Vom Chaos, der Virtuellen Realität und der Endophysik
Seite 4: Konstruktion einer virtuellen Welt
- Vom Chaos, der Virtuellen Realität und der Endophysik
- Die Karamelmaschine, das Chaos und die Position des Beobachters
- Die Welt von innen und von außen
- Konstruktion einer virtuellen Welt
- Endophysik und das cartesianische Experiment
- Descates oder Physik und Fairneß
- Der cartesianische Dualismus
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Man baut also eine Welt mit bestimmten Gegenständen und Leuten, die in dieser Welt interagieren. Das ist eine virtuelle Realität ...
RÖSSLER: Ja, wobei man aber ein bißchen darauf achten muß - um mit unserer Welt parallel zu bleiben -, daß dies reversibel ist. Das erscheint mir sehr wichtig. Wir hatten das Chaos erwähnt, ich hätte auch vom "reversiblen" Chaos sprechen müssen. Das ist der Karamelmischer.
Die Welt muß so genau gebaut sein, daß nichts verloren geht, wenn man von einem Zustand zum nächsten geht. Das ist etwas Technisches. Man kann beispielsweise mit einem Computer ein Gehirn modellieren. Aber das ist nicht das, was ich verlange. Der Computer ist ein dissipatives System, d.h. er ist nicht sehr fein konstruiert, er hat einige grobe Zustände wie ein Neuron. In unserer Welt aber ist das Neuron selbst wieder aus einer riesigen Zahl sehr kleiner Teilchen aufgebaut. Es ist eine dissipative Struktur. Ich meine, man braucht eine molekulardynamische oder eine molekulardynamisch simulierte Welt.
In Los Alamos ist 1957 diese Technik der virtuellen Realität erfunden worden, durch die man kleine Billiardkügelchen interagieren lassen kann, wobei man 100 Millionen benötigt, um letztendlich ein kleines Stück Nervenmembran zu simulieren. Im Computer ist das recht aufwendig. Wenn es Chaos in dieser transfiniten Akkuratheit gibt, von der wir vorhin sprachen, dann würde sich das auf diese Mikrowelt beziehen, und nur für einen Beobachter, der so genau aus ganz vielen, ganz kleinen Teilchen und mit einer reversiblen Dynamik aufgebaut ist, gelten diese merkwürdigen Interface-Verzerrungen, von denen wir gesprochen haben. Das gilt nicht, wenn wir eine Simulation eines Gehirnmodells machen, das genauso grob ist, wie unsere makroskopischen Vorstellungen vom Gehirn.
Wir haben im Computer eine virtuelle Welt gebaut. Wir sind deren Programmierer, die beobachten, was die virtuellen Menschen da drin machen. Wir können sehen, sie haben Erkenntnisse aufgrund eines bestimmten Interface. Dadurch haben sie für uns eine von ihnen erzeugte Welt. Aber welche Schlüsse können wir daraus für unsere Welt ziehen? Es ist ja doch auch wieder eine andere Welt, in der wir nicht sind, auch wenn wir sie von außen beobachten können.
RÖSSLER: Wir haben dadurch die Möglichkeit zu verstehen, wie sich für diese Endo-Wesen die objektive Welt verzerrt. Wir haben den Exo-Zugang und wir können gleichzeitig ihren Endo-Zugang verstehen, weil das eine Kunstwelt ist. Wir können während der Beobachtung auf einmal sehen, wie diese Menschen an Grenzen stoßen.
Wenn wir nett sind und das Bedürfnis empfinden, können wir ihnen Tips geben. Wir könnten ihnen beispielsweise sagen, wenn du da drin an dieser Stelle nach dem gucken würdest, dann würdest du eine Überraschung erleben. Das würde dir beweisen, daß die Realität, die du zu haben glaubst, nicht die wirkliche Realität ist, von der wir wissen, daß sie dahintersteht. Dieser Tip, den man den Leuten geben kann, läßt sich analog auf unsere Welt übertragen. Man kann sich fragen, was wäre, wenn ich so einen Tip bekäme. Leider kann man allerdings sehr viele solcher Kunstwelten bauen, wobei man jeweils andere Tips braucht.