Sexualstrafrechtsreform: Spanische Regierung vor dem Bruch
- Sexualstrafrechtsreform: Spanische Regierung vor dem Bruch
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Widersprüche prallen stark auch am "Knebel-Gesetz" zur öffentlichen Sicherheit, dem Tierschutz und in der Westsahara-Politik aufeinander. Die Koalitionsregierung scheint am Ende.
Seit vergangenem Herbst ist in Spanien das "Nur Ja heißt Ja"-Gesetz in Kraft. Das hat aber wegen starken Mängeln zu massiven unerwünschten "Nebenwirkungen" geführt. Inzwischen mussten bei fast 400 Sexualstraftätern die Strafen gesenkt und etwa 30 sogar freigelassen werden.
Freigelassen wurde auch ein Täter mit 17 Vergewaltigungen, dem zudem eine hohe Rückfallgefahr bescheinigt wird. Das sorgt nicht nur für großen Unmut in der Gesellschaft, sondern hatte auch für neuen Zwist in der Koalitionsregierung gesorgt.
Definitiv am Ende
Der ist nun darüber eskaliert, dass die Sozialdemokraten (PSOE) nun ohne Absprache mit der zuständigen Ministerin für Gleichstellung eine Reform der Sexualstrafrechtsreform auf den Weg gebracht haben. Darüber ist Irene Montero sehr verärgert, die dem Juniorpartner Unidas Podemos (UP) angehört.
Insgesamt ist durch den einseitigen Vorgang durch die Regierung unter Pedro Sánchez die Koalitionsregierung definitiv am Ende, in der es immer wieder geknirscht und zum Teil massiv gekracht hat. Das gilt genauso für die Waffenlieferungen an die Ukraine und den ausufernden Militärhaushalt wie viele weitere Punkte, wie wir weiter unten noch sehen werden.
Große Fehler
Ein Problem ist, dass das UP-Führungsmitglied nicht einsehen will, dass sie bei der Ausarbeitung des Gesetzes große Fehler gemacht hat. So fehlt zum Beispiel eine Übergangsklausel, um zu verhindern, dass die Neudefinition der Strafmaße einfach auf frühere Urteile angewendet werden müssen.
Da half es wenig, dass Montero und ihr Umfeld Richtern noch kürzlich angesichts des Unmuts auf rechte Richter verwies, die das neue Gesetz "unkorrekt anwenden" würden.
Dagegen verwahrten sich auch progressive Richterverbände und auch die ehemalige Bündnispartnerin Manuela Carmena. Die ehemalige Richterin und Bürgermeisterin von Madrid verweist auf die Verfassung.
Auch Carmena forderte eine Korrektur und warf Montero wegen ihrer Verweigerungshaltung "kindische Arroganz" vor. Denn es müssten die günstigsten Strafmaße angewandt werden.
Starkes Misstrauen
Zur mangelnden Selbstkritik bei Montero und UP gesellt sich aber das starke Misstrauen gegen den Koalitionspartner und das ist auch in der Frage berechtigt. Das Misstrauen hat sich in drei Jahren aufgebaut, in denen die PSOE den Juniorpartner UP am langen Arm verhungern ließ.
UP blieb blass, konnte kaum etwas durchbekam. So klammert sich UP an diesen Erfolg, dass Frauen bei einer Vergewaltigung nun keine Gewaltanwendung mehr nachweisen müssen.
Zu Recht hatte Montero und UP angesichts von PSOE -Vorschlägen befürchtet, dass die PSOE mit der Reform der Reform eine Rolle rückwärts vorhat, da die Partei ohnehin nie richtig hinter der Strafrechtsreform von Montero stand.
Nun ist klar, dass man nicht nur die alten Strafmaße wieder einführen will, sondern auch dahin zurückwill, dass die Opfer wieder im Fokus stehen und nicht die Täter, wie auch die regierungsnahe Internetzeitung "Público" heute titelt.
Es geht der PSOE eben nicht nur darum, "eine Lösung für die ungewollten Effekte" zu bieten, wie die PSOE-Sprecherin Pilar Alegría angekündigt hatte. Dass eine Rückkehr zum alten Modell geplant ist, hat die Justizministerin Pilar Llop bestätigt.
Sie verstieg sich zu der Aussage, dass ein Vergewaltigungsopfer doch einfach "mit einer Verletzung" die Gewaltanwendung "beweisen" könne. Das ist die Rückkehr zum alten Gesetz, dass eine Vergewaltigung nur als solche gewertet wurde, wenn das Opfer die angewendete Gewalt nachweisen konnte.
Die Linkskoalition UP will genau das verhindern und den Kern des Gesetzes erhalten:
Es ist wichtig, jeden Versuch der Rechten zu stoppen, zum alten Modell zurückzukehren, das auf Gewalt und Einschüchterung basiert.
Publico
Montero argumentiert mit Bezug auf Experten, dass eine neue Reform die Strafmaß-Verringerungen gar nicht mehr stoppen könnten, weshalb die Reform unnötig sei. Sie schlägt einen Zehn-Punkte-Plan vor, um den Schutz der Frauen zu verbessern. Eine Entschuldigung für ihre Fehler, für die sie auch von Feministinnen scharf kritisiert wird, vermisst man aber weiter.
Auch dieser Streit zeigt nur, dass Koalitionsregierung längst am Ende ist. Die Angst davor, dass die PP mit Unterstützung der rechtsradikalen Vox bei Neuwahlen das Ruder übernehmen dürfte, wie es in Andalusien oder Kastilien-Leon schon der Fall ist, bleibt präsent.
Dazu kommt, dass das neue linke Projekt "Sumar" noch in den Kinderschuhen steckt und bisher eher spaltet als summiert.