USA: Importstopp für russisches Öl, Gas und Kohle
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Biden will nun Öl in Venezuela oder Iran kaufen, um Preissteigerungen zu begrenzen, die in Europa explodieren
"Das amerikanische Volk wird der Kriegsmaschinerie Putins einen weiteren schweren Schlag versetzen", hat US-Präsident Joe Biden am späten Dienstag im Weißen Haus erklärt. Er kündigte im Alleingang einen Importstopp für russisches Öl, Gas und Kohle an, der nur von Großbritannien teilweise sekundiert wird. Eine entsprechende Verfügung, welche die "Hauptschlagader der russischen Wirtschaft" treffen soll, hat Biden unterzeichnet.
"Wir verbieten alle Importe von russischem Öl und Gas", sagte Biden auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus. "Das bedeutet, dass russisches Öl nicht mehr in US-Häfen angenommen werden kann", führte der US-Präsident aus.
Biden hat sich in der Frage mit den Verbündeten in Europa abgestimmt, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck derweil bestätigt hat. Man wisse in Washington aber, "dass viele unserer europäischen Verbündeten und Partner möglicherweise nicht in der Lage sein werden, die gleichen Schritte zu gehen", fügte der US-Präsident an. "Wir können also diesen Schritt unternehmen, wenn andere es nicht können."
Man arbeite eng mit den Partnern zusammen, "um eine langfristige Strategie zu entwickeln, die auch ihre Abhängigkeit von russischer Energie verringert", kündigte Biden an. Er hat dabei natürlich die Flüssiggas-Lieferungen aus den USA im Blick, die auf immer neue Rekorde klettern.
Gestiegene Gaspreise: USA profitieren
Die USA profitieren enorm von den extrem gestiegenen Gaspreisen. "Die USA bereiten sich auf das große Geschäft mit den Gas-Importen vor", berichtet die spanische Wirtschaftszeitung El Economista und rechnet vor, dass das US-Gas 40 Prozent teurer als russisches Gas ist.
Deutschland wird sich dem US-Importstopp jedenfalls nicht anschließen. Es gebe auch keine entsprechenden Forderungen aus Washington, sagte der Bundeswirtschaftsminister Habeck. "Nichts ist ausgeschlossen", sagte Habeck aber im ARD-Brennpunkt zu der Frage, ob Russland seinerseits die Energielieferungen nach Europa als Reaktion stoppen könnte.
Habeck hält zwar die Einstellung russischer Gaslieferungen nicht für sonderlich realistisch, doch regiere in Russland "offensichtlich nicht mehr die Vernunft". Entscheidungen würden stattdessen von Emotionen getroffen, meinte Habeck.
Dabei bezog sich der Bundeswirtschaftsminister unter anderem darauf, dass die russische Regierung seit Beginn der Invasion in der Ukraine erstmals auch offen einen Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 angedroht hatte.
Drohung eines Gas-Embargos über Nord Stream 1
"Wir haben das volle Recht, eine 'spiegelgerechte' Entscheidung zu treffen und ein Embargo auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1 zu verhängen, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist", sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak – mit deutlichem Bezug darauf, dass Nord Stream 2 durch die Bundesregierung auf Eis gelegt worden war.
Nowak hatte aber angefügt, dass man diesen Trumpf (noch) nicht zu ziehen gedenkt. "Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei", sagte er. Allerdings sehe sich Russland inzwischen durch die europäischen Politiker und ihre Anschuldigungen in diese Richtung gestoßen.
Durch die Eskalation in der Sanktionspolitik wird sich Russland aber sicher noch stärker in die Richtung gestoßen fühlen, seinerseits wegen der Eskalation gegen Europa die extreme Energieabhängigkeit zu nutzen.
"Europa verbraucht heute 500 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, 40 Prozent davon sichert Russland", führte Nowak drohend aus. Allein über Nord Stream 1 liefen 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Er betonte allerdings, dass Russland bisher über alle Krisen hinweg Land stets zuverlässig geliefert habe, derzeit sogar weiter Gas durch die Ukraine nach Europa leite.
Habeck warnt vor schweren Folgen
Habeck warnte seinerseits nun vor dramatischen, wirtschaftlichen Folgen, die mit einem russischen Energieembargo einhergehen würden. War das nun das erste ein Eingeständnis dessen, dass seine ursprünglichen Aussagen, wonach Deutschland "versorgungssicher" sei, schönfärberische und irrige "Regierungspropaganda" waren?
Denn Habeck weiß, dass ungefähr 55 Prozent des Erdgases aus russischen Quellen kommen. So räumte der Vizekanzler nun auch ein, dass man in der EU besonders mit Ölimporten aus Russland die Kriegskasse von Putin weiterhin gut fülle.
Aber wenn die Lieferketten reißen würden, "dann reden wir nicht über autofreie Sonntage oder so etwas, sondern dann reden wir über schwere Schädigungen des wirtschaftlichen Kreislaufs, über Arbeitslosigkeit, über große gesellschaftliche Schäden", gestand Habeck die große Energieabhängigkeit von Russland ein.
Europäische Ausnahme: Großbritannien
So ist es also keine wirkliche Überraschung, wenn in Europa mit Ausnahme Großbritanniens keiner die Biden-Maßnahme sekundieren will. Und: Großbritannien will seine Öl-Importe aus Russland bis Ende 2022 senken und erst dann kein Öl mehr von dort mehr importieren, wie der britische Premierminister Boris Johnson ankündigte.
Johnson kopierte die Biden-Aussage und sprach vom "schweren Schlag gegen das Putin-Regime". Ein Einfuhrstopp für russisches Gas wird dagegen in Großbritannien derzeit nur geprüft und steht somit nicht auf der Tagesordnung, obwohl die Einfuhren nur etwa vier Prozent der britischen Versorgung ausmachen.
Anders als in den USA, wo der Importstopp umgehend in Kraft tritt - nur für bereits unterzeichnete Lieferverträge soll eine Abwicklungsperiode von 45 Tagen gelten -, will Großbritannien sich auch erst bis 2023 für einen Stopp der Ölimporte Zeit lassen. Johnson gesteht zudem ein, dass "Großbritannien weniger abhängig" von russischem Öl sei als andere europäische Länder.
"Aber natürlich haben wir Diesel, der aus Russland kommt und das können wir nicht über Nacht ändern", erklärte er sein Vorgehen. Nach Angaben des britischen Wirtschaftsministers Kwasi Kwarteng soll die Übergangsphase "dem Markt, Unternehmen und Lieferketten mehr als genug Zeit geben, um russische Importe zu ersetzen".
Man kann allein an diesen Beispielen sehen, dass die Sanktionsmaßnahmen je nach Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland sehr unterschiedlich ausfallen. Nach britischen Angaben bezieht das Königreich etwa 13 Prozent seines Diesels aus russischen Quellen, während kein Rohöl aus Russland importiert werde. In den USA ist die Abhängigkeit noch geringer. Der mit Abstand weltgrößte Produzent von Öl und Gas bezieht kein Gas aus Russland.
Nach Angaben der US-Energieinformationsbehörde (EIA) stand Russland an dritter Stelle bei Einfuhren von Rohöl und Erdölprodukten in die USA. Mehr wurden dagegen aus Kanada und Mexiko importiert. Die Einfuhren aus Russland hatten ein Volumen von knapp 700.000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag. Das machte etwa acht Prozent aller US-Importe bei diesen Produkten aus.
Ganz anders sieht das zum Beispiel in Deutschland aus. Der Anteil russischer Importe an den Rohöleinfuhren nach Deutschland liegt nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bei rund 35 Prozent und bei Gas ist die Abhängigkeit bekanntlich noch deutlich höher. Dazu kommt auch noch die Steinkohle. Etwa die Hälfte importiert Deutschland aus Russland.