Wie sicher sind die fünf zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?

Seite 3: Besondere schwerwiegenden Nebenwirkungen

Hier soll noch einmal auf die beiden wichtigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die anaphylaktischen Reaktionen und die Myokarditis und Perikarditis, näher eingegangen werden, mit denen bei der derzeitigen Impfpraxis, bei der in Deutschland (neben dem neuen Impfstoff Nuvaxovid) fast ausschließlich mRNA-Impfstoffe verwendet werden, am ehesten zu rechnen ist.

Anaphylaktische Reaktionen

Darunter versteht man eine akute, allergische Reaktion des Immunsystems auf wiederholte Zufuhr körperfremder Eiweißstoffe, die den gesamten Organismus betreffen können. Das Bild anaphylaktischer Reaktionen kann von leichten Hautreaktionen über Störungen von Organfunktionen bis zum anaphylaktischen Schock (Kreislaufschock mit möglichem Organversagen bis zum tödlichen Kreislaufversagen) reichen.

Hinsichtlich der diagnostischen Sicherheit werden anaphylaktische Reaktionen vom PEI nach der international akzeptierten Definition der Brighton Collaboration (BC), Level 1 bis 4, bewertet. Level 1 entspricht dem höchsten, Level 2 und 3 geringeren Graden der diagnostischen Sicherheit, Level 4 sind Meldungen eines Verdachts auf Anaphylaxie mit unvollständigen Angaben der klinischen Symptomatik. Anaphylaktische Reaktionen (BC-Level 1 bis 4) sind sehr selten beobachtete Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe Comirnaty, Spikevax, Vaxzevria und Jcovden (siehe auch oben).

Dabei ist die Melderate einer Anaphylaxie nach mRNA-Impfung bei weiblichen Impflingen insbesondere nach der ersten Dosis mit 0,98 Meldungen pro 100.000 Impfungen für Comirnaty und mit 1,07 pro 100.000 Impfungen nach Spikevax insgesamt höher als bei männlichen Impflingen und höher als bei nachfolgenden Impfungen.

Die Ergebnisse erster retrospektiver Studien weisen darauf hin, dass anaphylaktische Reaktionen vermutlich mehrheitlich nicht auf Immunglobulin-E-vermittelte allergische Sofortreaktionen zurückzuführen sind. Betroffene Patienten wurden in den Studien nach allergologischer Testung zumeist risikoarm erneut geimpft.

Über einen tödlichen Ausgang aufgrund einer Anaphylaxie nach Covid-19-Impfstoffen wurde in Deutschland bisher nicht berichtet.

Myokarditis und Perikarditis

Myokarditis ist eine Entzündung des Herzmuskels, die sich als Brustschmerzen, Herzklopfen und/oder Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzversagen äußern kann. Sie kann bei Kindern und Erwachsenen auftreten und ist bei jungen Männern häufiger als bei jungen Frauen.

Perikarditis ist eine Entzündung des Herzbeutels. Männer zwischen 20 und 50 Jahren scheinen das höchste Risiko für eine Perikarditis zu haben. Die Myo-/Perikarditis ist eine Kombination aus Myokarditis und Perikarditis.

Typischerweise treten erste Beschwerden innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Die publizierten Daten zeigen übereinstimmend, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Patienten mit einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen einen blanden Verlauf aufweisen, gut auf Behandlung und Ruhe ansprechen und sich schnell besser fühlen, auch wenn im Einzelfall schwerwiegendere Verläufe mit tödlichem Ausgang beobachtet wurden.

Dem PEI wurden im Zeitraum vom 27.12.2020 bis 31.03.2022 insgesamt 2.026 Verdachtsfallmeldungen einer Myo-/und Perikarditis nach Comirnaty und 532 Verdachtsfallmeldungen nach Spikevax berichtet. Dies entspricht einer Melderate von 1,6 Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen Comirnaty und 1,8 Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen Spikevax.

Myo-/Perikarditis ist demnach eine sehr seltene Nebenwirkung von Comirnaty und Spikevax. Besonders betroffen sind junge Männer und männliche Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren nach der zweiten Dosis.

Daten aus mehreren Ländern, u. a. aus Deutschland, deuten darauf hin, dass das Risiko einer Myo-/Perikarditis bei jüngeren Menschen nach Spikevax höher als nach Comirnaty ist, weshalb die Ständige Impfkommission (Stiko) vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahre empfiehlt.

Insgesamt 153 Meldungen einer Myo-/Perikarditis wurden dem PEI nach mRNA-Booster-Impfung berichtet, wobei mit Stand 31.03.2022 die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach Booster-Impfung mit 0,3 Fälle pro 100.000 Impfdosen geringer ist als nach der Grundimmunisierung. Im Beobachtungszeitraum bis zum 31.03.2022 wurde dem PEI kein bestätigter Fall einer Myokarditis bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren berichtet. In zwei Fällen werden derzeit noch weitere Informationen eingeholt, da die klinische Beschreibung nicht ausreicht, um die initiale Verdachtsdiagnose einer Myokarditis zu bestätigen. Nach derzeitigem Kenntnisstand erfüllen die klinischen Befunde nicht die Falldefinition einer Myokarditis der Brighton Collaboration.