. Seit drei Jahren, also seit Beginn der Ampel, würde Faeser für die IT-Infrastruktur der Bundespolizei kein Geld locker machen.
Daher sei das Problem vom 3. Januar "ein absolut hausgemachtes Problem der Bundesinnenministerin und ein Chaos mit Ansage". In welchem Umfang das vorgeblich fehlende Geld für die Technik der Polizei für den Ausfall der Technik beim Bundeskriminalamt verantwortlich sein soll, hatte Teggatz in diesem Zusammenhang nicht erklärt.
Die DPolG blieb mit den Forderungen nach mehr Geld nicht allein. Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ein DGB-Mitglied, Jochen Kopelke betonte, dass die Ursache für Ausfälle solcher Art vorwiegend in den Rechenzentren liege. Es handele sich nicht gerade um die modernsten Rechenzentren, die es so gebe.
Für deren Modernisierung sei in den vergangenen Jahren nicht das nötige Geld investiert worden und man sei an das Thema auch nicht strukturiert herangegangen. Stattdessen fahre man den Betrieb sehr stark hoch, speise zudem sehr viele Daten ein und vernetze die Rechenzentren immer mehr. Dieser Trend mache jetzt Probleme.