Bundesregierung untersagt Verkauf an Chinesen: Aus für kleine MAN-Gasturbinen

Stahlschaufeln aus Turbinenpropeller

Symbolfoto einer Gasturbine

(Bild: Matveev Aleksandr / Shutterstock.com)

Die Bundesregierung verbietet VW den Verkauf einer MAN-Gasturbinen-Sparte an China. 100–140 Arbeitsplätze sind in Gefahr. Was steckt hinter dem Verbot?

Man muss Entscheidungen der Bundesregierung nicht verstehen, zumal wenn sie im Kontext der gewünschten Reduzierung der Lieferverflechtungen mit China stehen. Aktuell geht es um eine eher kleine, noch im Aufbau befindliche Einheit von MAN ES, welche durch die Zusammenführung der MAN Nutzfahrzeuge mit der schwedischen Scania zur Traton SE an Volkswagen übertragen wurde.

MAN ES: Kleine Gasturbineneinheit sucht neue Heimat

Da man für die kleine Gasturbinenentwicklungseinheit für Leistungen zwischen sechs und 16 Megawatt mit ihren beiden Standorten in Oberhausen und Zürich aufgrund der Wettbewerbssituation keine Zukunft im Wolfsburger Konzern sah, suchte man nach einer Lösung für die vergleichsweise kleine Einheit von Volkswagen.

Nach längerer Suche war man mit einem bestehenden Geschäftspartner in China handelseinig geworden. Man wollte sie an die Guanghan Gas Turbine (GHGT) in Harbin, einem Tochterunternehmen der China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC) verkaufen. Dabei handelt es sich um einen langjährigen Kunden von MAN ES, dem die in Oberhausen entwickelten Turbinen bekannt sind.

Chinesischer Käufer plant Expansion in Deutschland und der Schweiz

Die CSIC GHGT wollte sich mit dem Kauf der Oberhausener Turbinenentwicklung internationaler aufstellen. Sie produziert und wartet aktuell Hochleistungs-Gasturbinen im Leistungsbereich von 5 bis 50 MW. Am Standort Oberhausen sollten künftig neue Produkte und Technologien im Bereich kleiner und mittlerer Gasturbinen entwickelt werden.

Dafür hat GHGT eine neue deutsche Tochtergesellschaft namens Guanghan Gas Turbine GmbH mit Sitz in Oberhausen gegründet. Sie soll 80 bis 90 Beschäftigte haben, teilten beide Unternehmen vor dem beabsichtigten Verkauf mit.

Am Standort Zürich sollten weiterhin bereits installierte Gasturbinen gewartet und damit verbundene Dienstleistungen angeboten werden. Dafür hat GHGT eine neue schweizerische Tochtergesellschaft, die Guanghan Gas Turbine Schweiz AG mit Sitz in Zürich gegründet. Sie soll rund 20 Mitarbeitende beschäftigen.

Die Vereinbarung zum Verkauf war am 20. Juni unterzeichnet worden. Weder der Verkaufspreis noch die Details des Verkaufs wurde veröffentlicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Käufer auch in die bestehenden Wartungsverträge hätte einsteigen müssen.

Einsatzbereiche und technische Einschätzung der Gasturbinen

Die Turbinen sind hauptsächlich für den industriellen Einsatz oder als Betriebsmittel für Pipelinebetreiber gedacht. Im Vorfeld des beabsichtigten Verkaufs hatte MAN ES sich vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bestätigen lassen, dass weder die Güter noch die Technologie einer Exportkontrolle unterliegt.

Zudem hatte man sich aufseiten von MAN ES weitere Gutachten eingeholt, welche die Einschätzung des BAFA bestätigt und ausgeführt haben, warum ein Einsatz der Turbinen MAN ES auf Militärschiffen oder gar in Kampfjets oder Drohnen technologisch nicht sinnvoll ist, da sie als schwere Stationärmaschine für Erdgasbetrieb weder die Vorteile leichter Aero-Derivate aufweise noch die Nachteile gegenüber schnell laufenden Dieselmotoren kompensieren könne.

Die Bundesregierung untersagt den Verkauf

Während man sich in Bayern, mit seiner historischen Heimat von MAN in Augsburg über das chinesische Investment gefreut haben dürfte, hat dies den Widerstand in Berlin erregt. Die Bundesregierung war dem Verkauf der MAN-ES-Sparte offensichtlich nicht gewogen. Letztlich genügte wohl die Tatsache, dass die Muttergesellschaft des beabsichtigten Käufers, die China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC), auch Kriegsschiffe für Pekings Marine baut.

Folgen des Verkaufsverbots: Stellenabbau und ungewisse Zukunft

MAN ES hat nun bekannt gegeben, dass man die Neuentwicklung von Gasturbinen in Oberhausen jetzt abwickeln werde. Betroffen sind davon wohl 100 – 140 Mitarbeiter in Nordrhein-Westfalen. Nicht auszuschließen ist, dass zumindest ein Teil der entlassenen Mitarbeiter in der Folge bei der Guanghan Gas Turbine GmbH anheuern wird und so eine nahtlose Anschlussverwendung bekommen kann.

Zudem könnten mit einer Abwerbung des Personals letztlich auch die zahlreichen Kooperationsvereinbarungen zwischen GHGT und MAN ES mit neuem Leben erfüllt werden, die einen eleganten Übergang des MAN-Geschäfts auf GHGT ermöglichen sollten. Mit zahlreichen Kooperationsvereinbarungen wollte man dafür sorgen, dass die bestehenden Turbinen-Kunden von MAN ES auch künftig fachgerecht betreut werden können.

Was vor dem Hintergrund des aktuellen Verbots mit dem Rest der MAN ES geschehen soll, die im Volkswagenkonzern nur noch eine Bleibeberechtigung bis 2026 hat, dürfte äußerst fraglich geworden sein. Die Zahl der finanzkräftigen Kaufinteressenten dürfte mit der Blockade aus Berlin deutlich geschrumpft sein.

Nicht auszuschließen ist als Hintergrund der Verbotsentscheidung aus Berlin der feste Wille, die Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen künftig weitgehend unberechenbar zu machen und auf diese Weise einem Decoupling einen Schritt näherzukommen. Dass dies eine für den ehemaligen Exportweltmeister sinnvolle Entscheidung ist, darf bezweifelt werden. Zielführend im atlantischen Sinne ist sie auf jeden Fall.