Wen greift die Bush-Regierung als nächstes an?

Die Future-Börse zur Vorhersage von Terroranschlägen und Kriegen wurde zwar geschlossen, dafür haben nun Bush-Kritiker das Projekt auf ihre Weise übernommen

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Die von der Darpa, der Forschungsabteilung des Pentagon, entwickelte Wettbörse zur Vorhersage von Konflikten und Terroranschlägen war im politischen Kontext höchst zynisch, weswegen sie auch nach Bekanntwerden der Einzelheiten schnell abgeblasen wurde und der dafür verantwortliche Ex-Admiral, Bush-Günstling und Skandalexperte Poindexter "freiwillig" seinen Hut nimmt (Das Pentagon darf doch keine Wetten auf Terroranschläge veranstalten). So abwegig, wenn auch politisch unkorrekt, war allerdings diese Form der Zukunftsforschung gar nicht, zumindest scheint die Vorstellung so überzeugend gewesen zu sein, dass nun Bush-Kritiker halb ironisch, halb ernst die Idee aufgegriffen haben.

Im Rahmen des Poindexter-Projekts Terrorist Information Awareness (TIA), einer möglichst umfassend angelegten Datenbank, die mit neuen Data-Mining-Programmen auffälliges Verhalten entdecken soll, wurde auch das FutureMAP-Programm (Future Markets Applied to Prediction) entwickelt, das mit marktbasierten Methoden Möglichkeiten der Vorhersage erlauben soll. Nur als erster Schritt war die Börse "Policy Analysis Market" (PAM) gedacht, um hier auf Vorhersagen von Terroranschlägen setzen und damit Geld machen (oder verlieren) zu können. Bewerbungen wären weltweit entgegen genommen worden. Die Darpa hätte die Börse - oder das Glücksspiel - zusammen mit der Economist Intelligence Unit der Economist Group, die die Zeitschrift The Economist herausgibt, und Net Exchange betrieben (Future-Börse für Terroranschläge).

Vermutlich dürfte nach dem schnellen Verschwinden der Börse niemand sich besonders um das Copyright auf die grafisch sehr bescheidene Gestaltung der Website kümmern. Die wurde nach dem Eklat schnell vom Netz genommen, allerdings hatten vorausschauende Internetbenutzer sie bereits vollständig kopiert. Für die Bush-Kritiker war es also einfach, sich der Dateien zu bedienen und nur ein wenig die Formulierungen der neuen Absicht anzupassen. Heraus kam dabei AmericanActionMarket.org (AAM).

Die Betreiber der Website verweisen auf die Future-Börse des Pentagon zur Vorhersage von Terrorismus, Anschlägen und Krieg und erklären, sie würden die hier entwickelte Technik verfeinern, um sich den "zwei wichtigsten Fragen, mit denen die Welt heute konfrontiert ist", zu widmen. Die Fragen sind, was die US-Regierung als nächsten Schritt unternehmen wird und was das gegenwärtige Verhalten der US-Regierung bestimmt. So sollen in Analogie zu den Futures von PAM bei AAM Voraussagen darüber gemacht werden, welche Lüge des Weißen Hauses als nächstes auftauchen wird, welches Land als nächstes von der US-Regierung bedroht wird, welcher ausländische Führungspersönlichkeit als nächste von der Gehaltsliste des CIA auf die "Most Wanted"-Liste des Weißen Hauses rutschen wird oder welche Lebenszeit Darpa-Projekte haben.

Zudem wollen die Betreiber andere Dinge der Bush-Politik vor und nach dem 11.9. mit ihrem Börsen-Klon klären, also wie und wann beispielsweise die Anschläge vom 11.9. als Grund für den Irak-Krieg ausgegeben wurden oder ob die vom Irak in Betracht gezogene Einführung des Euro mit ein Kriegsgrund gewesen sein könnte. Wetten darauf seien deswegen angebracht, weil viele Informationen von der US-Regierung geheim gehalten werden.

Angeblich sollen Teilnehmer sich ab 1. September für die Future-Börse bewerben können, die dann wie PAM am ersten Oktober starten soll. Ähnlich wie ein Spieler sich in einem Kasino Chips kauft, so sollen die Spieler sich hier "Smart Dollars" kaufen, die sie zum Wetten einsetzen. Sie sollen diese sich jederzeit in wirkliche Dollar auszahlen lassen, 10 Prozent würden allerdings an eine Stiftung gehen. Tad Hirsch, Student am Media Lab des MIT, der hinter dem Projekt steht, macht sich mit diesem zwar auch lustig über das Pentagon, erklärt aber: "Auch wenn es nur eine kleine Chance gibt, dass sich damit vorhersagen lässt, was das Weiße Haus machen wird, ist es die Arbeit wert."

Ein Wired-Artikel hatte seltsamerweise die Urheberschaft in Kreisen der Mailingliste Nettime lokalisiert (s.a. den entsprechenden Artikel bei Spiegel-Online). Bei Nettime war aber lediglich eine Bekanntgabe des Projekts veröffentlicht worden. Nettime-Moderator Ted Byfield mokierte sich denn auch über die Wired-Meldung und erklärte, dass die Börse "natürlich" nicht von Nettime organisiert worden sei. "Aber democracy now! setzte sich schnell auf Spur und wollte mehr wissen. 40 Menschen setzten sich auf die Mailingliste - eine bislang unerreichte Zahl für jeden beliebigen Tag, einmal ganz abgesehen von einem Augusttag. So ist die Logik der Future-Märkte."

Tad Hirsch war allerdings schon früher von den Pentagon-Future-Börsen angeregt - und darin natürlich keineswegs alleine. So innovativ, wie Darpa sich mit der Future-Börse gerne gezeigt hätte, war man auf jeden Fall nicht, denn schon seit langem wird auf alles und jedes gewettet. Wetten auf Ereignisse im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Terrorismus und dem Irak-Krieg fanden natürlich auch außerhalb des Pentagon statt. So wurde bei Wettseiten wie TradeSports.com auf das Schicksal von Saddam Hussein gesetzt. Bei BETonSPORTS.com gibt es Wetten darauf, ob die USA bis Jahresende Nordkorea angreifen oder wann Nordkorea einen Nachbarstaat mit einer Atombombe beglückt.

Seit dem 30. Juli läuft übrigens auch eine Wette um das berufliche Schicksal von Poindexter bei Trade Sports. Es geht darum, ob er bis zum 31. August noch immer bei der Darpa angestellt sein wird. Gewettet wird auch, ob und wann Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden werden. Und die Wetten, wann Usama bin Ladin oder Saddam Hussein gefangen oder getötet werden, laufen natürlich noch immer.

Im Februar stellt Tad Hirsch bereits MarchtoWar.com online ("Blood for oil? You bet!"). Auch das war eine Future-Börse, bei der man auf den Beginn des Irak-Kriegs Wetten mit einem Einsatz von 5 Dollar abschließen konnte. Das Geld wurde über Paypal von der Kreditkarte abgezogen. Bei der Auszahlung sollten 20 Prozent der Einzahlungen in Form Benzingutscheinen - eine Erinnerung an Krieg für Öl - an die Gewinner ausgezahlt werden, der Rest, so wurde versprochen, sollte an Hilfsorganisationen gehen, die im Irak arbeiten.

These organizations will be identified as the needs become apparent - it's hard to predict exactly what will happen, but if the last Gulf War is any indication, the impact will be great. In addition to the countless civilians directly killed or maimed by the US-led bombing campaign, we can expect thousands more to be affected by releases of toxic chemicals and biological agents (a side-effect of bombing chemical and biological facilities), food shortages resulting from attacks on food and agricultural facilities, and power outages and transportation interruptions from attacks on vital infrastructure. Of these, infants will be particularly at-risk. It seems only fitting that U.S. citizens help to defray the costs of rebuilding Iraq and assisting its beleaguered civilian population - after all, our tax dollars bought the bullets, we might as well pay to clean up the mess.

Mitspielen konnten allerdings nur Menschen, die in Massachusetts leben. Minderjährige und Mitarbeiter des Militärs und der NSA waren ausgeschlossen. Natürlich ist die Börse längst geschlossen, nachdem der Krieg am 20. März um 5:31 am begonnen hatte. Hirsch ließ die Website allerdings aus "historischen Gründen" online.