Lehrermangel, Lernrückstände und Corona-Folgen: Vollversagen der Ampel in der Bildungspolitik
Deutsche Schüler schneiden in drei Fächern so schlecht ab wie nie. Offensichtliches Versagen der Ampel-Koalition. Warum der Abstieg absehbar war.
Die aktuelle Pisa-Studie, mit der internationalen Lernleistungen von Schülern verglichen wird, zeigt: Deutsche Schülerinnen und Schüler schneiden so schlecht ab wie noch nie. Die am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnisse offenbaren einen deutlichen Abstieg in den drei untersuchten Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz.
Die OECD führt die schwachen Leistungen teilweise auf die Schulschließungen während der Coronapandemie zurück. Jedoch weist sie darauf hin, dass bereits vor der Krise in Deutschland und vielen anderen Ländern ein Trend zu schlechteren Schulleistungen zu verzeichnen war.
Im Jahr 2001 hatte die erste Pisa-Studie mit deutscher Beteiligung aufgrund der schlechten Ergebnisse einen Bildungsschock ausgelöst, der zu verstärkten Bemühungen in der Bildungspolitik führte und in der Folge zu verbesserten Pisa-Ergebnissen.
Die vorherige Pisa-Studie im Jahr 2018 zeigte bereits einen Rückgang der Leistungen der deutschen Schülerinnen und Schüler in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz.
Der nun festgestellte erneute Rückgang in den Bereichen Mathematik und Lesekompetenz zwischen 2018 und der aktuellen Studie entspricht dem üblichen Lernfortschritt, den Schülerinnen und Schüler im Alter von etwa 15 Jahren während eines ganzen Schuljahres erzielen.
An dem 2022 durchgeführten Pisa-Test für die neue Veröffentlichung nahmen etwa 690.000 Schülerinnen und Schüler aus 81 Ländern teil, darunter 6116 Teilnehmer aus Deutschland. Die deutschen Schülerinnen und Schüler zeigten Leistungen in Mathematik und Lesekompetenz, die nahe am Durchschnitt der OECD-Staaten lagen, während sie im Bereich Naturwissenschaften leicht darüber lagen.
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Die führende Position in allen drei getesteten Kompetenzbereichen nehmen Schülerinnen und Schüler aus Singapur ein. Generell schneiden asiatische Länder und Volkswirtschaften am besten ab, darunter auch Japan, Südkorea und verschiedene chinesische Regionen, die in allen Bereichen zu den leistungsstärksten gehören.
Aus Europa erreichten nur die Schüler aus Estland in allen drei Bereichen Ergebnisse, die sie in die Spitzengruppe katapultierten.
Lehrermangel seit langem bekannt
Das erneut verheerende Ergebnis der Pisa-Studie kann freilich niemanden erstaunen. Immer wieder hatten Lehrerverbände, Schüler, Eltern und Fachorganisationen auf immer gravierendere Defizite im deutschen Bildungssystem hingewiesen.
Im Juni vergangenen Jahren – vor eineinhalb Jahren also – hatten die Ergebnisse des "Deutschen Schulbarometers" der Robert Bosch Stiftung bereits ein alarmierendes Bild der Lage an deutschen Schulen gezeichnet.
Fast die Hälfte der Pädagogen (44 Prozent) betrachtete ihren Unterricht damals als eine Form von "Krisenmanagement". Zudem konnten 54 Prozent den Sorgen und Ängsten ihrer Schüler nicht gerecht werden. 80 Prozent beschrieben die Schüler als unkonzentriert oder unmotiviert, und 42 Prozent beobachteten aggressives Verhalten bei den Kindern.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, insbesondere der zwei monatelange Schul-Lockdowns, haben tiefe Spuren hinterlassen, hieß es in der Studie damals.
In der Befragung von April 2022 stellten Lehrkräfte beinahe doppelt so viele gesteigerte Aggressionen bei Schülern fest im Vergleich zu September 2021. 95 Prozent der Befragten gaben an, seit Beginn der Krise einen deutlichen Anstieg von Verhaltensauffälligkeiten wahrzunehmen.
Lernrückstände wurden von Lehrern signifikant höher eingeschätzt (41 Prozent im Vergleich zu 33 Prozent im Vorjahr), und 13 Prozent berichteten von spürbaren Lerndefiziten bei mehr als 75 Prozent der Schülerschaft.
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Die Lehrer selbst sind stark belastet: 84 Prozent fühlten sich derzeit stark strapaziert, 92 Prozent schrieben ihrem Kollegium eine starke Belastung zu. Wochenendarbeit war für 79 Prozent zur Regel geworden, 60 Prozent konnten sich kaum noch in der Freizeit erholen. Körperliche (62 Prozent) und mentale Erschöpfung (46 Prozent), Schlafstörungen (ein Drittel), Kopfschmerzen (25 Prozent) und Angstzustände (sieben Prozent) waren verbreitete Probleme.
Die Ursachen dieser Misere reichten jedoch über die Pandemie hinaus. Schon vorher wurden den Lehrern im Zuge von Reformen immer mehr Aufgaben übertragen, während die Arbeitsbedingungen und die Attraktivität des Lehrerberufs sanken. Dies führte zu einem historischen Lehrermangel, der durch unzureichend ausgebildete Aushilfslehrkräfte weiter verschärft wird.
Um die Abwärtsspirale zu durchbrechen, forderten Bildungsexperten einen radikalen Kurswechsel. Insbesondere mehr Ressourcen, Schulsozialarbeit, schulpsychologische Betreuung und zusätzliches Personal wurden als dringend notwendig erachtet. Andernfalls drohe die Unterrichtsversorgung weiter abzunehmen, und die Qualität der Bildung an deutschen Schulen wird weiter leiden.
Koalitionsvertrag bei Bildung wenig wert
So war das Scheitern der Ampel-Koalition in der Bildungspolitik von Beginn an absehbar. Ende 2021 offenbarte eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) eine zunehmende Frustration unter deutschen Schulleitern, verstärkt durch die damals noch anhaltende Corona-Pandemie.
Obwohl Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereits im Juli 2021 auf die offengelegten Schwachstellen der Digitalisierung hingewiesen hatte, sind seitdem nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Der Lehrermangel bleibt ein drängendes Problem, das sich mit 63 Prozent der Befragten, insbesondere an Förderschulen, weiter verschärfte.
Die Ausstattung der Schulen mit Computern und schnellem Internet ließ trotz gestellter Anträge auf Geld aus dem Digitalpakt zu wünschen übrig. Die damalige Umfrage unterstrich, dass die Motivation der Schulleiter, insbesondere unter den Belastungen der Pandemie, erheblich litt und dies sich negativ auf die Bereitschaft der jüngeren Generation auswirken könnte, den Beruf weiterhin auszuüben. Geändert hat sich an dieser tristen Lage nur wenig.
Mehr als die Hälfte der Befragten gab damals an, dass ihre Schulen unter Lehrermangel leiden, wobei dieser Mangel vor allem an Förderschulen spürbar ist. Lediglich etwas mehr als die Hälfte der Befragten bestätigte die Verfügbarkeit von Breitbandinternet und WLAN in den Klassenräumen.
Die im Koalitionsvertrag skizzierten Pläne zur Steigerung der Bildungsausgaben und zur Einführung eines neuen Digitalpakts bis 2030 werden kritisiert, da der Lehrermangel nicht explizit angegangen wird. Auch die geplante Qualifizierung von Quereinsteigern und die beschleunigte Anerkennung ausländischer Qualifikationen stießen auf Skepsis.
Kritiker bemängelten, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichend seien, um die Herausforderungen im Bildungsbereich zu bewältigen. Die Zukunft erfordert nach Ansicht von Experten eine dauerhafte Mitfinanzierung des Bundes und die Schaffung von 100.000 neuen Lehrerstellen, um die Bildungschancen nachhaltig zu verbessern.
Insgesamt stehen die aktuellen Entwicklungen im Bildungssystem in starkem Kontrast zu den politischen Zusicherungen im Koalitionsvertrag.
Was ja offenbar auch an der Kompetenz der Autoren liegt.
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