Von der Leyens 100-Tage-Plan: Sieben Ziele, viele Fragen

Ursula von der Leyen. Bild: Alexandros Michailidis, Shutterstock.com

Von der Leyen präsentiert 100-Tage-Plan. Sieben politische Ziele sollen Europa voranbringen. Doch Experten zweifeln: Sind ihre Vorhaben wirklich umsetzbar?

Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, hat sich für ihre ersten 100 Tage im Amt ein ehrgeiziges Programm vorgenommen. In einer Zeit, in der Europa mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischen Herausforderungen zu kämpfen hat, verspricht sie große Schritte in sieben verschiedenen Politikfeldern.

Doch wie realistisch sind ihre Pläne und was bedeuten sie konkret? Das fragt das US-Nachrichtenmagazin Politico in einem aktuellen Bericht – und kommt zu teils wenig schmeichelhaften Rückschlüssen.

Ein neuer Deal für die Industrie

Von der Leyen möchte einen "Clean Industrial Deal" auf den Weg bringen, um europäische Unternehmen im Wettbewerb zu stärken und sie auf den Weg zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu führen. Experten von Politico zufolge könnte dies den Unternehmen helfen, sich durch vereinfachte Vorschriften und den Zugang zu günstiger, nachhaltiger Energie zu behaupten.

Eine Herausforderung wird jedoch die Finanzierung sein, da die EU-Mitgliedstaaten wenig Bereitschaft zeigen, dafür tief in die Tasche zu greifen.

Cybersicherheit im Gesundheitswesen

Angesichts zunehmender Cyberangriffe auf das Gesundheitswesen plant von der Leyen einen europäischen Aktionsplan zur Verbesserung der Cybersicherheit von Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern. Dies ist besonders wichtig, da Krankenhäuser aufgrund der potenziellen Folgen eines Angriffs ein bevorzugtes Ziel von Hackern sind.

Die Umsetzung könnte jedoch aufgrund begrenzter Ressourcen öffentlicher Krankenhäuser und der Kosten für private Anbieter schwierig werden.

KI-Fabriken für Startups

Die "AI Factories Initiative" zielt darauf ab, EU-Startups Zugang zu Supercomputern zu verschaffen, um mit amerikanischen und chinesischen Unternehmen in der boomenden KI-Branche mithalten zu können.

Dieser Plan ist Teil eines Pakets, das die Kommission bereits vorgestellt hat, und dürfte nicht besonders umstritten sein.

Weißbuch zur Verteidigung

Die Kommission will ein Weißbuch zur Zukunft der europäischen Verteidigung präsentieren, das die Debatte über die Stärkung der EU-Verteidigungsindustrie und gemeinsame Beschaffungen anregen soll.

Die Finanzierung wird dabei eine entscheidende Rolle spielen, und es ist unklar, ob EU-Gelder nur an EU-Verteidigungsunternehmen gehen sollten.

Vision für Landwirtschaft und Ernährung

Nach Protesten von Landwirten kündigte von der Leyen eine "Vision for Agriculture and Food" an, welche die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Agrarsektors gewährleisten soll.

Die Herausforderung besteht darin, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und ein Gleichgewicht zwischen Anreizen, Investitionen und Regulierung zu finden.

Dialoge zur Jugendpolitik

Von der Leyen will, dass alle Kommissare innerhalb der ersten 100 Tage jährliche Jugendpolitik-Dialoge führen, um den jungen Menschen in Europa mehr Mitsprache zu ermöglichen.

Ob diese Dialoge tatsächlich zu verbindlichen politischen Vorschlägen führen werden, bleibt abzuwarten.

Erweiterungspolitik-Überprüfung

Im Zuge der Überlegungen zur Erweiterung der EU-Mitgliedschaft um die Ukraine und Moldawien hat von der Leyen Überprüfungen der Vorerweiterungspolitik in verschiedenen Sektoren angeordnet. Die größten Kontroversen könnten sich um die Einzelmarkt-, Agrar- und Kohäsionspolitik drehen.

Insgesamt stehen die Chancen gut, dass von der Leyen die ersten Schritte in Richtung ihrer Ziele umsetzen kann. Die eigentliche Herausforderung wird jedoch darin bestehen, diese ersten Entwürfe in langfristige Veränderungen umzuwandeln, so Politico.