Was uns die Covid-19-Daten sagen – und was nicht
Seite 3: Zeitliche Vergleichbarkeit der Fallzahlen
- Was uns die Covid-19-Daten sagen – und was nicht
- Erkrankungsbeginn
- Zeitliche Vergleichbarkeit der Fallzahlen
- Sieben-Tage-Inzidenz
- Intensivstationen
- Möglichkeiten, saubere Zahlen zu erhalten
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Die veränderte Teststrategie mit der deutlichen Aufstockung der Testkapazitäten hat zur Folge, dass die zeitliche Vergleichbarkeit kaum möglich ist. Wenn die Testkapazitäten zu Beginn massiv ausgebaut werden und nur symptomatische Personen mit einem weiteren Risikomerkmal getestet werden, später aber auch viele asymptomatische Personen, führt das zu einer veränderten Vortestwahrscheinlichkeit. Die Vortestwahrscheinlichkeit besagt, wie wahrscheinlich ein Test positiv ausfällt, bevor der Test durchgeführt wurde.
Wenn man Symptome aufweist und zusätzlich Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person hatte, ist eine höhere Vortestwahrscheinlichkeit gegeben, als wenn man ohne Symptome und ohne Risikobegegnung einen PCR-Test durchführt. Ohne Frage ein Vorteil, weil dadurch das Dunkelfeld aufgehellt wird. Es bringt aber eben den Nachteil der fehlenden Vergleichbarkeit mit sich. Das führt im Übrigen auch dazu, dass ein Vergleich der Sieben-Tage-Inzidenz über die Zeit nicht möglich ist, worauf später noch eingegangen wird (siehe Abschnitt "Sieben-Tage-Inzidenz").
Seit Anfang März 2021 steigen die gemeldeten Fallzahlen wieder. Selbstverständlich kann das daran liegen, dass eine dritte Welle auf uns zurollt. Aber kann es auch einen anderen Grund dafür geben? Was hat sich seit Anfang März im Gegensatz zurzeit davor geändert?
Seit dieser Zeit werden massiv Tests mittels Schnelltests durchgeführt. Jeder kann nun in Discountern und Drogeriemärkten Schnelltests kaufen und sich selbst testen. Dass davon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde, kann den in kürzester Zeit berichteten Ausverkäufen der Schnelltests abgelesen werden.
Zusätzlich gibt es mittlerweile immer mehr Testzentren, in denen man sich kostenlos mittels Schnelltest testen lassen kann. Auch in Schulen und Kindergärten werden Lehrer und Erzieher nun standardmäßig regelmäßig getestet - bei uns zweimal die Woche - und auch die Schul- und Kitakinder können regelmäßig getestet werden. Auch das führt selbstverständlich zu einer Aufhellung des Dunkelfeldes. Aber es führt auch zu einer fehlenden Vergleichbarkeit der Fallzahlen.
Nun werden in regelmäßigen Abständen symptomlose Personen getestet. Fällt ein Schnelltest positiv aus, wird dieser Schnelltest mittels eines PCR-Test verifiziert oder auch falsifiziert. Eine Person, bei der ein PCR-Test durchgeführt wird, bei der zuvor ein Schnelltest positiv ausgefallen ist, besitzt jedoch eine deutlich höhere Vortestwahrscheinlichkeit. Durch den positiven Schnelltest ist es sehr wahrscheinlich, dass auch der PCR-Test positiv ausfallen wird.
Man könnte zunächst davon ausgehen, dass man anhand des Positivenanteils bei den durchgeführten PCR-Tests ablesen kann, ob mehr Menschen infiziert sind als eine Woche zuvor. Da aber mehr der durchgeführten PCR-Tests mit Personen durchgeführt werden, bei denen zuvor auch ein Schnelltest positiv war, steigt auch die zu erwartende Vortestwahrscheinlichkeit.
Der Positivenanteil kann ebenfalls steigen, ohne dass sich an der Lage etwas geändert hat. Natürlich kann sich tatsächlich die Lage geändert haben und es können mehr Personen infiziert sein. Aus den gemeldeten Fallzahlen kann es aber nicht verlässlich abgelesen werden. Eine Statistik, wie viele Schnelltests durchgeführt wurden, existiert dabei nicht.
Veränderte Altersstruktur bei positiv Getesteten
Es wurde berichtet, dass die Fallzahlen gerade bei den Jüngeren gestiegen sind. Das ist auch nicht verwunderlich. Wenn nun regelmäßig die junge Bevölkerung – Lehrer, Kita-Personal, Schüler und Kitakinder – anlasslos, weil symptomlos, getestet werden, und gerade junge Personen häufig asymptomatisch infiziert sind, werden nun gerade junge Menschen als infiziert gemeldet, die ohne diese Schnelltests nicht festgestellt worden wären.
Damit steigen automatisch gerade die Fallzahlen der jüngeren Bevölkerung an. Auch durch Schulöffnungen kann diese Beobachtung aufgetreten sein. Mit den vorliegenden Zahlen kann dies aufgrund des geänderten Testverhaltens jedoch nicht verlässlich gezeigt werden. Hierzu bedarf es einer anderen Untersuchungsmethode.
Eine Möglichkeit zur Ausweitung der Teststrategie sieht vor, dass jeder Arbeitgeber seinen Angestellten Schnelltests zur Verfügung stellen soll. Der Gedanke dahinter, das Dunkelfeld aufzuhellen, ist nachvollziehbar. Man darf dann aber nicht den Fehler machen, sich zu erschrecken, weil die Fallzahlen steigen. Das ist normal, wenn das Dunkelfeld aufgehellt wird. Es heißt aber nicht, dass sich etwas an der Lage geändert haben muss. Wie nun unter der gegebenen Situation dennoch verlässlich die aktuelle Lage eingeschätzt werden kann, werde ich im weiteren Verlauf noch darlegen.
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