Die Bertelsmann-GLS-Bank-Connection

Seite 3: Die Bertelsmann Stiftung und die GLS-Bank

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Es bestehen insgesamt wenig Berührungsängste bei der GLS-Bank in Bezug auf die Bertelsmann-Vorzeige-Universität Witten-Herdecke. Aber wie sieht es aus mit möglichen Verflechtungen mit der Bertelsmann Stiftung selber, die als Lobbyorganisation berüchtigt ist?

Bei der Angliederung des Bertelsmann-Instituts an die Universität Witten-Herdecke wurde unternehmerische Verantwortung hervorgehoben. Und das ist ein klarer Anknüpfungspunkt zur Arbeit der GLS-Bank. Von Prof. Dr. Michèle Morner hieß es seinerzeit:

Die vergangenen Jahre haben aufgezeigt, dass verantwortungsbewusste Unternehmensführung gesellschaftlich von großer Bedeutung, aber nicht selbstverständlich ist.

Michèle Morner

Zum angeblichen Verantwortungsbewusstsein des Bertelsmann-Konzerns sei eine persönliche Anekdote des Autors zum Besten gegeben: Als meine Mutter 1978 im Rahmen eines studentischen Austauschprogramms aus den USA nach Deutschland auswanderte, fand ihre erste Geschäftserfahrung mit dem Bertelsmann-Konzern statt.

Und zwar wurde der mittellosen jungen Frau, die der deutschen Sprache nicht mächtig war, in der Fußgängerzone eines der berüchtigten Bertelsmann-Club Buch-Abos angedreht, das sie dazu verpflichtete, dem Bertelsmann-Konzern über einen langen Zeitraum eine Vielzahl von Büchern von mäßiger Qualität abzukaufen. Mit diesem zweifelhaften bis betrügerischen Geschäftsmodell war Bertelsmann seit den 1950er-Jahren überhaupt erst groß geworden.

"Verantwortungsbewusst"

Es wurde zwar 2015 eingestellt, aber es zeigt doch, dass "verantwortungsbewusste Unternehmensführung" hier wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat. Auch das "Verantwortungsbewusstsein" des Bertelsmann-Tochterunternehmens Arvato, kann man sich anhand eines Teils der vernichtenden Kommentare auf der Zunge zergehen lassen. Soviel zur aufgeblähten Darstellung des Konzerns - ganz zu schweigen von dessen angeblichen Engagement für den "Qualitätsjournalismus" (Beef!, Gala, Schöner Wohnen, Stern), sein "umweltfreundliches Drucken" und vor allem die "Mitarbeiterverantwortung".

Auch die Bertelsmann-Uni Witten-Herdecke hat natürlich nach Selbstdarstellung ausschließlich "verantwortungsvolle" Führungskräfte wie Jan Peter Nonnenkamp, der zuvor beim Bergbau-Unternehmen K+S beschäftigt war und sich nun Kanzler der Universität nennen darf. Der K+S Konzern ist dafür bekannt, mit der Umwelt in Deutschland nicht unbedingt so umzugehen, dass "verantwortlich" dafür die richtige Bezeichnung wäre.

Offenkundige Verbindungen zwischen Bertelsmann und GLS-Bank bestehen auch jenseits der Universität Witten-Herdecke. Denn die Bertelsmann Stiftung erkundet neue Geschäftsmöglichkeiten für ihren Mutterkonzern, die Bertelsmann SE & Co. KGaA. Als neuen Sektor für das Profitstreben hat sie den sozialen Sektor ausgemacht, nachdem andere Gesellschaftsbereiche offenbar abgeschöpft sind.

"Die soziale Veränderung finanzieren"

Thomas Goldfuß, Seniorexperte Nachhaltigkeit bei der GLS Bank, ist zugleich Mitglied des G8-bezogenen Gremiums "National Advisory Board Germany" (NAB), dessen Vorsitzende in Deutschland die Bertelsmann-Frau Brigitte Mohn höchstpersönlich ist. Außerdem im NAB vertreten ist eine Auswahl des who is who der neoliberalen Scharfmacher in Deutschland. Darunter vier Personen von der Bertelsmann Stiftung direkt sowie Personen der BMW/Quandt Stiftung, der Deutschen Bank und der Vodafone Stiftung.

Im Report der Bertelsmann Stiftung "Social Impact Investing - Financing Social Change" heißt es von der Cheflobbyistin Brigitte Mohn zum Thema:

Over the last year, an international working group that emerged from a meeting of the G8 countries in summer 2013 has been intensively investigating the potential development of additional financing sources for the social sector.

Brigitte Mohn

Und zur Begründung, weshalb man in "sozial" investieren sollte heißt es weiter:

Wirkungsorientiertes Investieren (WI) bzw. Social Impact Investing (SII) umschreibt eine noch recht neue Möglichkeit für Anleger, zivilgesellschaftliche Verantwortung gezielt und mit messbaren Wirkungen durch ihre Kapitalanlagen wahrzunehmen.

Bertelsmann Stiftung: Risiko, Rendite - und Wirkung?

Die genannten Vordenker haben sich also einen Begriff für den neuen Geschäftsbereich ausgedacht: "Wirkungsorientiertes Investieren". Man heuchelt, es gehe hierbei um "Neue Finanzierungsquellen zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen". Die Bertelsmann Stiftung lobt dabei auch explizit die GLS-Bank:

Zudem zeigen sich die Finanzierungsagentur für Social Entrepreneurship und die GLS Gemeinschaftsbank eG als neue Motoren für WI-Produkte

Social Impact Investment in Deutschland 2016

Auch im hauseigenen "change - Das Magazin der Bertelsmann Stiftung" feiert man im Artikel "Verantwortung statt Gier" die Aktivitäten und das Geschäftsmodell der GLS-Bank. Beim Thema "Social Impact Investing" will sogar die OECD mitmischen. Natürlich in neoliberaler Eintracht mit der Bertelsmann Stiftung, bei der man sich artig für die Unterstützung bedankt:

The OECD is grateful to the Department of Employment and Social Development in Canada, the U.K. Cabinet Office, and the Bertelsmann Foundation for their support of this work.

OECD

Eine weitere Überschneidung zwischen Bank und Stiftung findet sich im Bericht der GLS-Bank namens "5. Mission Investing Forum". An diesem Papier hat etwa der Bertelsmann Johannes P. Weber mitgearbeitet, der zugleich "Projektmanager bei der BMW-Stiftung Herbert Quandt" ist.

Eine vielleicht zufällige Verbindung ist zudem, dass die GLS-Bank bereits 2010 zur "Bank des Jahres" gekürt worden war. Und zwar vom TV-Sender n-tv und dem Blatt Börse Online, zwei Medien in der Hand des Bertelsmann-Konzerns. Dies war schon damals einigen negativ aufgefallen und entsprechend kritisiert worden. Harald Weil hat es in einem Artikel des anthroposophischen "Instituts für soziale Dreigliederung" seinerzeit bereits auf den Punkt gebracht:

Dass die Wahl der GLS über n-tv und Börse online geschehen ist, hat eine gewisse subversive Ironie. Gehören doch beide zum übermächtigen Imperium der absolut fragwürdigen Bertelsmann Stiftung, die es durch eben diese Konstruktion als Stiftung ermöglicht, die enormen Gewinne der Bertelsmann AG für Partikularinteressen zu stauen, der Steuer und damit dem Nutzen der Bevölkerung zu entziehen und massive, neoliberal ausgerichtete Einflussnahme auszuüben.

Harald Weil

Für alle, die es noch nicht wussten und die aus Ablehnung von Spekulation zur GLS Bank gewechselt sind - oder es vorhaben: Die GLS-Bank legt seit 2015 Aktienfonds auf (auch wenn strenge ethische und ökologische Kriterien für die Aufnahme von Firmen in den Fonds gelten).

Damit könnte man sagen, nähert sie sich auch ideologisch Organisationen wie der Universität Witten-Herdecke und der Bertelsmann Stiftung an, indem sie auf steigende Kurse spekuliert, und die ultra-kapitalistische Infrastruktur der Aktienmärkte nutzt.