Wie Russland die Ukraine angegriffen hat – und wie es nun weitergeht

Seite 2: Begrenzte Offensive oder große Invasion?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verhängte das Kriegsrecht im gesamten Land und bat US-Außenminister Biden um Hilfe. Auch nahm er nach eigenen Angaben Verbindung zur EU und Großbritannien auf. Das ukrainische Parlament hat dieses Vorgehen bereits gebilligt.

Weitere Hilfegesuche um Waffen und humanitäre Hilfe setzte sein Außenminister ab. Der ukrainische Grenzschutz meldete auch Angriffe russischer Truppen außerhalb des Donbass aus Richtung Belarus.

So begründet die EU Sanktionen gegen russische Politiker und Journalisten (23 Bilder)

Sergej Schoigu ist Verteidigungsminister der Russischen Föderation. Er hat sich öffentlich behauptet, die Krim sei russisch und bleibe dies. Unter seinem Kommando und Befehl haben russische Truppen Militärübungen auf der rechtswidrig annektierten Krim durchgeführt und wurden an der Grenze stationiert. Er ist für jede militärische Aktion gegen die Ukraine verantwortlich. Er ist daher auch verantwortlich für die aktive Unterstützung und Umsetzung von Maßnahmen und Richtlinien, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine sowie die Stabilität oder Sicherheit in der Ukraine untergraben und bedrohen. Bild: Mil.ru / CC-BY-SA-4.0

Diese Informationen wurden jedoch von russischer Seite bisher nicht bestätigt und widersprechen den bisherigen offiziellen Verlautbarungen des russischen Verteidigungsministeriums. Unklar ist daher auch, ob der Angriff am Boden regional auf den Donbass im Osten des Landes beschränkt bleiben, oder es auch um eine größer angelegte Offensive gegen ukrainisches Gebiet geht.

Für erstere Version spricht, dass das von den Rebellen beherrschte Gebiet nicht dem Umfang der Oblaste (Verwaltungsregionen) Donezk und Lugansk entspricht, die teilweise noch von ukrainischem Militär besetzt gehalten werden.

Angesichts der aktuell eher unklaren Positionierung Putins, der auch von einer "Entnazifizierung" der Ukraine spricht, kann kein Szenario ausgeschlossen werden.

Auch der mit ihm verbündete belarussische Präsident Verbündeter Alexander Lukaschenko bewahrt bisher Stillschweigen. Bestätigte Luftangriffe auf Ziele außerhalb des Donbass könnten sowohl dazu dienen, die Ukrainer von einem Gegenschlag abzuhalten, als auch weitergehende Offensiven vorbereiten.

Schon vor dem Angriff war der ehemalige deutsche Diplomat und Konfliktforscher Rüdiger Lüdeking im Interview mit Telepolis von einer Zuspitzung ausgegangen. Angesichts der auch von Russland in der vergangenen Woche genährten Hoffnungen auf diplomatische Treffen auf höchster Ebene habe der Zeitpunkt für viele Beobachter überraschend gewirkt, sagte Lüdeking: "Die Tatsache selbst kann jedoch nicht überraschend. Im Gegenteil: Die Anerkennung passt ins Bild."

Putin habe "nach den ihn nicht zufriedenstellenden Antworten der USA und der Nato auf seine Forderungen" die sich ihm bietenden Optionen "kühl abgeschätzt", so Lüdeking weiter. Mit der Anerkennung und der nun folgenden Offensive habe er Option gewählt, mit der er womöglich die Hoffnung verbinde, dass damit die Chancen auf eine diplomatische Lösung nicht völlig verschüttet werden. "Fraglich ist nur, ob dieses Kalkül aufgeht", fügte Lüdeking an.