USA: Versagen der Politik und Militäreinsatz in Zeiten der Pandemie

Seite 9: IV. Niedergang einer Supermacht

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"Wir werden unser Land nicht zerstören", versprach Donald Trump. Die demokratische Gouverneurin von Michigan Gretchen Whitmer schätzt dies anders ein: "Die Krankheit verwüstet unseren Staat," erklärte sie. Der Historiker Prof. Dr. Jeffrey Engel kam zu der Quintessenz: "Die Corona-Krise wird zum Schlüsselmoment für den Niedergang der Vormachtstellung Amerikas in der Welt. Weil hier die amerikanische Führung komplett versagt". Ähnlich urteilte der Ökonom Prof. Dr. Keneth Saul Rogoff von der Harvard University. Für ihn ist die Pandemie die "größte Bedrohung für die US-amerikanische Führungsrolle in der Welt und die Vorherrschaft des Dollar seit dem Zweiten Weltkrieg". Und aus New York City meldete sich Mitte April der frustrierte "Zeit"-Korrespondent Klaus Brinkbäumer:

Sars-CoV-2 hat etwas offengelegt. Das Gerede vom "großartigsten Land der Menschheitsgeschichte" (Donald Trump), diese ganze amerikanische Autosuggestion, ist Selbstbetrug. Glatt gelogen. Es ist die größte Lüge in dieser an Lügen nicht armen Präsidentschaft. Denn die USA sind in entscheidenden Momenten bereits seit vielen Jahren eine dysfunktionale Nation. Sie kommen zu keinen Einigungen mehr, nicht einmal zu einer Verständigung über Zahlen und andere Wahrheiten; und sie sind politisch scheintot, nicht mehr handlungsfähig, da sie sich selbst ihre Kraft geraubt haben.

Die Vereinigten Staaten waren schon nach den Anschlägen des 11. September 2001 hilflos wahnhaft, als sie eine falsche Konsequenz nach der nächsten zogen, in Afghanistan und Irak viele Tausend Menschen sinnfrei sterben ließen, ebenso sinnfrei viele Milliarden Dollar verbrannten und bis heute außer einer Destabilisierung des Mittleren Ostens nichts erreicht haben.

Hilflos verblendet waren sie auch vor und nach dem Hurrikan Katrina (2005), als sie zunächst wissenschaftliche Erkenntnisse ignorierten und dann die Nothilfe nicht organisieren konnten. Sie waren es vor und nach der hausgemachten Wirtschaftskrise von 2008, als sie große Teile der eigenen Bevölkerung in die Armut trieben. Sie sind es in Wahrheit bei jedem Hurrikan an der Ostküste, in jedem Jahr; und bei all den Waldbränden an der Westküste ebenso, gleichfalls im Jahrestakt. (…)

Was die USA von heute anrichten, richten sie permanent an, sehend und eigentlich sogar wissend, und sie tun es doch alle paar Jahre aufs Neue. Weil ihre Fehler und Schwächen systemisch sind. Und weil sie nicht mehr in der Lage sind, daraus zu lernen.

Bis heute, 20. April 2020, sind fast 800.000 US-Amerikaner infiziert worden und mehr als 40.000 an oder mit Covid-19 verstorben. Und was soll angesichts dieser Bilanz und dieser Perspektiven aus den USA werden? Was tun?

Der alte US-Barde Bob Dylan hatte schon vor Corona seine Antwort parat:

You must leave now take what you need
You think will last
But whatever you wish to keep you better grab it fast (…)
Leave your stepping stones behind now, something calls for you
Forget the dead you've left, they will not follow you
The vagabond who's rapping at your door
Is standing in the clothes that you once wore
Strike another match, go start anew
And it's all over now, baby blue