Sicherheitskrise im Roten Meer: Diese Zahlen sprechen gegen die US-Strategie

Frachtschiff im Roten Meer vor Jordanien. Bild: Hour House Photography, CC BY-NC-SA 2.0

USA und Großbritanniens können die Schiffsroute im Roten Meer bislang nicht sichern. Einbruch von über 80 Prozent bei Containerverkehr. Störung betrifft auch deutsche Häfen.

Die Bemühungen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, den Schiffsverkehr im Roten Meer gegen Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz zu sichern, sind bislang gescheitert: Die Frachtmenge durch das Rote Meer und den Suezkanal ist weiterhin stark rückläufig.

Dies geht aus dem jüngsten Update des Kiel Trade Indicators für Januar 2024 hervor, der einen Rückgang der Containerdurchfahrt um mehr als 80 Prozent im Vergleich zum erwarteten Volumen feststellt.

Die Situation hat sich seit Dezember, als Angriffe durch Huthi-Rebellen zu einem Einbruch der Frachtmenge um über die Hälfte führten, nicht verbessert.

Julian Hinz, Forschungsdirektor für Handelspolitik am Kiel Institut für Weltwirtschaft, äußerte sich zu der Situation: "Die Streitkräfte der USA und von Großbritannien konnten bislang offenbar nicht für mehr Sicherheit auf der ehemals meistbefahrenen Handelsroute sorgen. Wir sehen momentan, dass Containerschiffe deutlich länger unterwegs sind als ursprünglich geplant, sodass in vielen Häfen Europas eine Lücke entstanden ist."

Alarmierender Rückgang: Handelsroute im Roten Meer in Gefahr

Aufgrund der unsicheren Lage wählen viele Containerschiffe den längeren Seeweg um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung, was zu einer Verzögerung von rund zwei Wochen führt. Dieser Umweg betrifft rund zehn Prozent aller weltweit verschifften Waren und hat direkte Auswirkungen auf deutsche Häfen wie Hamburg und Bremerhaven, wo die Zahl der ankommenden Schiffe um 25 Prozent zurückging.

Folgen für Welthandel und deutsche Häfen

Trotz der Herausforderungen in der Schifffahrt stieg das Volumen weltweit verschiffter Waren im Januar sogar an. Die Anzahl verschiffter Standardcontainer lag bei über 14 Millionen Stück, was nahe am bisherigen Höchststand von vor rund zwei Jahren ist.

Hinz dazu: "Vor allem die Menge weltweit verschiffter Waren zeigt, dass der Welthandel in keiner Krise steckt, sondern stabil geblieben ist. Zwar können einzelne Firmen unter Lieferverzögerungen leiden, insgesamt sind aber keine Engpässe bei Vorprodukten oder Konsumgütern zu erwarten."

Anstieg der weltweiten Warenverschiffung trotzt der Krise

Die Frachtraten auf der Route von China nach Europa, die normalerweise durch das Rote Meer und den Suezkanal führt, sind unterdessen deutlich gestiegen. Im Januar kostete der Transport eines Standardcontainers zwischenzeitlich über 5.000 US-Dollar, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den Ende 2023 geltenden 1.500 US-Dollar darstellt. Die Preise sind jedoch immer noch weit unter den Rekordwerten von 2022, die fast 15.000 US-Dollar erreichten.

"Weltweite Auswirkungen sind durch die Anstiege der Transportkosten jedoch kaum merkbar, Frachtkosten machen nur einen sehr geringen Anteil an den Warenwerten aus", fügte Hinzu an.

Hohe Preise auf der China-Europa-Route

Bei hochpreisigen Elektronikprodukten wie Laptops oder Mobiltelefonen liege der Anteil sogar nur im Promillebereich. Der Experte betonte auch, dass die Preise auf der Route aus Nordamerika nach Europa nahezu unverändert seit Beginn der Krise im November 2023 sind.

Der Kiel Trade Indicator wird regelmäßig aktualisiert und liefert Daten für die Handelsströme von 75 Ländern und Regionen sowie des globalen Handels insgesamt. Das IfW Kiel ist eine unabhängige Stiftung des öffentlichen Rechts des Landes Schleswig-Holstein. Seine Grundfinanzierung erhält das Institut nach eigenen Angaben durch Mittel des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein.

Alarm in der deutschen Chemieindustrie: Versorgungskrise droht

Der längere Transportweg von Asien nach Europa hatte zuletzt auch die chemische Industrie in Deutschland beeinträchtigt, wie Telepolis berichtete.

Wichtige Vorprodukte für Spülmaschinen- und Toilettentabs sind kurzzeitig knapp geworden. Weil nicht genügend Trinatriumcitrat sowie Sulfamin- und Zitronensäure angeliefert werden, musste die Produktion bereits gedrosselt werden, hieß es in dem Bericht Ende Januar.

Evonik kämpft gegen Lieferengpässe: Spezialchemie in Not

Ein deutsches Unternehmen erklärte Ende vergangenen Monats gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Probleme in der Lieferkette wahrscheinlich noch im ersten Halbjahr 2024 andauern werden. Telepolis-Redakteur Bernd Müller dazu:

Die Probleme betreffen nicht nur die Hersteller von Haushaltschemikalien. Auch andere Unternehmen suchen dringend nach alternativen Lösungen. Evonik, ein großer Hersteller von Spezialchemikalien, ist eines der betroffenen Unternehmen. Durch frühzeitiges Bestellen oder die Anlieferung von Chemikalien per Luftfracht versucht man dort, die negativen Auswirkungen abzumildern.

Konflikt am Roten Meer: Deutsche Chemieindustrie unter Druck, Telepolis, 22.01.2024

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