Frauen-Box-Drama bei Olympia: Carini gibt nach wenigen Sekunden gegen intersexuelle Boxerin auf

Angela Carini. Bild: fpi.it

Umstrittener Kampf bringt Olympisches Komitee unter Beschuss. Diskussion um intersexuelle Personen im Frauensport angeheizt. Was heute geschah.

Der olympische Boxkampf der Frauen im Weltergewicht zwischen der Italienerin Angela Carini und Imane Khelif aus Algerien endete schnell, nach nur wenigen Sekunden. Die italienische Boxerin musste, bei offener Deckung, einen kräftigen Punch einstecken, ohne k.o. zu gehen, dessen Wucht sie offensichtlich aber erstaunte. Es war der erste Schlag ihrer Gegnerin.

Carini ging danach in die Ecke zu ihrem Coach. Der gab sofort das Zeichen der Aufgabe. Gegnerin Khelif ist im Viertelfinale.

Der Kampf konnte leider nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verfolgt werden. Dort konzentriert man sich auf mögliche deutsche Medaillen oder Superstars. Auf der ARD-Seite war bis zum frühen Nachmittag lediglich die Aufgabe vermerkt, ohne weitere Informationen.

Im Dickicht des faustdicken Schlagabtauschs

Dabei hatte der Kampf vorab für hitzige Diskussionen und große Aufmerksamkeit gesorgt, weil Imane Khelif eine intersexuelle Frau ist und sie über eine sehr viel größere Schlagkraft verfügt.

Im Boxkampf, wo harte Schläge ausgeteilt und eingesteckt werden, unter Umständen mit der Folge, dass Kämpfer medizinisch behandelt werden müssen, auch im Krankenhaus, bekommt die grundsätzliche Frage, ob Intersexuelle und Transpersonen in den Frauensport integriert werden sollten, eine besondere Drastik.

Nach dem Kampf kocht es auf den Rängen im Debattenforum X. Abzusehen war, dass aus dem "Dickicht der Fäuste", wie der Boxsport einmal vom Dichter Wolf Wondratschek betitelt wurde, zum Dickicht der verbalen Schlagabtausche wird. Auch da geht es zur Sache.

Vorwürfe hagelt es gegen das Internationale Olympische Komitee (CIO), das – anders als der Boxverband IBA bei Weltmeisterschaften – zwei intersexuelle Boxerinnen, Imane Khelif und Lin Yu-ting aus Taiwan, für die Olympischen Spiele zugelassen hat.

Bei Weltmeisterschaften wurden sie disqualifiziert. Über Khelif hieß es, dass sie bei den Titelkämpfen in Neu-Delhi "zu hohe Testosteronwerte aufgewiesen" hatte.

Nun wird das IOC in der Diskussion mit dem Vorwurf konfrontiert, dass es Angela Carini "gezwungen" habe, gegen Imane Khelif zu boxen.

Aufgabe aus Protest?

Der User "Claudio Restani" betonte in einem Tweet, dass Carini aus Protest gegen Khelif zurückgetreten sei, die er als biologisch männlich bezeichnete: "Carini tritt aus Protest gegen den Boxer Khelif zurück, der Chromosomen und den Körper eines Mannes hat, sich aber als Frau ausgibt, um seine Misserfolge im Männerboxen zu verbergen. Ehre sei ihr!" Restani lobte Carini für ihre Entscheidung.

Ein User, der sich Generalissimo Sebastiano Di Ravello nennt, zog mit einem sarkastischen Kommentar nach: "Wenn wir schon dabei sind, lassen wir auch Mike Tyson teilnehmen, damit gebrochene Kiefer Kämpfe begleiten können." Sein Tweet stellt die Teilnahme von Intersexuellen und Transpersonen im Frauensport grundsätzlich infrage.

Manche kritisierten, wie im Boxen nicht unüblich, dass die italienische Boxerin zu schnell aufgegeben habe. Auch das erfuhr Kritik. Carini anzugreifen, ohne auch nur ihre Gründe zu hören, sei leider typisch, heißt es da.

Die Debatte wird politisch

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die anhaltende Debatte um die Teilnahme von Intersexuellen und Transpersonen im Frauensport. Befürworter argumentieren, dass intersexuelle Frauen wie Kehlig das Recht haben, unter fairen Bedingungen zu konkurrieren, während Kritiker befürchten, dass physische Unterschiede zu unfairen Vorteilen führen könnten.

Das Internationale Olympische Komitee steht unter Druck, klare Richtlinien zu entwickeln, um sowohl die Inklusion zu fördern, als auch die Fairness zu gewährleisten.

Die Diskussion um den Kampf Carini gegen Khelif zeigt, wie emotional und komplex das Thema ist und dass es weiterhin eine sorgfältige Abwägung erfordert, um allen Beteiligten gerecht zu werden.

Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat sich mittlerweile in die Diskussion eingeschaltet: "Mit diesen Testosteronwerten ist es kein fairer Wettbewerb. Athleten mit männlichen Merkmalen sollten nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürfen, um die Rechte der weiblichen Athleten zu schützen."


Redaktionelle Anmerkung: In einer früheren Version dieses Textes wurde Kehlif ans Transfrau bezeichnet. Richtig ist, dass sie eine intersexuelle Frau ist. Eine intersexuelle Person wird mit körperlichen Merkmalen geboren, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind. Diese Merkmale können sich auf Chromosomen, Genitalien oder innere Fortpflanzungsorgane beziehen. Intersexualität ist eine angeborene Variation der Geschlechtsmerkmale. Eine trans Frau ist eine Person, die bei der Geburt als männlich eingestuft wurde, sich jedoch als weiblich identifiziert. Diese Person kann sich einer sozialen, medizinischen und/oder rechtlichen Transition unterziehen, um ihre Geschlechtsidentität zu leben.