Hochwasser auf allen Kontinenten

Zhengzhou nach der Überschwemmung. Bild: Wzl19371/CC BY-SA 4.0

Energie- und Klimawochenschau: Überschwemmungen, Dürren und verheerende Waldbrände in zahlreichen Ländern überfordern mancherorts die Verantwortlichen

Mehrere tausend Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet und mit internationaler Unterstützung haben am Wochenende im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel demonstriert und zeitweise Schienen eines Chemiebetriebes blockiert. Überregionale Medien fanden das - natürlich mit Ausnahme von Telepolis - kaum berichtenswert.

Dort, wo mit dem Nord-Ostsee-Kanal eine der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen der Welt kurz vor der Nordsee von der Unterelbe abgeht, soll nach dem Willen deutscher Chemie- und Energiekonzerne sowie der Kieler Landesregierung ein Terminal für Flüssiggas entstehen. Mit massiver Unterstützung aus dem Staatssäckel versteht sich.

Von 50 Millionen Euro aus Landes- und dem gleichen Betrag aus Bundesmitteln ist die Rede. Die schwarz-gelb-grüne Landesregierung hält das offensichtlich für eine "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".

Die Aktivistinnen und Aktivisten von EndeGelände und örtliche Bürgerinitiativen halten die Investition hingegen für einen massiven Angriff auf das Klima und die Deutsche Umwelthilfe weist zudem darauf hin, dass es viel zu nahe an dem stillgelegten Atomkraftwerk und dem großen Düngemittelbetrieb liegt, der einen Teil des Gases beziehen will.

Bei diesem wird es sich meist um sogenanntes Frackinggas aus den USA und potenziell auch aus Argentinien handeln. Dieses sorgt meist für erhebliche Umweltprobleme für die Anwohner der Anlagen und ist zudem besonders schädlich fürs Klima. Bei der Förderung entweicht nämlich ein nicht unwesentlicher Teil des Gases, das als Methan ein besonders starkes Treibhausgas ist.

An den Protesten und der Blockade des Nord-Ostsee-Kanals nahm auch Esteban Servat aus der südargentinischen Region Vaca Muerta teil, in der die Menschen unter der Fracking-Industrie leiden (Telepolis berichtete). Servat erhielt nach Angabe der Aktivisten wegen seines Widerstandes gegen den Raubbau Morddrohungen und musste sein Land verlassen.

In Argentinien, dem Land, aus dem ich komme, wird das mit Blut bezahlt. Es sterben dort Menschen aufgrund der Verschmutzung durch Fracking, Kinder in der argentinischen Fracking-Region Vaca Muerta sterben dreimal so häufig an Leukämie. Die Zerstörung und Kontamination ganzer Regionen durch das Gewinnen von gefracktem Gas wird von denselben internationalen Konzernen betrieben, die es als Flüssiggas nach Europa importieren und es hier als saubere Lösung in der Klimakrise verkaufen wollen. Wir sagen: Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge. Der Klimakolonialismus muss ein Ende haben. Mit unseren Kajaks kappen wir heute eine wichtige neokoloniale Handelsroute.

Esteban Servat, argentinischer Umweltschützer

Die Aktionen in Brunsbüttel - in Deutschland sind weitere LNG-Terminals in Rostock, Stade und Wilhelmshaven geplant - war Teil eines internationalen Aktionstages gegen Fracking. Proteste gab es unter anderem im argentinischen Mendoza, im spanischen Cartagena, im brasilianischen Belém und im schottischen Mossmorran.

Hitze und Waldbrände

Derweil geht die Klimakrise mit voller Wucht weiter. Griechenland wird zur Zeit von der schlimmsten Hitzewelle seit Jahrzehnten heimgesucht. Am Montag wurden gar auf dem Festland in Makrakomi Ftiotida 46,3 Grad Celsius gemessen.

Auf den griechischen Ägäis Inseln müssen unterdessen Flüchtlinge in Lagern ohne Schatten bei teils über 40 Grad Celsius Lufttemperatur in ihren gefährlich heißen Zelten ausharren. Von Lesbos schreibt eine Unterstützerin auf Twitter, dass die im dortigen Camp Mavrovouni internierten Menschen dieses nicht verlassen dürften.

Durch die Hitze und viel zu geringe Niederschläge befördert kommt es derweil in verschiedenen Anrainerländern des Mittelmeeres zu teils dramatischen Waldbränden. Zum Beispiel in Griechenland, der Türkei, auf Sardinien und auf Sizilien. Allein aus Italien wird am vergangenen Wochenende über 800 Brände berichtet.

Auch der Libanon hat mit sich rasch ausbreitenden Feuern zu kämpfen, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Dort steht, wie Unicef schon vor über einer Woche schrieb, die öffentliche Wasserversorgung kurz vor dem Zusammenbruch, woran allerdings die gegenwärtige Wirtschaftskrise einen erheblichen Anteil hat. Ersatzteile und Instandhaltung müssen mit harten Devisen bezahlt werden, die Mangelware sind.

In anderen Ländern in der Region sieht es ähnlich aus, wie die britische Zeitung Independent zu berichteten weiß, insbesondere im Irak und Iran. Eine Mischung aus Dürre, Stromausfällen, Wirtschaftskrise und Corona-Pandemie in von Land zu Land unterschiedlicher Zusammensetzung gefährde zunehmend die Wasserversorgung und treibt die Menschen zu Protesten auf die Straße.

Schnee in Brasilien

Und während aus dem Norden Grönlands Rekordtemperaturen gemeldet werden, gibt es anderorts Kälterekorde. In Brasilien gab es bereits vor über einer Woche einen ungewöhnlichen Einbruch polarer Kaltluft. Eine Woche später sagte der dortige Wetterdienst Schnee für den Bundesstaat Paraná voraus, der auch tatsächlich fiel.

Entsprechend waren dort die Menschen aus dem Häuschen, denn der Bundesstaat liegt schon fast in den Tropen. Durch den Norden Paranás verläuft bei 23,5 Grad südlicher Breite der südliche Wendekreis des Krebs, der als geografische Grenze der Tropen gilt. Klimatologisch sind die Tropen als jene Zone definiert, in der der Tagesgang der Temperatur größer als ihr Jahresgang ist.

Über Rekordkälte schreibt auch die argentinische Tageszeitung Pagina 12. Der Nordosten des Landes wurde von den gleichen antarktischen Luftmassen getroffen. Vielerorts sanken die Temperaturen - für das dortige Klima sehr ungewöhnlich - unter den Gefrierpunkt. In einem Fall wurden gar -8 Grad Celsius gemessen.

Allenthalben Hochwasser

Derweil wüten in Sibirien die schweren Waldbrände weiter, während in Burundi, in Teilen des US-Südwestens, in Pakistan, Afghanistan, Südafrika, Großbritannien und Bangladesch Menschen mit extremen Unwettern und Überschwemmungen kämpften.

Aus China meldet die britische Zeitung Guardian, dass die offizielle Zahl der Todesopfer der schweren Überschwemmung in der Inlands-Provinz Henan inzwischen mit 302 angegeben wird. 50 Menschen würden noch immer vermisst. Während der nie zuvor gesehenen Regenfälle wäre dort auch beinahe ein Staudamm gebrochen, zitiert die in Hongkong erscheinende South China Morning Post chinesische Fachleute.

Internationales Behördenversagen

In drei Tagen waren in Henans Provinzhauptstadt Zhengzhou rund 600 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen, 200 davon allein binnen der zwei schlimmsten Stunden. Bilder einer überfluteten U-Bahn, in denen die Menschen bis zur Brust und zum Teil gar bis zum Hals im Wasser standen, waren durch die sozialen Medien rasch verbreitet worden.

Inzwischen müssen sich die örtlichen Behörden Fragen gefallen lassen, weshalb die U-Bahn nicht rechtzeitig angehalten und Schulen nicht geschlossen wurden. Wie in Deutschland auch, scheint es keine klaren Katastrophenpläne und dazugehörige Kommunikationswege gegeben zu haben oder aber die Zuständigen haben zu lange gezögert. Der Guardian berichtet, dass übergeordnete Behörden eine Untersuchung eingeleitet hätten.

Hierzulande könnten die Vorgänge im Ahrtal, wo die meisten deutschen Hochwasseropfer beklagt werden, eventuell ein gerichtliches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens "wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung infolge möglicherweise unterlassener oder verspäteter Warnungen oder Evakuierungen der Bevölkerung".

Dem zuständigen Landrat wird vor allem vorgeworfen, trotz früher Warnungen des Wetterdienstes und schließlich auch der Landesregierung den Katastrophenalarm erst um 23:09 Uhr damit viel zu spät ausgerufen zu haben.

Ganz ähnliche Vorwürfe gibt es auch aus dem belgischen Liège westlich von Aachen, das vom gleichen Unwetter schwer getroffen wurde und 38 Opfer zu beklagen hat. Dort hat ein Untersuchungsrichter Ermittlungen wegen des Verdachts auf Totschlags aufgenommen, wie der Guardian schreibt.