"Wir erwarten, dass die USA mit Hessen genauso umgehen wie mit Syrien"

(Bild: Martin Krolikowski, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)

Der Bundesvorsitzende der Partei, Martin Sonneborn informiert im traditionellen Sommerinterview über den Digital Service Act, KI in der Politik; Wahlkampf, Wackelpudding und Heldentod.

Ihr Kollege Friedrich Merz hat sich im Sommerinterview um Kopf und Kragen geredet, sodass der Union langsam die Kanzlerkandidaten ausgehen. Rechnen Sie mit einem Ruf nach der starken Frau, etwa nach Ihrer Brüsseler Chefin, Ursula von der Leyen, um Scholz zu bezwingen?
Martin Sonneborn: Wohl kaum, die Frau hat gerade die EU ruiniert. Der siebenjährige Haushalt umfasst 1.200 Milliarden Euro – und sie hat es geschafft, die schon in dreieinhalb Jahren durchzubringen. Wir hoffen eher, dass eine der gegen von der Leyen geführten Klagen dazu führen wird, dass sie demnächst gestreifte Kleidung trägt.
Frau von der Leyen urlaubte diesen Sommer in der Villa von Griechenlands Regierungschef, Kyriakos Mitsotakis. Von wem haben Sie sich im Urlaub einladen lassen?
Martin Sonneborn: Vom Verlag Kiepenheuer& Witsch. Ich musste das Buch "Herr Sonneborn bleibt in Brüssel" fertigschreiben. "Urlaub" vor dem Bildschirm in einer heruntergekommenen Dachmansarde ohne Privatpool, Meerblick, krumme Geschäfte und Tsatsiki-Bäder.
Künftig wird uns Frau von der Leyens Digital Service Act vor Fake News und falscher Meinung schützen. Bekommen wir jetzt endlich dieses wilde Internet in den Griff?
Martin Sonneborn: Tatsächlich, ja. Ein besseres Konjunkturprogramm für VPN-Kanäle und Tor-Browser hätte man sich nicht ausdenken können. Die Zukunft widerständigen Denkens und politischen Träumens wird analog sein.
Viele Partei-Wähler hatten sich von den konventionellen Parteien abgewandt, weil Wahlen nichts veränderten. Nun aber hat die Ampel bewiesen, dass man Deutschland wahrlich binnen kurzer Zeit ändern kann. Welche Konsequenz zieht die Partei hieraus bei der Wähleransprache?
Martin Sonneborn: Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass das der Job der Partei gewesen wäre, dafür sind wir hervorragend aufgestellt. Aber da Vermögenswerte neuerdings ja keinerlei Schutz mehr unterstehen, werden wir das Vermögen der Grünen beschlagnahmen, um das Land wiederaufzubauen. Als Strafe für all die von ihnen ausgelösten Verheerungen, für zerschlagenes außen- und wirtschaftspolitisches Porzellan.
Die charismatische Arbeiterführerin Nancy Faeser möchte hessische Landesfürstin werden. Jedoch wurde aber in Hessen gerade Erdöl gefunden. Erwarten Sie eine Einmischung der USA in den Wahlkampf?
Martin Sonneborn: Wir erwarten, dass die USA mit Hessen genauso umgehen wie mit Syrien: Sanktionsverhängungen, politische Isolierung von Nancy Faeser, Unterstützung dschihadistischer Verbände. Danach die unbefristete Besetzung des hässlich … Pardon: hessischen Landstrichs und die Siegesmeldung "We have the oil" (Donald Trump).
Wie Faeser strapazierte nun auch Parteifreund Karl Lauterbach im Ausland die Gastfreundschaft. So brüskierte er Italien und will auch den Barbie-Film der amerikanischen Freunde auslassen. Stimmt das Gerücht, dass Sie sich in Brüssel inzwischen aus Fremdscham als Österreicher ausgeben?
Martin Sonneborn: Das ist eine dreckige Lüge. Ich gebe mich schon seit Jahren als Schweizer aus, weil es mir peinlich ist, zuzugeben, dass ich aus Deutschland stamme.
Apropos Österreich: In Bayern wird im Herbst ebenfalls gewählt. Dort werden vor Wahlkampfreden inzwischen nicht nur Eier und Tomaten zum Werfen angeboten, sondern auch "große Steine" und "kleine Steine". Sind Wurfgeschosse eine bayrische Brückentechnologie zur Basisdemokratie?
Martin Sonneborn: Die Zeit der politischen Visionäre und charismatischen Redner ist ohnehin vorbei, und zwar in ganz Europa. Ich kenne niemanden, der sich die Mühe machen würde, auch nur die Straße zu überqueren, um etwa Scholz, Lindner, Rishi Sunak oder Sepp Borrell sprechen zu hören. Und wenn eine Regierung den Bürgern, in deren Namen sie handelt und denen sie Rechenschaft schuldet, nur noch hinter einer Kette schwarzer Polizei-Sturmtruppen gegenübertreten kann, dann sollten Senf-, Ei und Wackelpuddingwürfe diskutierbar sein.
Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hat mit einem seit 35 Jahren vorbereiteten PR-Gag einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht als etliche Bundespolitiker zusammen. Wie werden Sie ihn in den Schatten stellen?
Martin Sonneborn: Ich werde kurz vor der Wahl ein paar "Titanic"-Titel leaken, für die ich in meiner Jugend verantwortlich war. Wenn die Presse mitspielt, dürfte das für ein paar Prozent mehr in Bayern gut sein.
Während sich Politiker gerne mit Kindern fotografieren lassen, plakatieren die bayrischen Grünen nunmehr nur noch mit Kindern. Stimmt das Gerücht, dass die Partei mit Hundeplakaten kontern will?
Martin Sonneborn: Plakate mit Kindern? Das haben sie doch bei der Partei Hessen geklaut.

"In Europa sind Tüpen wie Krah nichts Besonderes

Die Bundesministerin für Wirtschaft und Forschung (FDP, Namen kennt man nicht) bestreitet, dass Lkws elektrisch betrieben werden können und sich jemand in ein elektrisches Flugzeug setzen möchte. Kehrt die FDP wieder zur Spaßpartei zurück oder stellt sich hier eine gewiefte Politikerin künstlich dumm, um neben Außenministerin Baerbock nicht als Streberin zu erscheinen?
Martin Sonneborn: Ja. Außerdem glauben wir, dass auch FDP-Tanten wie Strack-Rheinmetall oder die Dings, Bundesministerin für Wirtschaft und Forschung, elektrisch betrieben werden können.
Frau Außenministerin Baerbock kann inzwischen auch nicht mehr mit Düsenjets der Luftwaffe abheben. Der Fernverkehr der Bahn ist auch eher unzuverlässig und die Gorch Fock ist auch schon wieder in Reparatur. Sind Sie überhaupt noch bereit für ein Regierungsamt, wenn Sie wie grüne Vielflieger Linie buchen müssten?
Martin Sonneborn: Ich bleibe in der EU, da fliegt man – um den sogenannten "Green Deal" voranzubringen – traditionell Privatjet, auch zwischen Brüssel und Straßburg oder Hannover.
Demoskopen zufolge trifft sich Ihr Kommunistenfreund Gregor Gysi von der Linkspartei demnächst absehbar an der Fünf-Prozent-Hürde mit Ihrer Lumpenpazifistenfreundin Sahra Wagenknecht. Erwägen Sie schmutzige Angebote aus der Partei an die beiden populistischen Stimmenbeschaffer?
Martin Sonneborn: Ich weiß nicht, ob wir beide in eine Partei zwingen sollten. Fünf plus fünf Prozent plus unsere zwei Partei-Prozent, das ist gerade mal der Alkoholgehalt belgischen Bieres, reicht aber nicht zum Regieren. Außerdem sind das zwei der wenigen Verbliebenen im Politikbereich, bei dem man mit schmutzigen Angeboten nicht weiterkommt.
Die AfD, die derzeit bei 20 Prozent gesehen wird, schickt Ihnen in den Europawahlkampf einen Rechtsaußen-Mann. Der behauptet, nicht nur rechts, sondern auch Rechtsanwalt zu sein – was inzwischen bezweifelt wird. Wie werden Sie als erfahrener Rechtspopulist und Erfahrungsjurist kontern?
Martin Sonneborn: In Europa sind Tüpen wie Krah nichts Besonderes. EVP-Chef Manfred Streber (CSU) bereitet schon länger die Bildung einer Rechtsfraktion vor, und bei Meloni von den Brüdern (und Schwestern) Italiens kann man sehen, wie schnell Faschisten eingemeindet werden, wenn sie Wahlen gewinnen. Die Partei Sachsen hat mal geforscht, wer dieser Krah überhaupt ist und woher sein Hang zu Seitenscheitel und Klerikalfaschismus stammt.
Inzwischen ist uns Frontberichterstattung so vertraut wie die Wetterkarte, Völkerhass ist wieder salonfähig und die Qualitätsmedien verklären getötete Soldaten wieder zu "Gefallenen". Warum profitieren die Grünen in den Umfragen nicht vom militaristischen Medientrend?
Martin Sonneborn: Ja, lustig, sie schüren den Hass auf andere und profitieren, indem sie Hass auf sich ernten. Wir haben noch nie so viele Menschen die Grünen hassen sehen. Unsere Grünen-Aufkleber sind sehr beliebt momentan.
Merke: Völkerhass ja, aber nur gegen die richtigen Völker!
Die Grünen geben derzeit Unsummen für Make-Up-Artists und Porträtfotografen aus, die jeder Beauty-Influencerin das Schamesrouge ins Gesicht treiben würden. Wäre es nicht kostengünstiger und nachhaltiger, Politiker künftig durch eine KI zu animieren?
Martin Sonneborn: In Zeiten, in denen jeder Sonderschüler mit einer ganz normalen Verschönerungs-App umzugehen gelernt hat, ist so viel Geld eigentlich nicht zu rechtfertigen. Wir sollten zukünftig Politiker casten, die keine aufwändige Nachbehandlung nötig haben. Aber Wirklichkeit wird eh überbewertet in unserer schönen neuen Welt. Ich wäre übrigens schon froh, wenn politische Statements von einer KI gesprochen werden könnten, dann gäb’s weniger Versprecher. Smiley
Apropos KI: Im Juli sahen Qualitätsjournalisten auf einem Video eine Löwin in Berlin, warnten vor Waldbränden wegen hoher Außentemperatur, hielten die Augmented Reality einer Riesenbarbie in Dubai für authentisch, erklärten uns fachkundig, dass ein Rockstar ohne Mangel an Groupies für solche K.-o.-Tropfen benötigt und kritisierten den Schirmherren Aiwanger als ungalant (Kontext). Stellen sich auch hier möglicherweise Redakteure dumm und kreativ, damit sie nicht demnächst von einer sachlich arbeitenden KI ersetzt werden?
Martin Sonneborn: Ja.

"Plakativer und medienwirksamer sterben"

Apropos neue Medienwelt: Der WDR schaltet inzwischen vor Wiederholungen der Shows von Otto Waalkes und Harald Schmidt Warnhinweise. Eine KI hingegen hätte den Vorteil, dass man/frau/divers einstellen könnte, wie Wokens gerne angesprochen werden möchten. Hat der Berufsstand der Satirenden noch eine Zukunft?
Martin Sonneborn: Ich setze darauf. Titanic hat gerade mit einer Rettungskampagne ein paar Tausend neue Abos geholt. Allerdings in gänzlich unsatirischer Ansprache, Frage wieder offen.
Aktuell bewahren komfortzonenbewusste Redaktionen ihr Publikum vor der Nachricht, dass Ihre Freunde von der EU Tunesien dafür bezahlen, Flüchtlinge buchstäblich in die Wüste zu schicken. Oder dass in Arzach die Leute an den Folgen von Sanktionen sterben. Was sollten die Sterbenden (m/w/d) für mehr Publicity tun?
Martin Sonneborn: Plakativer und medienwirksamer sterben. Ich muss gerade an einen Auftritt von Leslie Nielsen in "Die nackte Kanone" denken … Oder Öl finden, Gas, Bodenschätze, die unsere westlichen Werte auch für sie gelten lassen würden.
Sie sind Mitglied der EU-Delegation für die Beziehungen zur Halbinsel Korea. Waren Sie neulich in Pjöngjang zur Militärparade eingeladen, wo man mit Friedensverhandlungen vor 70 Jahren das gegenseitige Abschlachten beendete?
Martin Sonneborn: Leider nicht. Es ist aber auch nicht der Stil der Friedensunion EU, gegenseitiges Töten und Massensterben über Verhandlungen zu beenden. Konflikte müssen "auf dem Schlachtfeld entschieden werden" sagt Sepp Borrell, ranghöchster Diplomat in der EU.
Vor einem halben Jahr hatten Sie sich mit der Forderung nach Friedensverhandlungen unbeliebt gemacht. Haben Sie als Bundeswehrsoldat a. D. ein unpatriotisches Verhältnis zum Heldentod?
Martin Sonneborn: Na klar, wir sind doch nicht in der Oper. Krieg als Tugend und Frieden als Verrat, wie in vielen Medien derzeit propagiert, zeigt ein gestörtes Verhältnis zu den Lehren aus der deutschen Geschichte und der Weltgeschichte.

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