Wie man eine Finanzkrise auf die Bevölkerung eines gebeutelten Landes abwälzt
Seite 5: 6. Syrizas Umschuldungsforderungen sind so radikal und unrealistisch wie die der Adenauerregierung Deutschlands
- Wie man eine Finanzkrise auf die Bevölkerung eines gebeutelten Landes abwälzt
- 3. Die EZB hat diese Situation nicht entschärft, sondern schlimmer gemacht. Sie ist nicht "unpolitisch", sondern parteilich zum Vorteil der Finanzmärkte und der großen Exportnationen
- 4. Die "Griechenlandrettung" hat nicht Griechenland, sondern die Banken gerettet - dafür zahlen musste aber nicht der europäische "Steuerzahler", sondern die griechische Bevölkerung
- 5. Die Politik der Troika hat Griechenland erst in die jetzige Lage gebracht
- 6. Syrizas Umschuldungsforderungen sind so radikal und unrealistisch wie die der Adenauerregierung Deutschlands
- 7. Der Troika geht es weder darum, eine angemessene Lösung für die griechische Krise oder auch nur einen Kompromiss zu finden, noch um die Rettung "europäischer Steuergelder"
- 8. Es gibt eine Alternative
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Die derzeitigen griechischen Regierungsmitglieder werden von den Medien hierzulande wahlweise als Pokerspieler oder Spieltheoretiker verunglimpft, und als Demagogen und Lügner beschimpft. Dabei sind die angeblich so unverschämten und undurchführbaren Forderungen Griechenlands, die maßgeblich aus der Feder des Finanziministers Varoufakis stammen - der zusammen mit dem amerikanischen Ökonomen J.K. Galbraith schon seit November 2010 einen regelmäßig aktualisierten "bescheidenen Vorschlag" zu einer grundsätzlichen und progressiven Lösung der Eurokrise veröffentlicht hat, lange bevor seine Position als griechischer Finanzminister überhaupt im Bereich des Denkbaren lag -, gar nicht so radikal.
Genau genommen ist seine zentrale Forderung - ein Schuldenschnitt, der die Schulden beträchtlich reduziert und eine an das Wachstum gekoppelte Rückzahlung der verbleibenden Schuldenlast vorsieht - ausgerechnet am historischen Beispiel Deutschlands geschult. Denn der deutschen Regierung unter Adenauer ist es 1953 gelungen, auf einer internationalen Geberkonferenz erfolgreich dafür zu werben, die deutsche Schuldenlast, entstanden durch Reparations- und Wiederaufbauschulden zweier Weltkriege, um die Hälfte zu reduzieren. Insbesondere aber mussten die Schulden nur aus laufenden Einnahmen gezahlt werden; erzielte Deutschland also keine Exportüberschüsse, musste es auch keine Schulden abbezahlen.
Einen ähnlich vorteilhaften Deal möchte Deutschland aber heute gegenüber seinem ehemaligen Gläubiger - denn auch Griechenland schrieb die Hälfte der deutschen Schulden ab - um jeden Preis verhindern. Während also die Schulden, die Deutschland durch die Verursachung zweier Weltkriege entstanden sind, zu progressiven Bedingungen erlassen wurden, muss Griechenland, das eher zufällig unter die Räder der gewaltigen Finanzkrise geraten war, die volle Schuldenlast tragen.
Dass Deutschland zudem auch Reparationszahlungen, die bei der Schuldenkonferenz auf den Abschluss eines Friedensvertrages mit den Besatzungsmächten verschob8, und gar die Abbezahlung eines Zwangskredites, den die deutsche Besatzungsmacht in Griechenland aufgenommen hatte, um die Kosten diverser Feldzüge zu finanzieren, verweigert, während es Griechenland moralisches Versagen und Erpressertum vorwirft, kann in seiner Perfidität gar nicht mehr angemessen kommentiert werden.