Aufrufe zum Aufstand wegen "Souveränitätsverlust" durch Finanzpolitik

Seite 4: "Bürgerprotest" gegen "EZB-Diktatur"?

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Wir dürften erst am Anfang einer gewaltigen Kontroverse stehen. Die Nullzinsökonomie der EZB ist womöglich symptomatisch für eine sehr viel weiterreichende Aushöhlung des Euro als Währung. Es kann sein, dass gegenwärtig das nur formal beachtete Verbot der monetären Staatsfinanzierung die EZB von der völligen Suspendierung der Wettbewerbsfunktion von Märkten abhält. Die institutionelle Landschaft in Europa, insbesondere die Befugnisausstattung und die Politik der EZB haben nach dem Empfinden der Berliner Hochschullehrers Markus C. Kerber inzwischen Dimensionen angenommen, die von keinem Teilnehmer an der Diskussion über die richtige Rahmenordnung für den Euro in den 1990er Jahren für möglich gehalten wurden.

Er ist der Auffassung, dass man durch die Befassung einer vornehmlich geldpolitisch verantwortlichen Institution mit der Bankenaufsicht den "Bock zum Gärtner" gemacht habe. Die EZB erscheint ihm als "Spielmacherin der Wettbewerbsverfälschungen" auf den Märkten für souveräne Staaten als auch auf dem Markt für Kreditleistungen. Die Zentralbank habe das Postulat eines Systems unverfälschten Wettbewerbs mit ihrer Politik auf den Kopf gestellt. Das passe natürlich nicht zu der Ambition, mit der Bankenunion die Bankenaufsicht ohne nationale Vorbehalte und ohne politische Rücksichtnahme durchzuführen. Änderungen der Rechtsgrundlagen von EU und EZB nutzten im Übrigen nichts, sofern Deutschland nicht den "Willen zur Macht" entwickelt.

Eine Voraussage wirkt besonders beunruhigend: Sollte die EZB ihre bisherige Politik mangels eines wirksamen Widerspruchs der Bundesregierung, der Bundesbank oder der Gerichtsbarkeit fortsetzen, sei Bürgerprotest bis hin zum "organisierten Widerstand" zu erwarten. Das Versprechen unbegrenzter Unterstützung des Euro durch Draghi habe wie ein "Fanfarenstoß zum Beginn einer souveränen Diktatur" geklungen.

Der Beifall der Märkte kann nach der Einschätzung von Kerber nichts daran ändern, dass die EZB mit diesem Anspruch vor der Geschichte keinen Bestand haben wird. Die mittlerweile erhobenen Verfassungsbeschwerden sind für ihn mehr als ein "Rechtsmittel". Aus seiner Perspektive erscheinen sie als der politische Protest der Bürgergesellschaft gegen eine politische Klasse, die angeblich das Land verrät und weiterhin für sich die Alternativlosigkeit ihrer Politik in Anspruch nimmt.

In Gestalt einer "Bürgerrevolte" könnte deutlich werden, dass die Souveränität der Bürger Vorrang vor der Allmacht staatlicher Gewalt hat, gleichgültig, ob sie in Berlin, Paris oder Brüssel ausgeübt wird. Auch im Namen Europas sei diese Gewalt nicht befugt, die Träger der bürgerlichen Gesellschaft -ob nun als "Citoyen" oder als "Bourgeois"- zu enteignen oder gar zu entmündigen, indem sie Steuern dazu benutzt die "Kopfgeburt der europäischen Integration - den Euro- " zum Metaziel der Politik zu verklären und hierfür alle verfügbaren Ressourcen zu mobilisieren, ohne jemals zuvor die betroffenen Bürger zu konsultieren.12

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