Spanien will Weltmeister bei der Inhaftierung von Musikern bleiben
Nun wurde der Rapper Pablo Hasél inhaftiert, der sich anders als Valtònyc nicht für den Gang ins Exil entschieden hat, um seine Meinungsfreiheit zu wahren. Kommentar
Um die Meinungsfreiheit steht es in Spanien wahrlich nicht gut. Das ist keine Neuigkeit für Telepolis-Leser, da hier immer wieder über Urteile des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs oder über die Inhaftierung von Künstlern berichtet wird.
Spanien ist seit Jahren Weltmeister in diesem Feld der Schikane und steht dabei noch vor dem Iran oder der Türkei. Das Land tut auch unter der sozialdemokratischen Regierung, die sich selbst als "progressivste Regierung der spanischen Geschichte" bezeichnet offenbar alles, um diesen traurigen Spitzenrang nicht zu verlieren.
So hat man am frühen Dienstag nun im katalanischen Lleida auch den Rapper Pablo Rivadulla inhaftieren lassen, der als Pablo Hasél bekannt ist. Denn am Freitag lief seine Frist ab, um die gegen ihn verhängte Haftstrafe freiwillig anzutreten. Doch der kämpferische Hasél wollte sich weder stellen noch wie sein Freund Valtònyc ins sichere belgische Exil, wo man Menschen wie ihn nicht an Spanien ausliefert.
Dutzende Polizisten stürmten deshalb nun die Uni, wo sich der 32-jährige Katalane mit Anhängern eingeschlossen hatte. "Tod dem faschistischen Staat", rief der Künstler bei seiner Verhaftung.
Zwar wird überall erklärt, es handele sich um eine Haftstrafe von neun Monaten. Diese dürfte sich aber deutlich länger hinziehen. Gerechnet wird mit zweieinhalb Jahren, weil er Geldstrafen nicht bezahlt, die dann in eine Haftstrafe umgewandelt werden.
Verurteilt wurde Hasél in einem zweifelhaften Verfahren am Nationalen Gerichtshof in Madrid für drei Vergehen: Beleidigung des Königshauses, Terrorismusverherrlichung und Beleidigung staatlicher Institutionen. Die Strafe aussetzen wollte das Sondergericht nicht, da Hasel an seinem "unsozialen Verhalten festhält".
Den früheren König hatte Hasel immer wieder als "Dieb", "Mafioso" oder "Schmarotzer" bezeichnet. Juan Carlos ist inzwischen aus Spanien geflohen; mittlerweile hat er sogar Steuerbetrug eingeräumt. In der Schweiz, wo er keine "Unantastbarkeit" genießt, wird gegen ihn ermittelt - wegen Korruption und Geldwäsche.
Wie man Organisationen wie die Grapo verherrlichen kann, die es seit vielen Jahren nicht mehr gibt, ist auch zweifelhaft. Man muss auch nicht gut finden, dass Hasél meinte, der Bürgermeister Lleidas habe "einen Schuss" verdient.
Es wird aber absurd, einen Musiker dafür zu verurteilen, wenn gleichzeitig gegen hochrangige Militärs nicht ermittelt wird, die davon träumen, "26 Millionen Hurensöhne" an die Wand zu stellen, darunter auch die gesamte "Sippschaft" der sozialdemokratischen Regierung.
Das Recht auf Meinungsfreiheit
Auf breiter Front hatten sich vor der Inhaftierung Musiker, Schauspieler, Journalisten, Schriftsteller und Künstler aller Art mit diversen Manifesten für die Freiheit von Hasel ausgesprochen. Auch der bekannte Filmemacher Pedro Almodovar, die Schauspieler Javier Bardem oder Willy Toledo haben die "Verfolgung von Rappern, Twitterern, Journalisten und Vertretern der Kultur" angeprangert, "weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit auszuüben versuchen".
Das sei längst eine Konstante in Spanien, kritisieren sie und vergleichen Spanien mit Marokko und der Türkei und fordern wie zahlreiche internationale Organisationen eine Strafrechtsreform, um die Meinungsfreiheit zu sichern. Sowohl die Sozialdemokraten (PSOE) als auch die Linkskoalition Unidas Podemos (UP), die gemeinsam seit einem Jahr regieren, hatten versprochen, das Maulkorbgesetz zu streichen, auf dessen Basis der Rapper verurteilt und inhaftiert wurde. Passiert ist nichts.
Vor den Wahlen in Katalonien am vergangenen Sonntag hatte die Koalitionsregierung eine Prüfung des Gesetzes angekündigt. Geprüft werden soll, Gefängnisstrafen für Vergehen abzuschaffen, die die Meinungsfreiheit berühren. Der Rapper hatte diesen Vorstoß als Maßnahme bezeichnet, die demobilisieren soll, da angesichts seines Falls im ganzen Land protestiert wird. Das Ziel sei, sich mit "Versprechen" erneut "reinzuwaschen", dabei habe man das Maulkorbgesetz sogar ausgeweitet.
Es ist peinlich für die "Linksregierung", dass sie es bisher nicht einmal geschafft hat, ein Gesetz zu reformieren, das sogar spanische Richtervereinigungen und die New York Times an die "finsteren Tage" der Franco-Diktatur erinnert. Auch UNO-Experten kritisierten das Gesetz scharf, da zahlreiche Vorgänge als "Terrorismus" definiert werden und zu einer "unverhältnismäßigen Einschränkungen bei der Ausübung der Meinungsfreiheit führen können".