Amok: Der ausschlaggebende Auslöser Antidepressiva?

Seite 2: "Zusammenhänge nicht nur bei Affekthandlungen, sondern auch bei geplanten Akten"

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Ein Einwand gegen die These, dass Antidepressiva wie SSRIs oder vergleichbare Medikamente gewalttätig machen oder gar zu Wahnsinnstaten wie die von Andreas Lubitz führen können, ist, dass gesagt wird, sie könnten allenfalls Taten, die im Affekt begangen werden, begünstigen, aber nicht solche, die geplant worden sind, so wie es bei Lubitz der Fall war.

David Healy: SSRIs stehen bei weitem nicht nur mit Affekthandlungen in Zusammenhang, sondern sehr wohl mit im Voraus geplanten Akten von Gewalt. Und es ist allgemein anerkannt, dass sie zu emotionaler Abstumpfung führen und dies macht es möglich, Dinge wie Mord in Erwägung zu ziehen, bei denen man normalerweise zu viel Angst hat, um sie ins Auge zu fassen.

Aber ist Lubitz da nicht eine Ausnahme von einer Person, die unter Medikamenteneinfluss einen Amoklauf im Voraus geplant hat?

David Healy: Nein, denn nicht nur Lubitz hat, wie berichtet wurde, seinen Kamikazeflug lange und umsichtig geplant. Viele Massaker in Schulen, Universitäten oder anderen öffentlichen Plätzen legen Zeugnis davon ab. So besagt etwa der Abschlussbericht zum "school shooting" von Adam Lanza, der am 14. November 2012 rund 100 km nordöstlich von New York seine Mutter sowie 20 Kinder und sechs Angestellte einer Grundschule und abschließend sich selbst erschoss, eindeutig, dass er seinen Amoklauf im Voraus geplant hatte, darunter auch seinen Suizid.

Oder nehmen wir den tragischen Fall von David Carmichael, der berichtet, dass bei ihm Selbstmordgedanken aufkamen einige Tage, nachdem er begonnen hatte, das SSRI-Antidepressivum Paxil zu nehmen. Drei Tage später begann er dann damit, seinen Suizid zu planen. Doch dann schwenkte er um und plante nicht mehr, sich selbst zu töten, sondern einen Mord zu begehen. Am 31. Juli 2004 brachte er schließlich seinen 11-jährigen Sohn um.