Linke in der Krise: Wer beendet den roten Rosenkrieg?

Hier ist auch nicht mehr viel zu retten. Bild: George Hodan, CC0

Themen des Tages: Rettung der Krankenhäuser. Stromversorgung in Frankreich. Hoffnung für die Linke.

Liebe Leserinnen und Leser,

1. Frankreich droht der Blackout.

2. Den Krankenhäusern droht Karl Lauterbach.

3. Den Linken droht ein Schrecken ohne Ende.

Doch der Reihe nach.

Adeliger-Russland-Putsch in Deutschland verhindert?

Verschwörer aus dem Reichsbürger-Milieu sollen sich regelmäßig in einem Schloss (Jagdschloss "Waidmannsheil") bei einem Adeligen, der sich als Prinz Heinrich XIII. bezeichnet, getroffen haben, um dort einen Umsturz zu planen, schreibt heute Telepolis-Redakteur Thomas Pany: "Einen echten Staatsstreich samt Sturm auf den Bundestag." Die Wirklichkeit schreibe die krassesten Geschichten, so Pany: "Wie ernst ist die Lage?"

So ernst, dass es Sache der Generalbundesanwaltschaft wurde. Am heutigen Mittwochmorgen gab es die "größte Razzia in der Geschichte der Bundesrepublik im Bereich der politischen motivierten Kriminalität" (Florian Flade, laut ARD). 25 Haftbefehle wurden ausgestellt, Wohnungen in ganz Deutschland durchsucht. Zu den Festgenommenen gehört auch der bislang in der größeren Öffentlichkeit unbekannte Adelige, Heinrich XIII. Prinz Reuss.

Lauterbachs größte Baustelle: die Krankenhäuser

Anfang November hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht anderes als eine Revolution im Krankenhaus versprochen, erinnert heute Telepolis-Autor Bernd Müller. Nun habe Lauterbach seine Reformpläne vorgestellt: "Das große Versprechen hält Lauterbach aufrecht: Patienten sollen in Zukunft weniger nach wirtschaftlichen, dafür stärker nach medizinischen Gesichtspunkten behandelt werden."

Einst hatte Lauterbach das System der Fallpauschalen befürwortet – jetzt sieht er in ihm das Hauptproblem der deutschen Kliniken. Über die Fallpauschalen werden vergleichbare Behandlungen mit pauschalen Sätzen vergütet – "egal, wie aufwendig der Fall behandelt wird, egal, wo er behandelt wird, ob er gut behandelt wird oder nicht so gut behandelt wird", erläuterte jetzt der Minister.

Die ewige Blackout-Gefahr in Frankreich

Dass die Situation der Energieversorgung im Atomstaat Frankreich fatal ist, ist wahrlich keine Neuigkeit mehr, so Telepolis-Autor Ralf Streck. Seit mehr als zehn Jahren renne das Land, da weiter auf Atomkraft gesetzt wird, auf die Katastrophe mit Ansage zu.

Seit zehn Jahren droht jährlich ein Blackout. Der ist in diesem Winter wohl unausweichlich, auch wenn es keine besonders kalten Phasen gibt. Die Gründe dafür wurden an dieser Stelle schon öfter ausgeführt.

Die Linke intern: Szene einer überfälligen Trennung

Linkskonservative, Bewegungslinke, Regierungslinke – Telepolis-Redakteurin Claudia Wangerin hat am gestrigen Dienstag die Spaltung der oppositionellen Linkspartei in all ihren Dimensionen beschrieben. Nun zeigen Informationen, die Telepolis vorliegen, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den Anhängern der verschiedenen Strömungen ist. Eine Zusammenarbeit vor allem in der Bundestagsfraktion scheint kaum mehr möglich. Eine Trennung scheint nur noch eine Frage der Zeit.

Nach Informationen aus der Fraktion zeigt sich das vor allem in einem zunehmenden Dissens gegenüber der Sanktionspolitik des Westens. Inzwischen besteht kein Konsens mehr darüber, was noch im Wahlprogramm 2021 stand: Wirtschaftssanktionen träfen vor allem die einfache Bevölkerung und müssten beendet werden: "Unilaterale Sanktionen der USA und EU, wie beispielsweise gegen Iran, Kuba, Syrien oder Russland, sind völkerrechtswidrig und drehen die Eskalationsspirale immer weiter."

So hagelte es Kritik, als die Abgeordnete Sevim Dagdelen im Juli eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zur "Erfolgskontrolle der Sanktionen gegen Russland" einreichte. Dagdelen-Widersacher Pascal Meiser schrieb an die Fraktion:

Ich gehe davon aus, dass diese in Tonalität und Inhalt durch und durch tendenziöse Anfrage, die nichts mit einer nüchternen "Erfolgskontrolle" zu tun hat, so nicht eingereicht wird - es sei denn, wir wollten als Fraktion mutwillig unser, insbesondere auf Grund unserer nachsichtigen Haltung gegenüber dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, eh schon bis aufs Äußerste ramponiertes Image weiter zerstören.

Pascal Meiser

Dagdelen wollte das nicht auf sich sitzen lassen und setzte in einer internen Antwortmail zum verbalen Gegenschlag an:

Dass die Politik von Sanktionen und Gegensanktionen nachteilige Wirkungen auch in Deutschland entfalten, wird man doch noch feststellen dürfen. Und man wird doch noch fragen dürfen – müssen! – ob diese Sanktionen denn auch irgendetwas nützen. Daran besteht erheblicher Zweifel, und zwar nicht nur bei mir. Wenn die Bundesregierung diese Zweifel nicht ausräumen kann, dann kommt sie in die politische Defensive. Ja, das ist tendenziös, einseitig und politisch, und das soll auch so sein.

Sevim Dagdelen

Die Fraktionsleitung hielt sich zurück, der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, wollte sich im Juli auf Anfrage von Telepolis nicht zu dem Konflikt äußern – Kortes Büro begründete dies mit seinem "Sommerurlaub".

Die Kleine Anfrage ist schließlich mit mehrmonatiger Verzögerung eingereicht worden, die Antworten sind durchaus aufschlussreich.

An anderer Stelle hat die 4,9-Prozent-Fraktion weniger Probleme mit dem Sanktionsthema. Auf Initiative der Abgeordneten Gökay Akbulut wurde unlängst ein Antrag verfasst, der sich für Strafmaßnahmen gegen den Iran ausspricht. Das Papier nimmt damit eine Position ein, die dem Wahlprogramm aus Vorjahr explizit widerspricht.

Für Unruhe sorgte der Akbulut-Antrag vor allem aber, weil die Fraktionsführung entgegen den parlamentarischen Gepflogenheiten die Namen aller Abgeordneten der Fraktion auf das Papier setzte – ohne Rücksprache zu halten. Zumindest Zaklin Nastic, Sevim Dagdelen, Ali Al-Dailami und Sahra Wagenknecht forderten die Streichung ihrer Namen, heißt es aus Fraktionskreisen.

Auch an anderer Stelle rumort es. Die Leitung der Strömung Bewegungslinke forderte unlängst von der Linkspartei und ihrer Fraktion die "Erhöhung des wirtschaftlichen und diplomatischen Drucks", um die "finanziellen und wirtschaftlichen Kapazitäten Russlands" zur Kriegsführung zu limitieren. Das hätte auch von der FDP-Abgeordneten Agnes Strack-Zimmermann kommen können.

Die ehemalige Abgeordnete Christine Buchholz scheiterte mit ihrer Gegenrede und ihrer Forderung nach einer eingehenderen politischen Analyse. Ihr paralleler Verweis, dass nicht nur Wagenknecht in dieser Sache strittige Positionen einnimmt, sondern auch die Forderung des Linken-Genossen und Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow, programmwidrig sind, verhallten ungehört.

Das alles wirkt wie eine Serie von Szenen einer Trennung. Die Frage ist, wann dem roten Rosenkrieg endlich ein Ende gesetzt wird.

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