Jahresrückblick 2012: Energie

Die Energie- und Klimawochenschau: Einige Schlaglichter zu dem was im vergangenen Jahr in Sachen Energie passierte

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Das Jahr 2012 hatte einiges zu bieten. Absurde Blüten wie die Einführung von Baumarktkontrolleuren zur Überwachung des Glühbirnenverbots. Beunruhigend ist die Feststellung, wie schnell die Verseuchungen von Fukushima in das Erbgut gelangt sind. Insgesamt geht der Rückzug der Atomenergie weiter, leider immer noch ohne eine Einigung, wie denn mit den Relikten dieser Ära umzugehen ist. Erfreulich ist vor allem zu sehen, dass trotz der teils gravierenden politischen Eingriffe der Ausbau der Erneuerbaren weiter voran geht und neue Konzepte für Speicher, Netze und Mobilität entwickelt werden. So bleibt die Transformation der Energieversorgung weiter spannend.

Januar

Viel Windstrom
Das Jahr startet stürmisch. Ein Sturmtief zieht über Nordwest- und Mitteleuropa und beschert den Windmüllern reiche Ernte. Die Daten der Strombörse zeigen, dass Windstrom am Vormittag des 4. Januar 30 Prozent der bundesweiten Stromerzeugung liefert. Schon am Vortag erzeugten Wind- und Sonnenkraftwerke zur Spitzenverbrauchzeit zusammen knapp 50 Prozent des Strombedarfs.

In Japan nur noch drei AKWs am Netz
Ein weiterer Reaktor geht vom Netz, diesmal planmäßig für die jährliche Revision. Von den 54 japanischen AKWs sind jetzt nur noch 3 in Betrieb. Die angekündigten Stresstests im Land werden von einheimischen Experten als nahezu nutzlos kritisiert, da Unsicherheitsfaktoren wie menschliches Fehlverhalten oder Versagen der Ausrüstung nicht berücksichtigt werde.

Die Pläne zur Dekontaminierung eines 267 Quadratkilometer großen Gebiets um die havarierten Reaktoren von Fukushima werden veröffentlicht. Bauwerke sollen abgewaschen, belastete oberste Erdschichten entfernt werden, die Arbeiten sollen bis März 2014 abgeschlossen sein - ob oder bis wann die Bewohner zurückkehren können, bleibt offen.

Februar

Preiszocken gefährdet das Stromnetz
Während der Kälteperiode der letzten zwei Wochen kam es mehrmals zu teilweise Stunden andauernden Unterdeckungen im Stromnetz. Die Bundesnetzagentur überprüft die Hinweise, dass Stromhandelsgeschäfte dafür verantwortlich sind. Der Verdacht richtet sich gegen einige der rund 900 Stromhändler, die als Bilanzkreisverantwortliche direkt bei den Kraftwerken Strom für Großkunden einkaufen.

Die Stromhändler sollen, obwohl sie einen höheren Strombedarf absehen konnten, bewusst nicht nachgekauft haben, um Geld zu sparen. Das Netz musste währenddessen durch Regelenergie ausgeglichen werden, deren Funktion es eigentlich ist, das Netz sekundengenau auszugleichen. Matthias Kurth, damaliger Chef der Bundesnetzagentur schlägt vor den Preis der Regelenergie an die Preise der Spotmärkte zu koppeln, damit kein Anreiz mehr besteht, auf Kosten der Netzsicherheit zu zocken.

Radikale Einschnitte bei der Solarförderung

Umwelt- und Wirtschaftsminister legen ihre Pläne für eine beschleunigte und vorgezogene Absenkung der Einspeisevergütungen für neue Solaranlagen vor. Es soll zwar weiter eine Einspeisevergütungen für 20 Jahre geben. Aber schon ab dem 9. März wird die Vergütung je nach Anlagengröße und -art um 20,2 bis 24,9 Prozent abgesenkt.

Im Monatstakt soll es danach um jeweils 0,15 Cent pro Kilowattstunde runtergehen. Norbert Röttgen spricht offen das Ziel der Aktion aus: "Mit unserem Vorschlag zur Fotovoltaik-Förderung wollen wir die Zubaumenge und die Kosten wirksam begrenzen". Der Bundesverband Solarwirtschaft spricht von einem Solarausstiegsgesetz.

März

Fotovoltaik liefert jetzt mehr Strom als die Wasserkraft
Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) legt ihre Energiebilanz für Deutschland vor. Am meisten stiegen die Erzeugermengen der Windkraft (+22%), der Fotovoltaik (+67%) und von Biogas (+21%). Fotovoltaik liefert 4% und damit erstmals mehr als die Wasserkraft.

Gorleben wird zum Referenzstandort
An ihm sollen sich andere noch zu untersuchende Standorte messen. Vorerst soll in Gorleben nur ein "Offenhaltungsbetrieb" stattfinden und nicht weiter am Endlager gebaut werden. Nach den aktuellen Plänen sollen nun bundesweit potenzielle Standorte, auch in Fest- und Tongesteinen, gesucht werden und ihre Eignung dann mit den Eigenschaften von Gorleben verglichen werden.

Damit die Politik leichter Einfluss auf die Bewertung nehmen kann stellt Norbert Röttgen Pläne vor, das eigentlich zuständige Bundesamt für Strahlenschutz durch ein willfähriges "Bundesinstitut für Endlagerung" zu ersetzen.

April

Japan ohne Atomstrom
Vor der Fukushima-Reaktorkatastrophe lieferten die 54 japanischen AKWs noch 30% des Stromverbrauchs im Land. Zuletzt lieferten die verbliebenen Meiler aber gerade noch 3% und ab April ist das Land auf Probe atomstromfrei. Denn die letzten fünf Atomkraftwerke werden routinemäßig vom Netz genommen.

Atomkraftwerke laufen in Japan jeweils bis zu 13 Monate am Stück, danach werden sie zur Wartung heruntergefahren. Die Stromerzeugung wird währenddessen von fossil befeuerten Kraftwerken, besonders Ölkraftwerken übernommen. Die japanischen AKW-Betreiber möchten ihre abgeschalteten Kraftwerke aber schnell wieder in Betrieb nehmen. Und die Regierung plant, die AKW-Laufzeiten von 40 auf 60 Jahre zu verlängern, da abzusehen ist, dass für Neubauten keine Akzeptanz in der Bevölkerung vorhanden ist.

Einspeisegesetz für Atomstrom
Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien wollen, dass AKWs europaweit als emissionsarm eingestuft werden und als klimaschutzrelevante Stromquelle ähnlich behandelt werden wie regenerative Energiequellen. Der Bau von AKWs und vor allem auch die Einspeisung von Atomstrom ins Netz sollen in Zukunft gefördert werden.

Sie fordern, dass der bis 2050 geplante Umstieg Europas auf emissionsarme Kraftwerke "technologieneutral" geschieht und AKWs mit einbezieht. In allen vier Ländern sind neue Reaktorbauten geplant, allein in Großbritannien vier neue AKWs. Allerdings wurden in letzter Zeit mehrere AKW-Neubauprojekte wegen der hohen Baukosten nicht begonnen. Großbritannien gilt als Vorreiter und will Einspeisetarife für Atomstrom einführen, um so deren Rendite zu erhöhen. Denn vor kurzem haben sich RWE und E.on als Betreiber neuer AKWs in Großbritannien zurückgezogen.

Mai

Teurer Budenzauber Nationale Plattform Elektromobilität
Nachdem für die Abwrackprämie 5 Milliarden Euro ausgegeben worden waren, wurde mit der "Nationalen Plattform Elektromobilität" gleich das nächste Förderprogramm für die Autoindustrie aufgelegt. Bis 2020 sollten mindestens eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen. Zwei Jahre nach dem Start des Programms folgt nun die Ernüchterung.

Gerade mal 4.541 Elektro-PKWs sind auf deutschen Straßen zugelassen, das entspricht einem Anteil von 0,1 Promille. Aus dem Konjunkturpaket II wurden aber schon 500 Mio. Euro für Elektromobilität ausgeschüttet. Alleine die bisherigen Zahlungen bedeuten also eine Subventionierung von 110.000 Euro je Fahrzeug. Und bis Ende 2013 sollen noch einmal 560 Millionen Euro aus dem Energie- und Klimafonds der Bundesregierung dazu kommen.

Statt teurer Förderprogramme schlägt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor, die Kfz-Besteuerung aufkommensneutral so zu gestalten, dass besonders effiziente und emissionsarme Fahrzeuge unabhängig von ihrer Antriebstechnologie entlastet und Spritschlucker stärker belastetet werden sollen. So würde die Fixierung auf nur eine Antriebstechnologie wegfallen und es wären auch Hybride und besonders emissionsarme konventionelle Fahrzeuge interessanter in der Anschaffung.

Viel Atomstrom im Netz kostet mehr
Strom ist in Deutschland billiger geworden als in Frankreich. Bisher war vor allem bekannt, dass Wind- und Solarstrom die Preise für Spitzenstrom kappen. Aber auch die Preise für Grundlaststrom sinken bei Verzicht auf Atomkraft und mehr Einsatz von Erneuerbaren im Strommix. So ist Strom in Deutschland schon den siebten Monat in Folge billiger als in Frankreich, das noch 74% seines Stroms in AKWs erzeugt.

Der durchschnittliche Tagespreis (Base-Load) kostete in Deutschland 4,357 Cent pro Kilowattstunde (kWh), in Frankreich aber 4,492 Cent pro kWh, also 3,1 Prozent mehr. Der Preisabstand ist bei Spitzenlaststrom noch größer. Während die kWh in Deutschland 5.139 Cent kostete, waren es in Frankreich 5.441 Cent, also knapp sechs Prozent mehr. Bei uns ist nach dem Atommoratorium auch im Jahresvergleich der Preis für Börsenstrom billiger geworden. Lag er April 2011 noch bei durchschnittlich 5,158 Cent, so sank er zum April 2012 um mehr als 15 Prozent.

Solarstrom deckt mehr als ein Drittel des Bedarfs
Neuer Rekord bei der Einspeisung von Solarstrom am 25. Mai. Zwischen 12 und 13 Uhr waren im Schnitt 22.145 MW aus Solaranlagen am Netz. Sie lieferten damit rund ein Drittel der deutschen Produktion und etwa 37,5 Prozent des Verbrauchs. Hinzu kommt noch die Leistung aus Windkraftanlagen, die sich zur gleichen Zeit bei bei durchschnittlich 4.378 MW lag. Trotzdem liefen gleichzeitig die konventionellen Kraftwerke auf hohem Niveau weiter, so dass am 25. Mai zwischen Null und 15 Uhr netto 7.450 MWh Strom exportiert.

Juni

52-Gigawatt-Deckel für Photovoltaik wird eingeführt
Am 27. Juni einigt sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in Sachen Photovoltaik auf einen kurzatmigen Kompromiss. Einige geplante Einschnitte bei mittleren Anlagengrößen werden zwar abgeschwächt. Dafür wird ein Deckel bei 52 Gigawatt eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt sind 28 GW installiert, im Vorjahr waren 7,5 GW gebaut worden, das heißt, dass schon in wenigen Jahren ein Konzept her muss, was denn nach Erreichen des Deckels geschehen soll.

Doch ein Konzepte dazu haben die Akteure nicht. Es wird lediglich vereinbart, dass rechtzeitig, bevor die 52 GW erreicht sind, ein Vorschlag dazu vorliegen soll.

Quote statt Einspeisevergütung - Kampagne zur Abschaffung des EEG
Eigendynamik ist den Apologeten von "Markt und Wettbewerb" anscheinend ein Graus. Justus Haucap, Chef der von der Bundesregierung eingesetzten Monopolkommission, spricht jetzt von einem "Kosten-Tsunami", der durch das EEG auf die Stromkunden zukomme.

Nur bis zu einem Ökostromanteil von rund 35% sei das bisherige System bezahlbar. Außerdem werde bereits jetzt "Wettbewerb" auf dem Energiemarkt durch das EEG zurückgedrängt. Er schlägt vor, dass die Bundesregierung stattdessen die Energiekonzerne auf Ökostrom-Quoten verpflichtet. Ganz ähnlich klingen die Äußerungen von Rainer Brüderle. Die Zeit des EEG sei vorbei.

Stattdessen sollen Stromkunden sich per Preis für den billigsten Strom entscheiden, so dass bessere Standorte, Anlageneffizienz und Erzeugertechnik im Vorteil seien. Nur dumm dass Privatkunden gar keinen Zugang zu durch Wind- und Solarstrom gedrückten Börsenstrompreisen haben...

Strom an der Börse immer billiger
Die Preise am Spotmarkt der Leipziger Strombörse seit dem Winter auf Sinkflug. Der Grundlastpreis (Baseload) beträgt nach IWR-Angaben im Juni 2012 im Schnitt 3,9 ct/kWh, während es im Juni 2011 noch 5,2 ct/kWh gewesen waren. Auch der bisher teure Spitzenlaststrom (Peakload) wird immer billiger, weil seit dem starken Ausbau der Fotovoltaik tagsüber, also während der Hauptverbrauchszeit, nun meist reichlich Strom aus Solaranlagen anfällt.

Im Junidurchschnitt kostet die Spitzenlast nur noch 5 ct/kWh, ein Jahr zuvor waren es noch 6,2 ct/kWh gewesen. Die niedrigen Großhandelspreise kommen bei Privatverbrauchern und auch bei den Gewerbekunden bisher nicht an, weil die Bemessungsgrundlage für die Ausgleichszahlungen immer noch nicht angepasst wird.

Juli

Japan führt sein EEG ein
Seit dem 1. Juli gibt es in Japan ein Einspeisegesetz für Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Gleichzeitig werden bürokratische Hürden abgebaut um den Bau zu erleichtern. Die Einspeisetarife regeln die Vergütung für regenerativ erzeugten Strom aus Sonne, Wind, Geothermie, Wasserkraft und Biomasse.

Nicht nur das Prinzip der vorrangigen Netzeinspeisung und der kostendeckenden Vergütung wurde von der Mutter der Einspeisegesetze, dem ursprünglichen deutschen EEG, übernommen. Auch die Höhe der japanischen PV-Tarife läßt manchen an das EEG vor Schwarzgrün zurückdenken, denn 42 Yen entsprechen rund 39 Euro-Cent.

Licht aus in Frankreich
Geschäfte und Unternehmen in Frankreich müssen ab dem 1. Juli die Beleuchtung ihrer Schaufenster, Fassaden und von Innenräumen, die von außen sichtbar sind, von 1 Uhr nachts bis 6 Uhr morgens ausschalten.

Hintergrund sind die in Frankreich sowohl in Sommern als auch in kalten Wintern eintretenden Engpässe bei der Kühlwasserversorgung der französischen AKWs. Das führte zu Abschaltungen und Stromimporten aus Deutschland. Drei Viertel der französischen Stromversorgung stammt aus AKWs.

Solar- und Windstromsteuer in Spanien

Die spanische Regierung sucht nach neuen Geldquellen im Land. Eine Energiesteuer soll es richten. Sie beträgt 4% auf Strom aus Kernkraft-, Wasser- und Gaskraftwerken, aber 19% auf PV-Strom, 13% auf solarthermischen Strom und 11% auf Windstrom.

Allein durch die Steuer auf Solar- und Windstrom erhofft sich die Regierung in Madrid Einnahmen von 550 Mio. Euro pro Jahr. Der spanische Solarverband Unión Española Fotovoltaica (UNEF) kritisierte die Steuerpläne und bezeichnet sie als den "endgültigen Bankrott" der spanischen Solarpolitik.

August

RWE will AKW Biblis abreißen
RWE hat beim hessischen Umweltministerium die Anträge zum Abbau der Blöcke A und B des Kernkraftwerks Biblis eingereicht. Bis Ende 2013 sollen noch die Pläne für den Ablauf der Stilllegung und dem Abbau der Blöcke eingereicht werden. Sie sind zusammen mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung und der Öffentlichkeitsbeteiligung Voraussetzung für die Abrissgenehmigung.

Das AKW Biblis wurde 1974 am Rhein errichtet, die beiden Reaktorblöcke haben eine Gesamtleistung von etwa 2.500 MW. RWE hat als Deponie für den schwach - und mittelradioaktiven Abrissschutt Schacht Konrad eingeplant. Die Schachtanlage bei Salzgitter wurde 2007 als Endlager genehmigt und wird zur Zeit zum Endlager ausgebaut, 2019 soll es in Betrieb gehen.

Immer mehr Branchen werden von der EEG-Umlage befreit
Industrieverbände nutzen die Gunst der Stunde und fordern eine Befreiung von der EEG-Umlage. Diese Möglichkeit war ursprünglich als Ausnahme eingeführt worden, um ganz besonders stromhungrige, exportorientierte Unternehmen vor angeblichen Wettbewerbsnachteilen zu schützen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, kritisiert diese zunehmende Entsolidarisierung durch immer mehr Befreiungen.

Große Unternehmen zahlten schon jetzt praktisch keine Ökosteuer mehr und viele müssten auch keine Netzentgelte zahlen. Diese willkürlichen Befreiungen machen bereits acht bis neun Mrd. Euro pro Jahr aus, die dann auf die Privatkunden abgewälzt werden.

Solar-Dumping Beschuldigungen auf allen Seiten
Nach den Dumping-Vorwürfen aus den USA, der Verhängung von Strafzöllen und der Ankündigung, die Preisgestaltung der chinesischen Lieferanten auch in der EU zu untersuchen versucht die chinesische Seite nun ebenfalls mit Dumping- und Subventionsvorwürfen gegenzuhalten. Diesmal nicht bei Endprodukten sondern beim Rohstoff Silizium.

Gegen die USA fährt China eine zweite Strategie. Es wirft den US-Bundesstaaten Washington, Massachusetts, Ohio, New Jersey und Kalifornien Verstöße gegen die Freihandelsregeln der World Trade Organization (WTO) vor. Laut Begründung des Handelsministeriums in Peking hätten Solar- und Windprojekten dort unzulässige Subventionen erhalten. Sollte die Unterstützung für diese Projekte nicht eingestellt werden droht China mit eine WTO-Klage.

Auswirkungen der Fukushima GAUs sind im Erbgut angekommen
Ökologen beobachten in Fukushima wie sich nach radioaktiver Belastung Erbgutveränderungen in Populationen ausbreiten. Besonders Lebewesen mit kurzen Generationen, bei denen sich genetische Veränderungen schneller nachweisen lassen, werden beobachtet.

Forscher der Ryukyu Universität in Okinawa sammeln seit 2011 Bläulings-Schmetterlinge im Umfeld von Fukushima als Modellorganismus. Im Mai 2011 wurden an zehn Orten Bläulinge untersucht, die während des Unglücks noch Larven gewesen waren. Es zeigten sich bei 12,4% der Tiere Veränderungen wie etwa kleinere Flügel. In der zweiten Generation stieg die Zahl der äußerlich sichtbaren Mutationen auf 18,3 Prozent. In einer dritten Generation, die die Forscher durch Kreuzung von veränderten Tieren und Gesunden Tieren züchteten, waren 33,5 Prozent der Schmetterlinge betroffen.

Erklärt wird diese Häufung damit, dass viele Mutationen im Umkreis von Fukushima ihre Träger nicht so stark beeinträchtigen, dass sie getötet wurden. So werden die Mutationen an die nächste Generation weitergegeben und immer mehr Individuen zu Trägern des veränderten Erbgutes. Tepco gibt bekannt, dass auch Fische stark radioaktiv belastet sind. Untersucht wurde eine Grünlingsart, gefangen 20 Kilometer von der Atomruine entfernt in 15 Metern Tiefe. Die Fische waren mit 25.800 Becquerel Cäsium pro Kilogramm belastet, das entspricht dem 258-Fachen des in Japan als unbedenklich eingestuften Grenzwerts.

September

Überwachung des Glühbirnenverbots durch Baumarktkontrolleure

Ab September 2012 gehört die Glühbirne als "Leuchtmittel" der Geschichte an. Die letzten Glühbirnen (mit mehr als 10 W Leistung) verschwinden aus den Verkaufsregalen. 2009 traf es die 100-Watt-Birnen, 2010 solche mit 75 und 2011 die mit 60 Watt. Ab 1. September 2012 dürfen dann nur noch Spezialglühlampen für besondere Einsatzzwecke verkauft werden.

Damit kein Händler Glühbirnen im falschen Regal verkauft, hat die EU-Kommission die deutschen Bundesländer aufgefordert, Behördenmitarbeiter in Elektrogeschäfte zu schicken, die das kontrollieren. Die Deutsche Umwelthilfe will gegen alle "bekannt werdenden Fälle eines rechtswidrigen Weiterverkaufs von Glühlampen juristisch verfolgen."

Aus für Iter-Förderung in Deutschland
Die Iter-Fusionsforschungsanlage im südfranzösischen Cadarache wird immer mehr ein rein französisches Industrieprojekt. Das deutsche Bundesforschungsministerium vergibt deshalb vorerst keine Fördergelder mehr, denn die Erteilung der Industrieaufträge für den Bau sei für die deutsche Seite zu unbefriedigend.

So vergab die europäische Agentur Fusion for Energy, die für die Forschungsanlage im französischen Cadarache bei Aix-en-Provence zuständig ist seit Projektbeginn 2006 bis Ende 2011 zwar Aufträge im Wert von einer Mrd. Euro. Doch waren nach Angaben des Bundesforschungsministerium die größten Nutznießer davon französische Firmen. Deutsche Firmen und Forschungseinrichtungen erhielten nur Aufträge für 31,1 Mio. Euro.

Nachgerechnet: Bis 40% EE-Anteil im Strommix sind erstmal gar keine Speicher nötig
Der VDE hat von fachlicher Seite nachgerechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass selbst bei einem Ökostromanteil von 80% am Strommix die Stromgestehungskosten lediglich um 10% gegenüber 2010 steigen würden. Dass die Strompreise nichtsdestotrotz Jahr für Jahr um durchschnittlich 6,75% erhöht werden, liegt dagegen am Geschäftsmodell des deutschen Strommarktes.

In seiner Studie "Energiespeicher für die Energiewende" hat der VDE untersucht, wie eine stabile Stromversorgung bei Erreichen der bisherigen Ausbauziele gewährleistet werden kann. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Flexibilisierung des Kraftwerksparks einschließlich regelbarer EE-Anlagen vorrangig ist. Mehr Speicherbedarf werde dagegen erst ab einem Ökostromanteil von 40 Prozent bedeutsam. Die Zeit bis dahin, also etwa bis 2020-2025, sollte für die Forschung und Entwicklung unterschiedlicher Speichersysteme genutzt werden.

Niedersachsen stoppt Castor-Transporte nach Gorleben
Der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) will keine weiteren Castortransporte ins Atommülllager Gorleben mehr zulassen. Sein Bundesland habe bereits den gesamten deutschen Atommüll aus ausländischen Wiederaufbereitungsanlagen eingelagert, nun seien "auch mal andere dran". Als Alternative zu Gorleben schlägt er ein "Zwischenlager in Schleswig-Holstein" oder ein Endlager in Süddeutschland vor.

Konkret geht es um die Lieferung von 26 Castor-Behältern gefüllt mit strahlendem Restmüll aus Sellafield und La Hague. Im Januar wird in Niedersachsen gewählt, insofern bleibt abzuwarten, ob es bei dem Vorstoß nur um kurzfristigen Stimmenfang geht, oder ob auch konstruktive Alternativvorschläge folgen. Würde in Deutschland wirklich ergebnisoffen auf Grundlage der Geologie ein Endlagerstandort gesucht, kämen auch Festgesteine in Frage. Schweden baut seine Endlager zum Beispiel in Granitschichten.

Oktober

100 Gigawatt Windkraft in der EU installiert
Die European Wind Energy Association (EWEA) hat die neuesten Ausbauzahlen zur Windenergie in Europa veröffentlicht. Danach sind, Offshore und Onshore zusammen, bis September 2012 100 GW Leistung installiert. Mit 4,3 GW macht Offshore-Windkraft davon noch den kleinsten Teil aus. Allerdings wurden allein in diesem Jahr 2012 Windräder mit 1 GW im Meer installiert.

Die in der EU erzeugte Windstrommenge entspricht jetzt dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 57 Mio. Haushalten. Die europäische Windenergiebranche brauchte nur rund 30 Jahre für diese Transformationsleistung. Die Installation der ersten 10 GW dauerte noch 20 Jahre, der Bau der zusätzlichen 90 GW fand dann in den letzten 13 Jahren statt. Und damit wird noch immer erst ein kleiner Teil des Windkraftangebotes in Europa genutzt.

EU-Kommission fordert Versicherungspflicht für AKWs und Endlagerkonzepte für jedes Land
Nach der miserabel ausgefallenen Sicherheitsprüfung der europäischen Kernkraftwerke will die EU-Kommission die Betreiber jetzt stärker an den Folgekosten der Atomstromerzeugung beteiligen. Es soll eine Zwangshaftpflichtversicherung für Atomkraftwerksbetreiber eingeführt werden und alle EU-Mitgliedsstaaten sollen bis 2014 ein Konzept zur Lagerung ihres Atommülls in der EU vorlegen. Der Export des Mülls in Drittländer (Russland, Afrika) soll dann nicht mehr erlaubt sein.

EU-Energiekommissar Oettinger begründete die Pläne der Kommission damit, dass die Kosten für Kernkraftstrom einer ehrlichen Vollkostenrechnung entsprechen müssten. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit von Atomstrom "sicher nicht stärken", aber es sei nicht Aufgabe der EU, durch Sicherheitsdumping den Kernkraftstrom billig zu machen.

E.on verteidigte die bisherigen laxen Haftungsregelungen. Man halte sich an die bestehenden gesetzlichen Regelungen und habe Versicherungen über 256 Mio. Euro abgeschlossen. Zum Vergleich: die Folgekosten des GAUs von Fukushima werden, allein für die Aufräumarbeiten, auf 50 Mrd. Euro geschätzt, dazu kommen noch die Schäden für das zerstörte Kraftwerk selbst und Entschädigungszahlungen an ehemalige Haus- und Landbesitzer etc. Wie zu erwarten wurde der Betreiber Tepco nach dem GAU verstaatlicht.

November

AKW Brunsbüttel wird abgerissen
Betreiber Vattenfall stellt den Antrag auf Rückbau des AKW Brunsbüttel. Das AKW ist, nach mehreren Pannen, schon seit 2007 heruntergefahren, seitdem dient das Kraftwerksgelände als Zwischenlager. Zunächst war die damalige Abschaltung als eine Art Poker mit den sogenannten Reststrommengen des mit Rot-Grün ausgehandelten Atomausstiegs gesehen worden.

Vattenfall hoffte zu dem Zeitpunkt anscheinend noch durch Drosselung der Leistung des AKWs dieses in die Zeit nach der Bundestagswahl, mit einer Aufhebung des Atomausstiegs, hinüberretten zu können. Der Abriss und dessen Planung sollen insgesamt 20 Jahre dauern. Völlig unklar ist zur Zeit noch, wo die radioaktiven Teile des Kraftwerks gelagert werden sollen.

Erneuerbare Energien liefern jetzt 26 Prozent des deutschen Strombedarfs
Die Zahlen der ersten drei Quartale 2012 zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren liegen vor. Danach ist die Solarstrommenge um 50 Prozent im Vergleich zu 2011 angestiegen. Zwischen Januar und September 2012 wurden 24,9 Mrd. kWh Strom erzeugt. Im gleichen Zeitraum 2011 waren es noch 16,5 Mrd. kWh gewesen.

Im einzelnen lieferten in den ersten 9 Monaten des Jahres 2012: Windenergie 8,6 Prozent (2011 8,0) Photovoltaik 6,1 Prozent (4,1) Biomasse 5,8 Prozent (5,4) Wasserkraft 3,8 Prozent (3,3) Müllkraftwerke und sonstigen Erneuerbare 0,9 Prozent (0,9) des in Deutschland produzierten Stroms. Damit deckten die Erneuerbaren Energien im Jahr 2012 bis jetzt 26 Prozent des deutschen Strombedarfs.

Desertec-Projekt schrumpft weiter
Nach Siemens steigt auch Bosch aus dem Projekt aus, Europa mit Strom aus der Sahara zu beliefern . Experten schätzen, dass Desertec Siemens bisher Verluste 800 Millionen Euro eingebracht hat. Und auch der Technologiekonzern Bosch steigt aus dem Desertec-Projekt aus. Desertec entwickelt sich immer mehr zu einem Projekt für die Energieversorgung der nordafrikanischen Länder selbst.

Marokko beginnt die Bauarbeiten an einer 500 MW-Pilotanlage früher als geplant. Insgesamt will das Land vier Anlagen dieser Art bauen, um das Potential der "Concentrated Solar Power (CSP)" für die eigene Stromversorgung zu nutzen.

Dezember

Bau der South Stream Pipeline beginnt
In Anapa am Schwarzen beginnt der Bau der Gaspipeline South Stream. Sie soll ab 2015 Erdgas aus Sibirien bis ins italienische Tarvisio leiten. Nach der North-Stream Pipeline durch die Ostsee wird South Stream als zweite Leitung die Ukraine umgehen. Das technisch anspruchsvollste Teilstück von South Stream ist die 925 Kilometer Strecke durch das Schwarze Meer.

Mit South Stream wird die Anbindung und Abhängigkeit Westeuropas von Erdgas aus Russland weiter ausgebaut. Im Moment liefert Russland rund 1/3 des westeuropäischen und 1/3 des deutschen Erdgasverbrauchs.

Gundremmingen vom Netz
Der Block C des bayerischen AKW Gundremmingen muss wegen eines Lecks außerplanmäßig heruntergefahren werden. Grund für den Stillstand ist eine Tropfleckage an einem Messstutzen unterhalb des Reaktordruckbehälters. Der betroffene Primärkreisklauf steht unter einem Druck von 70 Bar und das Wasser hat eine Temperatur von 200 Grad Celsius.

Die Eigentümer des Kraftwerks RWE und E.on geben statt Angaben zur ausgetretenen Menge und Kontaminierung lapidar bekannt: "Eine Gefährdung des Personals und der Umgebung war mit dem Ereignis nicht verbunden."

Stromkunden haften jetzt bei fehlendem Offshore Netzanschluss
Das lange umstrittene Gesetz über die Höhe der Entschädigungszahlungen bei nicht funktionierender Netzanbindung der Offshore-Windkraftwerke wird auch vom Bundesrat beschlossen und tritt damit in Kraft. Bei fehlendem oder ausgefallenem Netzanschluss sollen die Anlagenbetreiber nun Entschädigungszahlungen von bis zu 17,5 Mio. Euro "je Schadensereignis" erhalten. Der Netzbetreiber selbst haftet aber pro Jahr insgesamt mit maximal 110 Mio. Euro.

Den Rest sollen die Stromkunden direkt und quasi per Vorauskasse zahlen. Denn die Haftungsregelung startet schon ab 2013, also noch in der Bauphase der meisten Offshore-Kraftwerke und Anschlussleitungen. Es handelt sich bei der Entschädigungsumlage also um eine Baukostensubvention für den Leitungsbau.

AKW-Betreiber wollen nicht mehr für Gorleben zahlen
Peter Altmaier hat Ende November im Salzstock Gorleben statt weiterer Erkundungen "mindestens bis zur Bundestagswahl" einen "Offenhaltungsbergbau" angeordnet. Unter diesen Umständen wollen die AKW-Betreiber ihren Anteil an den Betriebskosten in Gorleben nicht mehr zahlen.

Ralf Güldner vom Deutschen Atomforum begründetet das damit, dass die AKW-Betreiber nach der Endlager-Vorausleistungsverordnung zwar dazu verpflichtet sind, einen Anteil für die Erkundung und Einrichtung eines Atommüll-Endlagers zu tragen, nicht aber für einen reinen Offenhaltungsbetrieb.

In der nächsten Wochenschau wird es dann um die Klimachronik 2012 gehen