Schuldenberg der USA: Die tickende Zeitbombe

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US-Verschuldung ist auf Rekordkurs. Experten warnen nun vor einem Negativrekord binnen zehn Jahren. Das könnte einen bestehenden Trend verstärken.

Washington steht vor einem Dilemma, das Wirtschaftsexperten weltweit alarmiert: Laut dem Congressional Budget Office (CBO) wird die US-Nationalverschuldung bis 2034 auf 50 Billionen US-Dollar ansteigen. Das entspricht rund 122 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Diese Prognose weist auf eine neue Rekordverschuldung der USA seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hin. Finanzmarktexperten vermuten zudem, dass die tatsächliche Verschuldung noch weitaus höher ausfallen könnte.

Die Gründe dafür sind vielschichtig, darunter hohe Ausgaben für Verteidigung, soziale Sicherungsnetze und Steuersenkungen ohne entsprechende Einnahmeerhöhungen. Hinzu kommen potenzielle Kosten durch eine tiefe Rezession oder ernsthafte militärische Konflikte, durch die sich die Haushaltssituation der führenden Nato-Macht weiter verschärfen könnte.

Politische Krise gefährdet Top-Rating

Die politischen Spannungen in den USA verschärfen die Lage. Die Sorge besteht, dass nach den US-Präsidentschaftswahlen am 5. November, selbst bei einer Niederlage Donald Trumps gegen den amtierenden Präsidenten Joe Biden, das Risiko politischer Unruhen besteht.

In der Branche wird in diesem Zusammenhang auf den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verwiesen.

Die damaligen Unruhen hatten zur Folge, dass Fitch Ratings den USA die bis dahin zugebilligte AAA-Einstufung entzog. Es besteht die Befürchtung, dass Moody’s Investors Service dem bei erneuten Unruhen folgen könnte.

Biden und die China-Politik

Die derzeitige Außenhandelspolitik, insbesondere die Beibehaltung von Handelskriegsmaßnahmen gegen China aus der Trump-Ära, trägt ebenfalls nicht zur Stärkung des globalen Vertrauens in den US-Dollar oder US-Staatsanleihen bei.

Die US-Strafzölle – allen voran eine 100-prozentige Steuer auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge – gelten als kontraproduktiv in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Kooperation in wichtigen Bereichen wie dem Klimawandel.

Globale Enttäuschung und Abkehr vom US-Dollar

Ein weiterer Bedrohungspunkt ist die zunehmende Diversifizierung von Währungsreserven weg von dem US-Dollar, gerade in den aufstrebenden Märkten, also Schwellenländern.

In diesen Volkswirtschaften, die traditionell in US-Dollar investiert hatten, schwindet das Vertrauen merklich. Dort wird vor allem die Kombination von zwei Krisenfaktoren mit Argwohn beobachtet: Die politische Polarisierung in Washington und eben die gleichzeitig emporschnellende Verschuldung auf nun 35 Billionen US-Dollar.

Goldman Sachs zur US-Fiskalpolitik

Manuel Abecasis von Goldman Sachs hebt hervor, dass die derzeitige fiskalische Richtung langfristig eine Stabilisierung des Schulden-BIP-Verhältnisses erfordern würde, die historisch selten nachhaltig war.

Experten von Goldman Sachs Economics gehen sogar von einem Anstieg des Schulden-BIP-Verhältnisses auf 130 Prozent bis 2034 aus – acht Prozentpunkte mehr als vom eingangs erwähnten CBO geschätzt.

Historische Parallelen und sozioökonomische Indikatoren

Der Historiker Niall Ferguson zieht in einem Kommentar für die Free Press Parallelen zwischen dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der gegenwärtigen US-Schuldenentwicklung.

Er weist auf die stagnierende Produktivitätswachstumsrate in den USA hin und vergleicht die aktuellen sozioökonomischen Herausforderungen der USA mit denen der UdSSR in ihrer Endphase.

Das Damoklesschwert steigender Zinsen

Die Zögerlichkeit der Federal Reserve, die Zinsen zu senken, trägt zur Verlängerung der Ära "higher for longer" für US-Renditen bei. Michael A. Peterson, CEO der Peter G. Peterson Foundation, und Sachbuchautor Nassim Nicholas Taleb warnen vor den schädlichen Effekten höherer Zinsen auf die bestehende Schuldenlast und vor einem potenziellen "Schuldenspirale".

Bereits im vergangenen November hatte Moody’s erwogen, das einzig verbleibende Top-Rating aufgrund der politischen Turbulenzen in Washington herabzustufen. Taleb geht inzwischen davon aus, dass ein solcher Schritt jederzeit erfolgen könnte.

Die politische Stimmung und die Aussichten

Die aktuelle politische Stimmung auf dem Kapitol in Washington gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass Abgeordnete der beiden großen US-Parteien die bevorstehende Katastrophe noch abwenden können.

Sowohl Demokraten als auch Republikaner haben derzeit keine Pläne zur Reduktion der Staatsverschuldung. Mit Blick auf diese Lage sprach Ex-US-Finanzminister Robert Rubin von einer "schrecklichen" Lage. Rubin war unter der US-Präsident Bill Clinton von 1995 bis 1999 US-Finanzminister.

Folgt man den Einschätzungen von Finanzmarktexperten, so zeigt sich zunehmende Sorge: Die Schätzung einer Rekordverschuldung von 50 Billionen US-Dollar in den kommenden zehn Jahren könnte sich noch als zu konservativ erweisen.

Der Erosion des US-Dollars dürfte der Trend schon jetzt Vorschub leisten.