Agenten- und Robotergemeinschaften

Seite 9: Schlußfolgerungen

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Es wurden eine Reihe von Mechanismen vorgeschlagen, die alle zusammen die Ursprünge der Sprache erklären könnten: Evolution, Ko-Evolution, Selbstorganisation und die Bildung von Ebenen. Jeder dieser Mechanismen spielt für die Ursprünge der Komplexität in Biosystemen bekanntermaßen eine entscheidende Rolle, was deren Anwendung auf die Ursprünge und die Evolution der Sprache rechtfertigt. Im Gegensatz zu den meisten Forschern schlage ich jedoch vor, diese Mechanismen nicht nur auf biologische Strukturen (beispielsweise auf Gene oder neuronale Netze), sondern auch auf die Sprache selbst anzuwenden. Es wird also keine katastrophische Genmutation für die Ursprünge der Syntax vorgeschlagen, sondern die Hypothese lautet, daß eine Syntax spontan durch die Bildung von Ebenen entsteht, die durch den Zwang charakterisiert ist, mehr an Bedeutung mit begrenzten Ressourcen von Zeit, Speichergröße und Verarbeitungskapazität auszudrücken.

Zwischen Sprache und Art und zwischen den Sprachregeln eines Individuums (auf unterschiedlichen Sprachebenen) und den Genen wurde eine Analogie hergestellt. Evolutionäre Prozesse wirken auf die individuellen Regeln ein und sind der Grund dafür, daß die Sprache sich entfaltet und entwickelt. Selektionistische Kriterien weisen nicht auf den Reproduktionserfolg wie im Fall der genetischen Evolution hin, sondern auf den Erfolg, den leichten Gebrauch und die Wirksamkeit in der sprachlichen Kommunikation hin. Kohärenz emergiert durch Selbstorganisation.

Natürlich muß das einzelne Gehirn die geeigneten Fähigkeiten besitzen, um die Operationen ausführen zu können, die zur Repräsentation und Umsetzung der Sprachregeln notwendig sind. Dazu gehören eine genaue motorische Kontrolle des Artikulationssystems, die Frequenzanalyse des Sprachsignals, ein assoziatives Gedächtnis, die Umwandlung von kontinuierlichen Datenkanälen in diskrete, die Bildung von Gruppen hinsichtlich von Merkmalsstrukturen, die Überwachung und Einrichtung von Feedback-Schlaufen zwischen Gebrauch und Erfolg, die Planung und Erkennung von Sequenzen, etc. Die für das Artikulationssystem benötigte genaue motorische Kontrolle ist ähnlich der, die man zur Steuerung einer Hand braucht. Die Frequenzanalyse des Sprachsignals ist identisch mit der, die man zur Erkennung von anderen Arten von Tönen benötigt. Bildung von Gruppen, assoziatives Gedächtnis, Planung und Erkennung von Handlungssequenzen braucht man fürs tägliche Überleben und kann man auch bei niedereren Tieren finden, auch wenn sie hier nicht so perfektioniert sind.

Die Erprobung der Mechanismen, die Sprache entstehen lassen, durch Software-Simulationen und Roboter hat sich als äußerst effektive Methode gezeigt, auch wenn dies viel Arbeit erfordert. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden konkrete positive Ergebnisse für Bedeutung, Lexika und Phonologie erzielt. Es muß noch eine große Forschungsarbeit geleistet werden, besonders im Bereich der Syntax und hinsichtlich der Evolution von Sprachspielen und Sprechakten. Aber es ist offensichtlich, daß sich viele spannende Einsichten erzielen lassen.

Danksagung

Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer