Können die Ukrainer militärisch siegen?

Seite 3: Fakt 3: Moskau ist rücksichtslos – Kiew akzeptiert nur Maximalziele

Doch hier hat die russische Seite gezeigt, dass sie nicht davor zurückschreckt, trotz hoher Verluste immer neue Einheiten in die Blut- und Knochenmühle des Krieges zu schicken. Notfalls werden dafür Rekruten aus Gefängnissen oder unter illegalen Einwanderern rekrutiert.

Zwar ist klar, dass Russland eine weitere Zwangsmobilisierung von Soldaten wegen der innenpolitischen Folgen möglichst vermeiden will. Aber niemand zweifelt daran, dass eine solche Mobilisierung stattfinden würde, wenn sie das letzte Mittel wäre, um einen entscheidenden ukrainischen Erfolg zu verhindern.

Die Bedeutung dieses Umstandes wird von westlichen Experten oft mit dem Hinweis auf die geringere Kampfkraft zwangsmobilisierter russischer Frontsoldaten relativiert. Das riesige russische Potenzial an verfügbaren Soldaten wiegt diesen Nachteil jedoch auf.

Für das politische Establishment in Moskau hängt der eigene Machterhalt nach wie vor vom erfolgreichen Ausgang des Krieges ab. Notfalls will der Kreml einen langen Zermürbungskrieg führen - eine Masse an eigenen und zivilen Toten liegt im Kalkül. Auch die ukrainische Seite hat laut New York Times Probleme, qualifizierte Soldaten zu rekrutieren, die in der Lage sind, erfolgreiche Angriffe zu führen.

Ein weiterer Faktor, der einen vollständigen militärischen Sieg der Ukraine in naher Zukunft unwahrscheinlich macht, ist dessen Definition in Kiew. Denn als Sieg gilt erst die Vertreibung der Russen aus allen ukrainischen Gebieten bis 2014, einschließlich der ehemaligen Rebellengebiete im Donbass zwischen Donezk und Lugansk und der Halbinsel Krim.

Diesem Ziel stehen nicht nur die russischen Verteidigungslinien an der Front entgegen. Auch der schmale Landzugang zur Krim ist für die Verteidiger leicht zu befestigen, und die Ukraine verfügt nicht über ausreichende Einheiten für eine Landung vom Meer aus.

Sobald Kiewer Truppen auf die Krim oder in die ehemaligen Rebellengebiete vordringen würden, befänden sie sich zudem in einem Gebiet, in dem ihnen die Mehrheit der Bevölkerung feindlich gesinnt ist. Denn diejenigen, die Kiew feindlich gesinnt sind, sind oft schon seit 2014 dorthin gezogen - so wie die Anhänger des Euromaidan den rebellischen Teil des Donbass vor der Invasion 2022 verlassen haben.

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