Warum die Krisenpolitik der Bundesregierung besser ist als ihr Ruf

Seite 4: Annalena Baerbock – mit klarer Sprache und konsequentem Handeln

Annalena Baerbock, die Bundesministerin des Äußeren, unterscheidet sich angenehm von dem sich in diplomatischen Floskeln äußernden und oftmals indifferenten Vorgänger. Sie hat früher als mancher andere Außenpolitiker die Gefährlichkeit der gegenwärtigen russischen Regierung erkannt und die innerstaatliche Repression des Putin-Regimes sowie die vor dem Ukraine-Krieg durch das russische Militär vorgenommenen Völkerrechtsverletzungen ungeschönt kritisiert. Wie recht sie damit hatte!

Von interessierter Seite wird ihr vorgeworfen, sie würde die Fehler der Nato sowie die eigentliche Friedensabsicht der russischen Regierung nicht erkennen und sie und Ihresgleichen seien eigentlich die Kriegstreiber und hätten die russische Aggression erst selbst verursacht.

Hier werden Ursache und Folge miteinander vertauscht und dies ähnelt doch sehr stark der Argumentation der russischen Regierung. Die Friedensbewegung müsste sich hier deutlich von derartigen Fehleinschätzungen distanzieren, wenn sie glaubhaft bleiben (bzw. werden) will. Sicherlich haben die USA und die Nato auch völkerrechtswidrige Maßnahmen in der Vergangenheit vorgenommen.

Weltweite Demonstrationen gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine (21 Bilder)

Washington, D.C. am 6. März. Bild: Frypie / CC-BY-SA-4.0

Die Luftwaffenangriffe der Nato im Jugoslawienkrieg oder der Angriff eines Militärbündnisses unter der Führung der USA auf den Irak im 3. Golfkrieg, die ohne die Zustimmung der UN vorgenommen wurden, sind Beispiele hierfür. Dennoch muss doch der prioritäre Adressat der gegenwärtigen Kritik das russische Regime und damit der unzweifelhafte Aggressor und die brutal Krieg führende Macht sein und nicht die Nato.

Verständnis für Putins Regierung zu entwickeln, die sich angeblich von ehemaligen Ostblockstaaten bedroht fühlt, die aus eigenem Entschluss der Nato beigetreten sind, ist verfehlt und abwegig. Dies ist ein völkerrechtlich zulässiger Beschluss souveräner Regierungen und kein Grund, einen Nachbarstaat derart barbarisch zu überfallen, dessen Menschen zu massakrieren, die man vorher als "Brudervolk" bezeichnet hatte.

Wer diese Verschiebung in der Argumentation mitmacht, arbeitet Putin in die Hände und kann sich eigentlich nicht als Teil einer Friedensbewegung ausgeben. Annalena Baerbock ist es zu verdanken, dass sie sich nicht von Putin, Lawrow und Co. hat einwickeln lassen und immer deutlich gemacht hat, wem sie sich im Regierungsauftrag verpflichtet fühlt. Dennoch wehrt sie sich auch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt über den Versuch der ukrainischen Regierung, Deutschland, die EU sowie die Nato als aktive Kriegsparteien in den Krieg mit Russland hineinzuziehen.4

Auch ihr ist die Gefahr des drohenden (nuklearen) Weltkrieges bewusst, so dass sie neben der Entwicklung der eigenen Verteidigungsfähigkeit und der Unterstützung der Ukraine mit Waffen immer wieder deutlich macht, dass letztlich vor allem Verhandlungen zwischen den beteiligten Akteuren in den vorhandenen Institutionen und Formaten eine Lösung bringen können. Hoffentlich stellt ihre Forderung nach der Lieferung auch schwerer Waffen, d.h. auch möglicherweise Angriffswaffen, kein Bruch mit der bisherigen Haltung dar.

Fazit: In der Kritik des Regierungshandelns Augenmaß bewahren

Dem Autor ist klar, dass jetzt viele Kommentatoren, die andere Auffassungen vertreten, sich genötigt fühlen werden, die hier vorgenommenen Einschätzungen heftig zu kritisieren. Aber vielleicht gibt es auch Unterstützung und weitere Argumente durch den einen oder anderen Foristen, der dies ähnlich sieht. Auch diese Positionen würden den Autor interessieren.

Die gegenwärtige Bundesregierung hat sich in ihrem bisherigen politischen Handeln als äußerst verantwortungsvoll gezeigt. Am Beispiel dreier politischer Führungspersönlichkeiten – Scholz, Habeck, Baerbock – wurden deren Leistungen einer zusammenfassenden Würdigung unterzogen.

Es wurde m.E. nach deutlich, dass sie im Bewusstsein einer Verantwortung für das Übergeordnete und mit dem Blick auf das gesellschaftliche Ganze zu handeln in der Lage sind. Es ist allerdings nicht gesagt, wie lange sie dem Druck eines Teils der bürgerlichen Medien aber auch oppositioneller Kräfte standhalten können.

Daher sollte sich jeder, der sich in der Öffentlichkeit äußert, darüber nachdenken, welche Konsequenzen diese Äußerungen haben könnten. Sollte man nicht in schwierigen Zeiten hinter denen stehen – und zwar durchaus kritisch-konstruktiv –, die um eine verantwortliche Politik ringen, die uns unter vollem Einsatz ihrer Kräfte sowohl von einem Hineingezogen-werden in einen immer weitere Kreise ziehenden militärischen Konflikt als auch vor dem Ausgeliefert-sein vor der Klimakrise bewahren wollen?

Über allen Äußerungen und Maßnahmen sollte der derzeit wieder sehr aktuelle spätmittelalterliche Sinnspruch stehen5:

Was du auch tust, tue es klug und bedenke das Ende.