Schaden bei Tesla: Dramatisiert der Konzern die Folgen des Anschlags?
Der Produktionsstopp in Grünheide ist kostspielig. Eine neunstellige Schadenssumme ist nachvollziehbar. Aber liegt sie knapp unter einer Milliarde?
Nach dem Anschlag auf die Stromversorgung des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide rechnete der Konzern Anfang der Woche wegen des Produktionsstillstands mit wirtschaftlichen Schäden im "hohen neunstelligen Bereich", weil täglich 1.000 E-Autos unmontiert blieben.
Am Donnerstag hieß es, die Produktion werde noch bis Ende nächster Woche ruhen. Das wären insgesamt zehn oder elf Tage Stillstand.
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Auto-Experte widerspricht: Nur niedriger neunstelliger Schaden?
Der Branchen-Experte und "Auto-Papst" Ferdinand Dudenhöffer geht nicht von einem hohen neunstelligen Betrag aus. Das sei "schon eine hohe Nummer", die nur nachvollziehbar sei, wenn durch den Brandanschlag auf die Stromversorgung sehr hohe Schäden an Maschinen entstanden seien, sagte der Gründer und zeitweilige Direktor des Center for Automotive Research in Bochum der Deutschen Presse-Agentur.
Hängt die Tesla-Schadenssumme von der E-Auto-Marktlage ab?
Der Schaden war aber an einem nahe gelegenen Strommast entstanden. "Der reine Produktionsausfall für eine Woche ist nach meiner Einschätzung nach der derzeitigen Marktlage eher mit Schäden von vielleicht 100 Millionen Euro vergleichbar", so Dudenhöffer. Demnach läge der Schaden auch nach zehn bis elf Tagen noch im niedrigen neunstelligen Bereich.
Dudenhöffer ist allerdings bekanntermaßen kein Freund von Elektroautos und prophezeite erst kürzlich ein Revival der Verbrenner. Nach Medienberichten wurde sein Vertrag vom Center Automotive Research im vergangenen Jahr wegen Meinungsverschiedenheiten nicht verlängert.
Verliert Tesla 250 Millionen pro Woche?
Die Berliner Zeitung hebt heute vor, es müssten nach üblicher Lesart mehr als 500 Millionen Euro pro Woche gemeint sein, wenn sie im hohen neunstelligen Bereich läge: "Angenommen, es sind damit 600 Millionen gemeint, dann würde allein diese eine Tesla-Fabrik pro Jahr 31 Milliarden Euro erwirtschaften."
Wenn durchschnittlich 5.000 Autos pro Woche bei Tesla in Grünheide vom Band rollen, wäre dies bei einem Durchschnittspreis von 50.000 Euro ein potenzieller Ausfall von 250 Millionen Euro für den US-Konzern. Dazu kämen Kosten für jene Teile, die noch in den Maschinen sind und nicht fertig produziert werden können.
Ein dreistelliger Millionenbetrag sei also klar nachvollziehbar, sagte Prof. Stefan Bratzel der Berliner Zeitung. Er lehrt an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach und Chef des Instituts Center of Automotive Management.
"Die Zahlen von Tesla halte ich dann doch für etwas hoch", sagte er. "Um nachvollziehen zu können, warum der Wert stärker in Richtung von einer Milliarde Euro gehen sollte, bräuchten wir noch weitere Infos, woher diese zusätzlichen Kosten kommen."
Polizei stuft Bekennerschreiben als authentisch ein
Das Bekennerschreiben der "Vulkangruppe" auf der Plattform Indymedia hat die Polizei inzwischen als authentisch eingestuft. Die unbekannten Verfasser waren darin sowohl auf schlechte Arbeitsbedingungen als auch auf Umweltaspekte eingegangen. Tenor: Die Fabrik gefährde die Trinkwasserversorgung in der Region.
Beteiligte der Waldbesetzung in der Nähe des Werks, die diese Kritik teilen, hatten allerdings nach eigenen Angaben erst durch Medienberichte von der Sabotage erfahren. Sie äußerten zudem Bedauern darüber, dass auch Privathaushalte von dem Stromausfall betroffen waren.