Britische Regierung will Reiche am stärksten belasten
Neben den erwarteten drastischen Sparmaßnahmen wird eine Bankenabgabe und eine deutlich höhere Besteuerung von Kapitalerträgen angekündigt
Auch die britische Regierung tritt auf die Sparbremse. Daran wollte sie auch nichts ändern, nachdem US-Präsident Barack Obama vor dem G-20-Gipfel warnte, die schwache Konjunkturerholung könnte durch einen allgemeinen Sparkurs abgewürgt werden. Der neue Premierminister David Cameron will will innerhalb von fünf Jahren einen ausgeglichenen Staatshaushalt erreichen. Seine Regierung hat nun in einem Nothaushalt seinen Sparkurs konkretisiert. Finanzminister George Osborne geht wegen der Sparziele von einem geringeren Wachstum aus. Statt 1,3% sollen es 2010 noch 1,2% sein und 2011 statt 2,6% nur 2,3%.
Der Haushalt sei "hart, aber fair", hatte Finanzminister Osborne schon zuvor angekündigt. Die Sparmaßnahmen bezeichnete er angesichts der Herausforderungen als "unvermeidlich". Insgesamt 17 Milliarden Pfund (fast 20,5 Milliarden Euro) sollen eingespart werden. So müssen alle Ministerien, abgesehen vom Gesundheits- und Entwicklungshilfeministerium, über die nächsten 4 Jahre 25 Prozent ihres Budgets kürzen.
Osborne kündigte an, bis zum Haushaltsjahr 2015/2016 den Staatsetat nahezu ausgleichen zu wollen. Obwohl die Lage tatsächlich nicht so schlecht wie befürchtet ist, würde das Haushaltsdefizit nach 11% im laufenden Haushaltsjahr erneut 10,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen. Im Fiskaljahr 2010/2011 sollen noch 149 Milliarden Pfund neue Schulden gemacht werden und im Jahr darauf sollen es noch 116 Milliarden sein.
Doch die Sparpläne der Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten sind deutlich ausgewogner als die Pläne, die zum Beispiel Spaniens Sozialisten (PSOE) vorgelegt haben. Deren Defizit fiel 2010 mit 11,2% ähnlich hoch wie das Großbritanniens aus, die Madrider Sparpläne bringen den Sozialdemokraten jedoch zwei Generalstreiks ein (Spanien muss besonders für französische und deutsche Banken sparen). Auch die britische Regierung kündigte nun doch eine Anhebung der Mehrwertsteuer an, die ab dem 4. Januar 2011 um 2,5% auf 20% ansteigen soll. Die Labour Regierung hatte sie temporär von 17,5% auf 15% reduziert, um die Konjunktur anzukurbeln.
Die britischen Pläne sehen auch eine empfindliche Erhöhung der Steuern auf Kapitalerträge von 18% auf 28% vor. Ausgerechnet die Konservativen kündigten auch eine Bankenabgabe ab Januar an, die ab 2011 zwei Milliarden jährlich einbringen soll. Damit wurde auch ein Bremsklotz für einen möglichen EU-Alleingang beseitigt. Bei den spanischen Sozialdemokraten vermisst man derlei Maßnahmen völlig, die vor allem die einfache Bevölkerung zur Kasse bitten.
"Wir werden die Geringverdiener jedoch schonen", kündigte Osborne an. Zwar will auch London die Löhne der Staatsbediensteten für zwei Jahre einfrieren, doch von Lohnkürzungen wie in Spanien ist hier nicht die Rede. Die 1,7 Millionen Beschäftigten des Staats, die weniger als 21.000 Pfund im Jahr verdienen, werden ausgenommen. Sie erhalten in den beiden Jahren jeweils einen Scheck über 250 Pfund, womit aber auch Cameron einer stark steigenden Inflation vorbaut (Die Angst vor der Inflation steigt).
Angehoben wird zur Entlastung geringer Einkommen auch der Steuerfreibetrag um 1.000 auf 7.475 Pfund. Etwa 23 Millionen Steuerzahler sollen damit im Jahr um 170 Pfund entlastet werden. Dafür werden Steuervergünstigungen für Familien verringert, die über 40.000 Pfund Jahreseinkommen haben. Verringert werden soll auch die Körperschaftssteuer für Kleinbetriebe, die auf 20% gesenkt wird. Zudem wird der Rest der Betriebe entlastet. Deren Steuern werden ab 2011 um jährlich 1% gesenkt, um sie ab 2014 auf 24% zu belassen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass viele der Versprechen umgesetzt wurden, die der Liberaldemokrat Nick Clegg angekündigt hatte.