"It's a hell of a lot of fun to shoot them"

Ein hoher Offizier provoziert Entrüstung, auch wenn er wahrscheinlich nur unbedacht geäußert hat, was manche Soldaten beim Kampf empfinden dürften

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Der Mann war unvorsichtig und hat wahrscheinlich etwas ausgesprochen, was sicherlich nicht für alle Soldaten zutrifft, wohl aber für einige, egal, welcher Nation sie angehören. Allerdings hat Generalleutnant James Mattis seine Äußerung in einer Position und zu einer Zeit gemacht, die keine Mitteilungen über subjektive, aber moralisch verpönte Befindlichkeiten wie der Lust am Erschießen mancher Menschen vertragen. Geht es doch um die Verbreitung von Freiheit durch Soldaten, die schon mal offiziell nun auch Freedom's Ambassadors genannt werden.

Generalleutnant James J.N. Mattis (links), Kommandant der1st Marine Division, am 7. April in der Nähe von Falludscha. Bild: Pentagon

Vermutlich war der Kommandant der 1. Marineinfanteriedivision, der schon im ersten Golfkrieg, in Afghanistan und dann beim Einmarsch in den Irak und beispielsweise wieder beim ersten, gescheiterten Angriff auf Falludscha im Frühjahr 2004 beteiligt war, nur ehrlich. Während einer von der Armed Forces Communications and Electronics Association organisierten Podiumsdiskussion in San Diego am letzten Dienstag erklärte der langjährige und hochgediente Berufssoldat:

Actually, it's a lot of fun to fight. You know, it's a hell of a hoot. ... It's fun to shoot some people. I'll be right upfront with you, I like brawling. ... You go into Afghanistan, you got guys who slap women around for five years because they didn't wear a veil. You know, guys like that ain't got no manhood left anyway. So it's a hell of a lot of fun to shoot them.

Mattis saß auf einem Podium vor etwa 200 Leuten, sozusagen in einer Halböffentlichkeit, besprach auch taktische Probleme des Krieges gegen Aufständische und kam dann kurz darauf zu sprechen, dass sein Beruf "großen Spaß" macht. Nicht, wenn man in einer Kaserne sitzt oder Übungen macht, sondern wenn man richtig da draußen kämpft, wo es um Leben und Tod geht. Die Marines werden ja auch zum Kämpfen und Töten ausgebildet, was auch einen Teil der Schwierigkeiten im Irak ausgemacht hat, da das militärische Vorgehen den Widerstand auch noch mit geschürt hat.

Aber nicht genug, sich damit vor der Öffentlichkeit und vor Fernsehkameras zu brüsten, dass das Töten von Menschen Spaß macht, Mattis macht auch noch deutlich, dass die Menschen, gegen die er im Auftrag des Oberbefehlhabers zu Felde zieht, den Tod auch verdient haben. Sie schlagen Frauen, wenn sie keinen Schleier tragen. Und wer das macht, ist im Gegensatz zu aufrechten amerikanischen Soldaten wie Mattis auch irgendwie kein Mann. Und so ist es erst recht "a hell of a lot of fun", sie abzuknallen.

Dass dem schießfreudigen Offizier dann gleich der Kommandeur des Marine Corps, Mike Hagee, zu Hilfe eilt und entschuldigend erklärt, dass sich solche Äußerungen lediglich der harten Wirklichkeit der Krieges verdanken, ist zwar zu erwarten gewesen, macht die Sache aber eher noch schlimmer. Hagee meint, er hätte dies halt anders ausdrücken sollen, sei aber "einer der tapfersten und erfahrensten militärischen Führer". Kämpfer sind halt nicht immer diplomatisch, auch wenn sie Führungspositionen einnehmen. Und die Kommandeure wissen, gleich ob es um Folter oder um andere Entgleisungen geht (Im Krieg mit dem Satan), dass höchstens die untersten Dienstgrade wirklich zur Rechenschaft gezogen werden. Ganz entsprechend reagierten auch General Pace und US-Verteidigungsminister Rumsfeld während einer Presssekonferenz.

Mattis war wohl auch wesentlich daran beteiligt, die Lage in Falludscha anzuheizen. Nachdem vier amerikanische Söldner in Falludscha getötet und die Leichen vom aufgebrachten Mob demütigend durch die Stadt geschleift wurden (Triumph der Grausamkeit), starteten die Marines unter Mattis im April 2004 einen Racheangriff. Der wurde aber bald abgebrochen, da die Kritik wegen der Bombardierung auch von Zivilisten groß war und die Stadt zum Symbol des Widerstands wurde. Zu der Zeit wurde auch der Folterskandal in Abu Ghraib bekannt. In einer neuen Taktik schickten die Marines dann irakische Soldaten in die Stadt, die sich dann aber mit den Aufständischen verbündeten. Falludscha wurde schließlich zu einer unkontrollierbaren, von Islamisten beherrschten Stadt. Trotzdem wird es einen Hollywood-Film über den von Mattis geführten Kampf geben (Die Schlacht um Falludscha als Hollywoodfilm).

Mattis hatte aber auch mit der Bombardierung einer Hochzeitsgesellschaft von Hubschraubern zu tun, die viel Wirbel aufrührte und auch zeigt, wie man präventiv den Krieg führt (Die volle Souveränität einer Übergangsregierung unter Militärherrschaft). Dabei wurden über 40 Menschen getötet, Mattis argumentierte, dass mitten in der Wüste, weit weg von der "Zivilisation", nichts Unschuldiges geschehen könne:

How many people go to the middle of the desert ... to hold a wedding 80 miles (130km) from the nearest civilisation? These were more than two dozen military-age males. Let's not be naive.

Nachdem Mattis Bilder von getöteten Kindern gezeigt wurde, entgegnete der Kämpfer:

I have not seen the pictures but bad things happen in wars. I don't have to apologise for the conduct of my men.

Kann schon passieren, wenn man auf Jagd auf die Bösen im Namen des Guten und der Freiheit ist. Gleichwohl dürfte Mattis kein Einzelfall sein, sondern eher eine betriebsbedingte Panne, was den Auftritt in der Öffentlichkeit angeht. Man kann wohl kaum Jahrzehnte als Soldat arbeiten, ohne den Krieg zu seinem Handwerk für einen mehr oder weniger beliebigen Auftraggeber zu machen. Und das Handwerk besteht schlichtweg darin, eine präzise und effiziente Tötungsmaschine zu sein. Auch dazu sind Rechtfertigungen nötig in der Art, dass der Feind böse oder irgendwie nicht lebenswert ist - kein richtiger Mann. Für Manche ist der Einsatz sicher ein Kitzel und ein Abenteuer, weswegen sie auch zum Militär gehen und von den Tötungsmaschinen fasziniert sind.

Jetzt aber ist nur die Rede davon, dass die Äußerungen ein Skandal seien. Wie gesagt, viele Angehörige von regulären Truppen, aber auch von Milizen oder Rebellen könnten vermutlich ähnliches sagen. Anstatt aber darüber zu sprechen, was im Hinblick auf intervenierende, friedenserhaltende oder -sicherende Truppen und deren Ausbildung dringend notwendig wäre, geht es lediglich um den Skandal und die Klugheit von verschleiernden Äußerungen. Mattis ist gerade im Marine Corps Combat Development Command in Quantico tätig und mit der Entwicklung von Kriegsstrategien und -techniken beschäftigt.