Aufrufe zum Aufstand wegen "Souveränitätsverlust" durch Finanzpolitik

Seite 3: EZB: Feuerwehr im brennenden Haus

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Das Handeln der EZB erinnert an die Arbeit der Feuerwehr in einem brennenden Haus. Ihr wird immer öfter vorgeworfen, dass sie sich mit ihrer seit Mai 2010 geübten Praxis des Anleihekaufs sowie der Aussetzung der Bonitätsschwellenwerte griechische, irische und portugiesische Staatsanleihen und schließlich mit dem OMT-Programm und dem "Quantitative Easing (QE)" weit außerhalb ihres Mandats bewege. Der "lender of last resort" ist im Begriff, ein "buyer of last resort" zu werden, der Staatspapiere kauft, die auf den Märkten zum Nennwert nicht verkäuflich sind. In Griechenland segnet die EZB zudem Geldschöpfung durch Notfallkredite in enormer Höhe (ca. 90 Milliarden Euro) ab.

Der europäischen Zentralbank werden Rechtsbrüche in Permanenz vorgeworfen. Sie handele jenseits ihrer Befugnisse ("ultra vires"), weil ihr gelpolitisches Mandat auf Preisstabilität gerichtet sei, während sie mit ihren "temporären" Maßnahmen aber Fiskalpolitik betreibe. So ermögliche die EZB nicht die Versorgung von leistungsfähigen Kreditnehmern, sondern von nichtleistenden Finanzministern. Dadurch kommt es zu einer Verfälschung der Kapitalmärkte, weil Ramschpapiere hochgepreist werden, für die es ansonsten keine Käufer gäbe. Die EZB verschleiert den viel niedrigeren Realpreis, auf den am Ende die verbuchten Positionen aber herunterkorrigiert werden müssen. Die drohende Folge: Massenbankrotte, weil die jetzt überpreisten Staatspapiere in den Eigenkapitalien zahlreicher Zentralbanken, Geschäftsbanken, aber auch großer Firmen stecken.

EZB in Frankfurt. Bild: Epizentrum/CC-BY-SA-3.0

Manch einer empfindet den Austritt Griechenlands aus der EW im Vergleich mit der flächendeckenden Auslöschung von Eigenkapitalien als ein "laues Lüftchen", nach welchem man sich noch zurücksehnen werde. Die Prognose ist düster: Die Staatengemeinschaft werde dann schnell und chaotisch zerbrechen, weil auch die Retter versuchen dürften, Fremdlasten mehr oder minder panisch abzuwerfen. Denjenigen, die unterdessen die Rettungspakete geschnürt haben, wirft man vor, am Untergang der EU zu arbeiten.8

In der EZB selbst scheint man die Lage weniger kritisch zu sehen. Die dort für die Bankenaufsicht zuständige Danièle Nouy hat in Übereinstimmung mit ihrem Chef Mario Draghi herausgefunden, dass die griechischen Banken für die gegenwärtige schwierige Phase dieses Mitgliedslandes der EWU gut gewappnet sind. Der Präsident der EZB war vor nicht allzu langer Zeit sogar darum bemüht, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die vier griechischen Großbanken im Hinblick auf ihr Eigenkapital noch nie so stark und solide gewesen seien. Gleichzeitig teilte Draghi allerdings auch mit, dass die EZB mittlerweile 68 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung finanziere.9

Irgendwie scheint das alles zusammenzupassen. Oder auch nicht.10 Immerhin ist die Behauptung zu vernehmen, dass die EZB zu einer entgrenzten Institution geworden sei, die faktisch ohne Schranken auf fast allen wirtschaftspolitischen Gebieten ohne demokratische Legitimation tätig werde und ein "Regime der Selbstermächtigung" errichtet habe.11

Die Erklärung Draghis vom 5. März 2015 gilt als (bisheriger) Höhepunkt der seit 2007 andauernden "unkonventionellen" Geldpolitik der EZB. Danach sollen ab dem genannten Monat neben den bisherigen Käufen weitere 50 (oder auch 60?) Milliarden Euro eingesetzt werden, um Anleihen des öffentlichen Sektors der Euro-Zone zu erwerben.

Mit diesem "geldpolitischen Paukenschlag" ist tatsächlich der erste Schritt in ein unbekanntes Land getan. Die QE-Beschlüsse der EZB empfindet man in diesem Zusammenhang als Ausdruck großer Verzweiflung. Sie hätten das Gefühl des Ausgeliefertseins erzeugt, verbunden mit "ohnmächtiger Wut", insbesondere bei Sparern, die sich um die Früchte ihrer Sparsamkeit gebracht sehen. Dieses Gefühl, so eine Prognose, werde irgendwann umschlagen.

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